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Künstliche Intelligenz in der Bildung

Automatisierte Lernsysteme und KI-Anwendungen an Schulen

Die Komplexität des Themas KI ist überfordernd und kaum jemand kann alle damit zusammenhängenden Facetten vollständig überblicken. Entsprechend gibt es bei vielen Lehrkräften Unsicherheiten, Bedenken und Zweifel. Ein neuer Leitfaden soll helfen.

FOTO: GEW/Shutterstock

Seit ChatGPT ist das Thema Künstliche Intelligenz in den Schulen angekommen. Viele Lehrkräfte fragen sich, welche Bedeutung und Rolle KI an ihrer Schule oder in ihrem Unterricht haben kann oder sollte – sei es als Lernprogramm für Schülerinnen und Schüler, als Hilfswerkzeug zum Sprachenlernen und Schreiben oder als Diskussions- und Reflexionsthema.

Pro und Contra

Befürworterinnen und Befürworter der Technologie argumentieren, die Beschäftigten in Bildungseinrichtungen würden entlastet, Integration und Inklusion erleichtert, Bildung individualisiert und damit verbessert, Textkompetenz und Sprachfähigkeiten erhöht.

Gleichzeitig mahnen Kritikerinnen und Kritiker, die Systeme diskriminierten, lieferten unerwartete Ergebnisse oder schlicht Falschinformationen, missachteten Persönlichkeits- und Urheberrechte, verengten den Blick auf das Lernen oder entfalteten nur wenig positive Effekte darauf. Auch die wachsenden kommerziellen Einflüsse auf Bildungseinrichtungen sowie Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit bereiten Sorgen.

„An der aktiven Auseinandersetzung mit der Technologie kommt heutzutage niemand mehr vorbei und gerade im Bildungskontext muss diese Auseinandersetzung stattfinden.“ (aus der Einleitung des Leitfadens)

Daher gibt es den neuen Leitfaden „Automatisierte Lernsysteme und KI-Anwendungen an Schulen“. Er soll Lehrkräften und Schulleitungen oder Bildungsbehörden Orientierung über Fragen geben, die gestellt werden sollten, wenn mithilfe von KI in der Schule gelernt werden soll – ob als automatisiertes und/oder adaptives Lernsystem (Learning Analytics), intelligentes Tutor-System oder generative KI wie ChatGPT.

„An der aktiven Auseinandersetzung mit der Technologie kommt heutzutage niemand mehr vorbei und gerade im Bildungskontext muss diese Auseinandersetzung stattfinden“, heißt es in der Publikation, die in Kooperation zwischen Nina Galla (Büroleiterin und wissenschaftliche Mitarbeitern für KI bei der Linke-Bundestagsabgeordneten Petra Sitte), Sigrid Hartong (Professorin für Soziologie an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg) und Birgita Dusse (Referentin „Bildung in der digitalen Welt“ der GEW) entstand.

„Die GEW unterstützt den KI-Leitfaden ausdrücklich.“ (Ralf Becker)

„Die GEW unterstützt den KI-Leitfaden ausdrücklich. Automatisierte Lernsysteme und KI-Anwendungen an Schulen dürfen nicht hinter dem Rücken der Lehrkräfte eingeführt werden. Wir brauchen einen mitbestimmten Prozess und Transparenz, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Der Leitfaden bietet eine gute Orientierungshilfe für die Kolleg*innen vor Ort“, sagte Ralf Becker, GEW-Vorstandsmitglied für Berufliche Bildung und Weiterbildung.

Aufbau des Leitfadens

Der elf Seiten lange Leitfaden besteht aus zwei Teilen – „Vor dem Einsatz“ und „Während des Einsatzes“ – sowie Informationen zur Beteiligung von Beschäftigtenvertretungen und fünf Beispielen aus der Praxis, die via QR-Codes aufgerufen werden können. 

