Schule und Coronapandemie
Viele Fragen offen
Es ist die Quadratur des Kreises: Der Rechtsanspruch auf Bildung und Betreuung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Schutz und die Förderung benachteiligter Kinder und Jugendlicher sowie der Schutz vor der Pandemie sind kaum zu vereinbaren.
Nach den Sommerferien lassen die Bildungsminister*innen Schulen wieder im Regelbetrieb starten, Krippen und Kitas sind geöffnet. Das Echo ist geteilt, viele Kolleginnen und Kollegen wünschen sich den Vor-Corona-Alltag zurück, andere treibt die Sorge um ihre Gesundheit um. Die Verantwortlichen haben zu wenig getan, damit die Wünsche erfüllt und die Bedenken entkräftet werden. Klar, es ist die Quadratur des Kreises: Der Rechtsanspruch auf Bildung und Betreuung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Schutz und die Förderung benachteiligter Kinder und Jugendlicher sowie der Schutz vor der Pandemie sind kaum zu vereinbaren.
Zugegeben: keine leichte Aufgabe. Aber gerade in einer solchen Krise müssen die Verantwortlichen dafür werben, gemeinsam nach den besten Lösungen zu suchen. Was ich erwartet hätte: Gespräche mit Gewerkschaften und Eltern- und Schüler*innenvertretungen, mit Schulträgern, den kommunalen Spitzenverbänden und Kita-Trägern, mit Erziehungswissenschaftler*innen und Virolog*innen, mit Bauingenieur*innen, um Kinder und Jugendliche sowie die Beschäftigten bestmöglich zu schützen. Zudem hätten wir eine Gefährdungsbeurteilung für jede Einrichtung gebraucht.
Schutzmaßnahmen und Hygienepläne aber sind nicht ausreichend abgesichert. Das gilt für das Lüften, die Kohortenbildung, die Nutzung der Masken.
Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat die Lehrerorganisationen jedoch nicht zu ihren Beratungen eingeladen, als sie am 14. Juli den Rahmenplan für die Zeit nach den Sommerferien verabschiedete. Darin heißt es: „Die Aufnahme der Beschulung in vollständigen Lerngruppen ohne Mindestabstand ist nur bei strikter Einhaltung der Infektionsschutz- und Hygienemaßnahmen umsetzbar.“ Nun wird der Präsenzunterricht eingeführt. Schutzmaßnahmen und Hygienepläne aber sind nicht ausreichend abgesichert. Das gilt für das Lüften, die Kohortenbildung, die Nutzung der Masken. Wer den Arbeitsschutz sicherstellen will, hätte die SARS-CoV-2-Regel der Bundessregierung anwenden müssen. Rechtssicher würde gehandelt, wenn die Personalvertretungen bei der Umsetzung mitbestimmen, insbesondere dann, wenn die Abstandsregel nicht eingehalten werden kann.
Der Umgang mit den Risikogruppen ist ein Flickenteppich. Etwa 6 Prozent der Kolleg*innen haben sich beim Schulstart in den ersten Bundesländern für zu den Risikogruppen gehörig erklärt; wie es ihnen ergeht, hängt davon ab, wo sie wohnen. Wir sind froh, dass die Schulen jetzt endlich digitale Endgeräte erhalten sollen. In der Öffentlichkeit wird allerdings fälschlicherweise der Eindruck erweckt, alle Lehrkräfte und Schüler*innen seien nun schon ausgestattet. Es muss kommuniziert werden, dass das Geld von der Bundesregierung nicht sofort vor Ort ankommt. Es fehlt an Systemadministrator*innen, an Fortbildungen, an Lernplattformen und Datensicherheit, an Hilfen und Verbindlichkeiten.
Die KMK sollte für alle Bundesländer klären, welche Masken sinnvoll sind und Benutzungsregeln erstellen.
Die Kombination aus Präsenz- und Fernunterricht muss sofort besser vorbereitet werden. Alles braucht seine Zeit, Ausschreibungen ebenso wie die Lieferung der -Geräte. Das muss den Menschen erklärt werden, -damit sie nicht denken, dass die Digitalisierung vom Willen der Kolleg*innen in den Schulen abhängt.
Masken im Unterricht sind zur Pandemiebekämpfung sinnvoll, für das Unterrichtsgeschehen nicht. Sie sind der letzte Notnagel, wenn der Abstand im Klassenraum nicht eingehalten werden kann. Die KMK sollte für alle Bundesländer klären, welche Masken sinnvoll sind und Benutzungsregeln erstellen. Sogenannte Face Shields scheinen pädagogisch vernünftiger zu sein, aber sind sie auch sicher genug? Wir fordern die Mitbestimmung der Personalräte bei den Maßnahmen ein.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat einen Kita-Corona-Beirat einberufen. Die GEW wird durch Björn Köhler, Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit, vertreten. Auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) und die KMK müssen stärker vorausdenken. Dazu gehört auch ein gemeinsames Nachdenken über eine zeitgemäße Pädagogik – jetzt und für die Nach-Corona-Zeit. Wir stehen dafür bereit!