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Ukraine-Krieg

Das Richtige tun

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zwingt Millionen Menschen zur Flucht. Viele Geflüchtete kommen auch nach Deutschland. Das fordert das Bildungssystem heraus.

Kinder und Jugendliche, die aus der Ukraine geflohen sind, haben oft schwere Traumata erlitten. Die Sozialarbeit in Kita und Schule muss ausgebaut werden, um ihnen zu helfen. (Foto: IMAGO/NurPhoto/Andrea Filigheddu)

Der furchtbare russische Angriffskrieg gegen die Ukraine tobt seit Wochen. Infolge des Krieges wurden viele Menschen getötet, Städte und ganze Landstriche zerstört, mehrere Millionen Menschen dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Der Einmarsch Russlands ist auf das Schärfste zu verurteilen, das Land muss die territoriale Integrität der Ukraine unverzüglich wiederherstellen.

Frieden werden wir nur mit Diplomatie und Gesprächen bekommen, darauf kommt es jetzt an.

Der Konflikt und die zunehmende Zahl ukrainischer Geflüchteter hat fundamentale Auswirkungen auf die Sicherheitspolitik Deutschlands. Die „Zeitenwende“, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ampelkoalition angekündigt haben, war zuvor undenkbar – und ich lehne Aufrüstung weiterhin ab. Viele Fragen sind nicht beantwortet, es darf aber keinen Anfang für ein neues Wettrüsten geben. Das wichtigste Ziel ist: Friede, denn der Krieg hat nur hässliche Gesichter. Frieden werden wir nur mit Diplomatie und Gesprächen bekommen, darauf kommt es jetzt an.

Der Krieg und seine Folgen stellen auch das Bildungssystem in Deutschland vor neue, sehr große Herausforderungen. Die GEW weist seit vielen Jahren auf die mangelnde Finanzierung des gesamten Bildungswesens hin. In den Bereichen Kita, Schule und Hochschule gibt es einen Investitionsstau von weit mehr als 100 Milliarden Euro. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Deutschland muss mehr in gute Bildung investieren, um Chancengleichheit erreichen zu können. Der Vorschlag, 100 Milliarden Euro als Sondervermögen für Investitionen in Kita-, Schul- und Hochschulbauten aufzunehmen, wird nur müde belächelt, dabei wäre das ein Anfang!

Integration der ukrainischen Geflüchteten in das Schulsystem

Und noch mehr als zuvor ist die Bundesregierung in der Pflicht, die Frage nach der Finanzierung der Vorhaben im Koalitionsvertrag zu beantworten und mit der Umsetzung der Projekte zu beginnen. Erste Anzeichen bei den Beratungen des Haushalts 2022 machen deutlich: Es wird Abstriche bei der Umsetzung der Maßnahmen für das ausgerufene „Jahrzehnt der Bildungschancen“ geben: Das ist ein fatales und falsches Signal. Letztlich wird überdeutlich: Ohne Lockerung der Schuldenbremse und ohne die Frage nach einem Lastenausgleich in der Gesellschaft zu beantworten, wird die Bundesregierung ihre Versprechen nicht einhalten können.

In den nächsten Wochen und Monaten wird eine große Zahl Geflüchteter aus der Ukraine in den Schul- und Kitabetrieb aufgenommen werden müssen. Das Ansinnen der ukrainischen Generalkonsulin in Hamburg, Iryna Tybinka, ein paralleles ukrainisches Schulsystem in Deutschland einzurichten, ist nicht zu erfüllen. Dieser Wunsch geht von der Annahme aus, dass die Menschen bald zurückgehen werden. Das allerdings ist nicht abzusehen und kann nicht handlungsleitend sein.

Der Bund und die Länder müssen schnellstmöglich Rahmenbedingungen schaffen, die die Integration der ukrainischen Geflüchteten in das deutsche Schulsystem sowohl für die Schülerinnen und Schüler als auch für die Beschäftigten erleichtern. Ohne massive Unterstützung kann diese Aufgabe nach zwei unvorstellbar kräftezehrenden Pandemie-Jahren und vor dem Hintergrund eines nie dagewesenen Fachkräftemangels nicht geschultert werden. Kitas und Schulen benötigen die tatkräftige Unterstützung der Politik. Es gilt, die finanziellen Mittel spürbar zu erhöhen sowie Voraussetzungen zu schaffen und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, damit der steigende Personalbedarf gedeckt werden kann.

Sozialarbeit massiv ausbauen

Die Geflüchteten haben vor ihrer Ankunft in Deutschland oft schwere Traumata erlitten. Dem müssen unsere Bildungseinrichtungen als Institutionen begegnen, etwa indem die Sozialarbeit massiv ausgebaut und gerade für Traumatabewältigung wichtige Bewegungsangebote installiert werden. Kitas und Schulen werden zunehmend Konflikte zwischen russischen und ukrainischen Kindern und Familien erleben. Sie brauchen Netzwerke, die ihnen im Alltag helfen.

Vielerorts werden Turnhallen wieder zu Unterkünften für Geflüchtete umfunktioniert; dies hat Auswirkungen auf den Sportunterricht und den Vereinssport. Lehrkräfte, sozialpädagogische Fachkräfte und auch Eltern werden auf der GEW-Homepage fündig: Informationen, Ratgeber, Unterrichtsmaterial und ein kostenlos bereitgestelltes E-Learning-Programm dienen der Unterstützung.

Angesichts der Not der Menschen in der Ukraine rufen wir zu Spenden für den Heinrich-Rodenstein-Fonds der GEW auf. Das Geld, das über diesen Fonds gespendet wird, kommt ukrainischen Kolleginnen und Kollegen zu. Der DGB ruft über den Verein „Gewerkschaften helfen“ zu Spenden auf, um geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer zu unterstützen. 

Maike Finnern, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissen
Maike Finnern, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW, Foto: GEW)