Zu den Tipps im ersten Teil gehören Aspekte, die vor der Anschaffung eines Automatisierungs-Systems diskutiert werden sollten – etwa: Welche pädagogischen, technologischen oder juristischen Risiken könnten durch das eingesetzte System für die Schule, Lehrende oder Lernende entstehen? Und: Haben alle Beteiligten bei der Beschaffung und im Einsatz des Systems ausreichend Kenntnis über die technischen und pädagogischen Möglichkeiten und Grenzen der Technologie? Falls nein, wie können wir sie befähigen, diese zu erlangen?

Wichtige Fragen zum Einsatz

Weitere Aspekte sollen dabei unterstützen, sich für einen Anbieter oder ein System zu entscheiden und die Möglichkeiten und Grenzen des Systems kennenzulernen – beispielsweise: Welches pädagogische Konzept liegt der Entwicklung zugrunde? Und: Wer evaluiert wie oft und wie den Erfolg? 

Der Leitfaden bietet darüber hinaus Tipps für den Praxisalltag und eine konstruktiv-kritische Auseinandersetzung mit Automatisierungs-Systemen. Dazu gehört auch der Hinweis: „Trauen Sie ihr [der Technologie] nicht zu viel zu, sie kann pädagogische Fachkräfte, Bewertungen und Einschätzungen nicht ersetzen, insbesondere für Letztere muss weiterhin genug Raum bleiben.“ Im Kollegium sollte diskutiert werden, ob Entlastungen oder neue Belastungen beobachtet werden.

Darauf geachtet werden sollte auch, welche Informationen und Dateneingaben das System erfordert, und ob diese wirklich dafür nötig sind, um seine Aufgabe zu erfüllen. Überprüft werden sollte ferner, ob Lehrkräfte im Rahmen Ihrer Möglichkeiten zu den gleichen (pädagogischen) Einschätzungen kommen wie das genutzte System.

Personalräte einbinden

Unter dem Stichwort „KI und Gute Arbeit“ kommt Personalrätinnen und -räten die Aufgabe zu, eine rechtskonforme Nutzung und die Nutzungskompetenzen der Beschäftigten zu prüfen und zu gewährleisten. Es hat sich auch bewährt, in den Austausch zu gehen und gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern sowie Eltern auf die Gestaltung von KI-Anwendungen einzuwirken. 

Der Leitfaden nennt vier Prüfsteine für „pädagogisch wertvolle“ technologiebasierte Lernprogramme und -settings an Schulen:

  • Orientierung an der Lebenswelt und den Interessen der Lernenden
  • Freiheit pädagogischer Entscheidungen der Lehrenden
  • Förderung der Handlungs- und Gestaltungskompetenz von Lehrkräften und Schüler*innen
  • Ermöglichung kritischer Reflexion sowie kreativ-produktiver Lernprozesse

Auch die Forderungen der GEW nach Transparenz, Mitbestimmung und einer politischen Technikfolgenabschätzung im Bildungswesen – und dies vor Einführung digitaler Technologien – werden explizit formuliert. 

Neben ChatGPT gibt es weitere künstliche Intelligenzen, die ähnliche Funktionen bieten. Wir haben eine Auswahl zusammengestellt.

Diese KI-Tools gibt es neben ChatGPT

Bloom ist ein von Forscher*innen entwickeltes Open-Source-Projekt.

ChatABC verfügt über zusätzliche Funktionen wie Teamzusammenarbeit, Prompt Library und Never-Down-Service.

ChatPDF ist eine KI-Anwendung, um PDF-Dateien hochzuladen und dann die KI zu den PDF-Inhalten zu befragen.

Claude ist eine Familie großer Sprachmodelle, die von dem US-Start-up Anthropic entwickelt wurden. Die KI hat eine ethische Ausrichtung. 

DeepL Write ist ein KI-Schreibassistent, der dabei unterstützt, bessere Texte zu schreiben.

