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Debatte um Künstliche Intelligenz

Frühwarnsystem gegen Schulabbruch?

Künstliche Intelligenz (KI) kann helfen, Lehrkräfte und Schulleitungen bei Routine-Aufgaben zu entlasten. Unternehmensnahe Akteure fordern allerdings, KI an Schulen auch zur automatisierten Leistungskontrolle einzusetzen. Die GEW lehnt das ab.

(Foto: Pixabay)

„Microsoft setzt sich für die Weiterentwicklung personalisierter (…) Bildungsformate ein.“ Bereits jetzt gebe es Lern-Apps, die den „jeweiligen Lernstand, das Lerntempo und die präferierte Lernweise berücksichtigen“. Das betont Jakob Huber, bei Microsoft Deutschland zuständig für „Education & Research Marketing“.

KI gegen Lehrkräftemangel?

Huber macht kein Hehl daraus, dass der personelle Notstand an vielen Schulen die Einführung von KI beschleunigen könnte: „Gerade hinsichtlich des sich verstärkenden Lehrkräftemangels und der immer heterogeneren Klassengemeinschaften“ lasse sich KI als „hochdienliche Unterstützung im Unterricht“ einsetzen. So steht es in Hubers Aufsatz „Künstliche Intelligenz in der Bildung“, veröffentlicht im März 2023 auf einem Blog von Microsoft.

KI-Anwendungen könnten zudem als „Frühwarnsystem“ dienen, um Schulabbrüche zu verhindern. Diesen Vorschlag macht Aljoscha Burchardt, Wissenschaftler beim Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Berlin – einer GmbH, zu deren Gesellschaftern Google, Microsoft und SAP gehören. In den USA werde dies bereits getestet, erklärte Burchardt im November 2023 im Interview mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB).

„Fehltage, Schulverweise, Noten und vielleicht ein paar andere Daten.“ (Aljoscha Burchardt)

KI werte dafür Daten aus: „Fehltage, Schulverweise, Noten und vielleicht ein paar andere Daten“. Welche „andere Daten“ gemeint sind, ließ Burchardt offen. Er offenbarte im Interview zudem, dass er Lehrkräften wenig zutraut. „Du kannst nicht alle 20 Schülerinnen und Schüler so im Blick haben und es gibt schleichende Veränderungen, die vielleicht gar nicht auffallen.“

Rund um die Uhr überwacht

Burchardt behauptete ferner: „Der Lehrer und die Lehrerin haben vielleicht ihre Lieblinge und gucken vielleicht auch auf die Kinder mit einer besseren Brieftasche ein bisschen stärker.“ Vor der KI hingegen seien „alle gleich“, die Technologie erkenne Muster und treffe Vorhersagen. Und wie stehe es mit Überwachung durch KI, fragte die RBB-Interviewerin. Burchardt hat damit offenbar kein Problem. „Wenn man so will, werden Schüler und ihre Leistung rund um die Uhr von ihren Lehrerinnen und Lehrern überwacht“, antwortete der KI-Experte. „Bisher war es nur nicht so stark technisch unterstützt.“

„‘Big Tech is watching you’ hat an Schulen nichts verloren.“ (Anja Bensinger-Stolze)

Die GEW stellt sich gegen dieses Ansinnen: „Automatisierte Verhaltens- und Leistungskontrollen von Schüler*innen und Lehrkräften lehnen wir als GEW ab. Die Nutzung von KI an Schulen darf nicht zum Einfallstor für Überwachung und Kontrolle werden. ‘Big Tech is watching you’ hat an Schulen nichts verloren“, sagte Anja Bensinger-Stolze, GEW-Vorstandsmitglied für den Bereich Schule. Die GEW wirkte an einem Leitfaden mit, der Handlungsempfehlungen für den Einsatz von KI an Schulen enthält.

Unternehmensnahe Akteure mischen mit

Derweil organisiert die Initiative „KI macht Schule!“, unterstützt von unternehmensnahen Akteuren, Workshops für Schülerinnen und Schüler sowie Fortbildungen für Lehrkräfte. Auch ethische Fragen rund um Künstliche Intelligenz werden angesprochen. Die Initiative unterhält Lokalgruppen, auch in Berlin, Hamburg, Frankfurt/Main und Thüringen. Gegründet wurde sie 2019 von Studierenden der MINT-Fächer. Zu den „Partnern“ gehören die Stiftung des Milliardärs Dieter Schwarz (Lidl, Kaufland) und die Stiftung des Wirtschaftsprüferkonzerns PwC. Eva Charlotte Mayer, Software-Entwicklerin bei Google Deutschland, erklärte: „Wir planen eine langfristige Kooperation mit KI macht Schule!“