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Fußballweltmeisterschaft (WM)

„Worte sind gut, Taten besser“

Ausgebeutet werden nicht nur Wanderarbeiter auf den Baustellen der Stadien für die Fußball-WM in Katar, sondern auch Frauen und Männer, die in Billiglohnländern WM-Trikots nähen oder Fanartikel herstellen. Schulklassen können dagegen mobil machen.

Fanartikel werden oft in Billiglohnländern produziert. (Foto: Pixabay / CC0)

Drei schwarze Streifen auf weißem Stoff – sie prangen auch auf den Trikots des deutschen WM-Teams. Denn Adidas ist offizieller Ausstatter und Sponsor des Sportevents in Katar. Die Fußball-WM sei „ein wichtiger Moment, um (…) die Welt im Zeichen des Fußballs zusammenzubringen“, schreibt der nach Nike zweitgrößte Sportartikelhersteller der Welt auf seiner Homepage. Und fügt hinzu: „Seit mehr als 25 Jahren stellen wir faire Arbeitsbedingungen in unserer Lieferkette sicher.“

„Die Arbeiterinnen und Arbeiter produzieren Millionen Trikots und andere Fanartikel – oft unter gnadenlosem Preisdruck und zu Hungerlöhnen.“ (Sandra Dusch)

Dass dem nicht so ist, belegen aktuelle Recherchen von Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften. „Die Arbeiterinnen und Arbeiter produzieren Millionen Trikots und andere Fanartikel – oft unter gnadenlosem Preisdruck und zu Hungerlöhnen“, kritisiert Sandra Dusch von der Christlichen Initiative Romero. Von den 90 Euro, die ein Heimtrikot im DFB-Fanshop kostet, blieben nur 90 Cent – 1 Prozent – bei der Näherin. Solche Löhne reichen kaum zum Leben – schon gar nicht jetzt, nachdem die Preise für Reis oder Weizen in vielen Ländern, in denen auch Adidas produzieren lässt, auf neue Höchststände geklettert sind.

Gefertigt werden die WM-Trikots, Schuhe, Bälle oder Taschen von Adidas in 64 Fabriken in 17 Ländern, vor allem in Asien. Die Liste der Zulieferer hat der Konzern veröffentlicht. Ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz, findet Berndt Hinzmann vom Netzwerk Inkota. „Was Risikoanalysen, Beschwerde- und Abhilfemechanismen betrifft, ist Adidas durchaus besser als andere Marken aufgestellt“, so Hinzmann. „Aber solange es keinen existenzsichernden Lohn gibt, bleibt es Foul Play.“ Dabei, sagt Hinzmann, „könnte der Konzern angesichts seiner Marktmacht echt etwas bewirken“.

Kritik von Fans und Vereinen

„Die Kluft zwischen Image, Versprechen und Gewinnen einerseits und der Realität in den Zulieferfabriken ist riesig“, kritisiert Vivien Tauchmann von der Kampagne Pay Your Workers. „In der Corona-Pandemie hat auch Adidas bereits erteilte Aufträge einfach storniert.“ Textilfabriken mussten schließen, „viele Arbeiterinnen und Arbeiter monatelang auf ausstehende Löhne warten, viele sahen das Geld nie“. Allein in Kambodscha seien 30.190 Beschäftigten der Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie in der Lieferkette von Adidas seit Beginn der Pandemie rund 11,7 Millionen US-Dollar vorenthalten worden, hat die Schweizer NGO Public Eye gemeinsam mit Gewerkschaften errechnet – umgerechnet fast 400 Euro pro Arbeiterin und Arbeiter.

Für solche Missstände haben immer weniger Fans und Vereine Verständnis – zu sehr würden die Gebote der sportlichen und politischen Fairness verletzt. Die einen fordern einen Boykott der Spiele, etwa die Fan-Initiative „Back2Bolzen“ des Bundesligavereins Schalke 04 oder die Kampagne #boycottqatar2022: Statt zu Public Viewings zu gehen, treffen sich Fans während der WM, um selbst zu kicken. Andere Vereine wie der VfB Stuttgart, Eintracht Frankfurt, Werder Bremen und der 1. FC Union Berlin achten darauf, dass den Näherinnen und Nähern der Trikots ein existenzsichernder Lohn gezahlt wird: Sie lassen über die Marke Brands Fashion in Indien nach dem Fairtrade Textilstandard nähen, der auch Kinderarbeit verbietet. Der VfB Stuttgart begründet das auf seiner Website so: „Worte sind gut, Taten sind besser.“