Das Open-Source-Sprachmodell Dolly wurde von dem US-Unternehmen Databricks entwickelt und ist sowohl für Forschungs- als auch kommerzielle Zwecke frei verfügbar. 

Die Open-Source-Sprachmodellreihe Falcon wurde vom Technology Innovation Institute (TII) in Abu Dhabi konzipiert. Falcon 180B gilt als eines der größten, jemals trainierten LLM. 

Gemini ist eine Serie multimodaler Sprachmodelle Googles und baut auf den zuvor veröffentlichten Modellen LaMDA und PaLM auf. 

Das Open-Source-Projekt GPT4All ist eine ChatGPT-Alternative, die lokal auf dem Rechner ausgeführt werden kann. 

Grammarly ist ein Schreibassistent, der Rechtschreib-, Grammatik-, Interpunktions-, Klarheits- und Übermittlungsfehler überprüft und mittels KI einen Ersatz für den Fehler sucht. 

Hugging Face ist eine Community, die auf Basis von ChatGPT und GPT4all eigene Sprachmodelle baut. 

Das von Meta AI entwickelte multimodale Sprachmodell ImageBind soll verschiedene Daten wie Text, Bild, Audio aber auch Sensordaten verarbeiten und verknüpfen. 

LLaMA ist eine Familie großer Sprachmodelle aus dem Hause Meta. Es gibt unterschiedlich große Versionen, außerdem Feintunings wie Alpaca, Vicuna und Gorilla mit Fokus auf bestimmten Funktionen. 

Das Open-Source-Konversationssprachmodell LaMDA (Language Model for Dialogue Applications) wurde von Google AI speziell für Dialoganwendungen entwickelt. 

Die KI des deutschen Start-ups Aleph Alpha besteht derzeit aus drei Modellen, die sich in Komplexität und Leistungsfähigkeit unterscheiden. Die Luminous-Familie ist multimodal.

Microsoft Copilot ist eine Assistentenfunktion mit Künstlicher Intelligenz für Microsoft-365-Anwendungen und -Dienste, Windows 11 und Microsoft Bing.

Das Sprachmodell Mistral Large wurde von Mistral AI für fortgeschrittene Texterstellung, Schlussfolgerungen und mehrsprachige Unterstützung konzipiert

Neuroflash ist ein KI-Text- und Bildgenerator – allerdings vor allem für Marketingtexte.

Das Open-Source-Sprachmodell Orca 2 von Microsoft soll ähnliche Leistungen wie die größeren KI-Systeme erbringen, aber mit geringerer Rechenleistung, um weniger Energie zu verbrauchen. 

PaLM ist die Abkürzung für Pathways Language Model, eine von Google konzipierte Familie großer Sprachmodelle. PaLM 2 wird in verschiedenen Google-Produkten verwendet, darunter das Chat-Tool Bard

Der T5 (Text-to-Text Transfer Transformer) von Google AI ist ein leistungsstarkes Sprachmodell für Textaufgaben wie Übersetzungen oder Zusammenfassungen - allerdings nicht speziell darauf ausgelegt, als interaktiver Chatbot wie ChatGPT zu fungieren. 

Die Plattform SchulKI wurde von Lehrkräften gegründet und wird gemeinsam mit Forschenden und Programmiertalenten entwickelt. 

Perplexity AI ist eine KI-Suchmaschine, die ähnlich wie ChatGPT funktioniert, aber auch Quellen angibt. Zudem werden unter dem Text „related“-Anfragen angezeigt.

Smodin ist ein KI-basiertes Tool für die automatische Textgenerierung. Das Tool bietet außerdem einen Plagiatscheck.

You.com ist der KI-Chatbot der Suchmaschine You.com

(Quellen: unterrichten.digital und Manuel Flick)

Diese Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und kann und soll fortlaufend ergänzt werden. Schreibt uns, welche KI-Tools ihr nutzt und in dieser Liste ergänzt werden sollen!