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Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie

Schulen zukunftsfähig machen

Schulleitungen haben zu wenig Zeit für ihre wichtigste Aufgabe: die Schulentwicklung. Sie müssen entlastet werden. Das zeigt eine neue Studie.

Für 97 Prozent der Schulleitungen ist die Herstellung von Chancengleichheit eine zentrale Aufgabe der Schule. (Foto: IMAGO/Shotshop)

In den vergangenen zwei Jahren mussten die Schulen eine Menge leisten: Organisation des Distanz- und Präsenzunterrichts, immer wieder neue Hygieneregeln und Unterrichtssettings umsetzen, die digitale Infrastruktur auf den neuesten Stand bringen, Schülerinnen und Schüler sozial nicht alleine lassen, Ad-hoc-Konzepte für einen digital gestützten Unterricht anwenden, Eltern die neueste Teststrategie erläutern – die Liste ließe sich noch weiterführen. Die Organisation lag in erster Linie bei den Schulleitungen. Schon vor der Pandemie waren deren Aufgaben und Verantwortung überbordend groß. Dabei sind die administrativen Aufgaben enorm gestiegen.

In der vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) herausgegebenen Schulleitungsstudie „Schule zukunftsfähig machen“ wird der administrative Anteil der Leitungsaufgaben besonders deutlich: 67 Prozent der Schulleitungen nennen die digitale Ausstattung, 62 Prozent bauliche Themen, 58 Prozent die Digitalisierung des Unterrichts und 54 Prozent Personalgewinnung als die Bereiche, die sie am stärksten beschäftigen. Schulleitungen machen deutlich, dass zu wenig Zeit bleibt, die Schul- und Unterrichtsentwicklung systematisch weiter voranzutreiben. Sie müssen von administrativen Aufgaben entlastet werden.

Die GEW schlägt deshalb eine professionelle IT-Unterstützung für die Schulen vor. Genauso entscheidend ist eine gute personelle Ausstattung der Schulbüros. Ausreichende professionelle Unterstützung bei der Schulverwaltung entlastet Schulleitungen. Diese können sich dann den Fragen widmen, die Schule zukunftsfähig machen.

Chancengleichheit herstellen

Welche Themen und Ziele für die Schulleitungen wichtig sind, wird ebenfalls sehr deutlich: Für 97 Prozent ist die Herstellung von Chancengleichheit eine zentrale Aufgabe der Schule, vier von fünf Schulleitungen sehen es als notwendig an, mehr Aufmerksamkeit auf die Verbesserung des Lernerfolgs der Schülerinnen und Schüler zu legen, 88 Prozent sind der Meinung, dass Demokratie als Unterrichtsthema mehr Gewicht erhalten solle.

Diese Stoßrichtung ist absolut richtig! Immer noch ist der Bildungserfolg in Deutschland sehr stark von der Herkunft, vom Elternhaus abhängig. Wenn Schule die soziale Ungleichheit verringern soll, ist die individuelle Förderung der Kinder und Jugendlichen ein wesentlicher Baustein. Angesichts der Zunahme rassistischer, antisemitischer und rechtsextremer Tendenzen in der Gesellschaft sowie der Verbreitung von Verschwörungserzählungen ist eine stärkere Schwerpunktsetzung auf Demokratieerziehung und Politikunterricht in der Schule dringend notwendig.

Interessegeleitetes und individualisiertes Lernen

Ausgesprochen spannend sind die Ergebnisse der Studie mit Blick auf die konkreten Umsetzungs- und Änderungsvorschläge der Schulleitungen: Es müsse „anders“ gelernt werden. Nicht der Fächerkanon, sondern interessegeleitetes und individualisiertes Lernen solle im Vordergrund stehen, sagen 82 Prozent der Schulleitungen. Themen, die einen Alltags- und Lebensbezug haben, müssten berücksichtigt werden. Das geht nach Ansicht von 51 Prozent der Schulleitungen am besten im projektorientierten Unterricht. 82 Prozent halten gebundene Ganztagsschulen für das richtige Instrument, das heißt Schule soll Lebensraum werden; Vereinssport, kulturelle und Angebote von Naturschutzvereinen etwa werden eingebunden.

Außerschulische Lernorte sollten zur Selbstverständlichkeit werden. Unterschiedliche Professionen – beispielsweise Erzieherinnen und Erzieher, Sozialpädagoginnen und -pädagogen oder Psychologinnen und Psychologen – bringen neue Ideen mit und sind für zwei von drei Schulleitungen ein wesentlicher Baustein, um die Schulentwicklung voranzubringen.

GEW begrüßt Reformbestrebungen

Für manche mag diese klare Haltung der Schulleitungen, alte Zöpfe abzuschneiden und Neues zu probieren, überraschend sein. Überraschen müsste jedoch sehr viel mehr, dass die politisch Verantwortlichen den Fachleuten vor Ort kein Gehör schenken und nicht den richtigen Rahmen für eine zukunftsfähige Entwicklung der Schulen schaffen.

Als Bildungsgewerkschaft begrüßen wir das Interesse der Schulleitungen an diesen Reformbestrebungen. Um die Ziele zu erreichen, benötigen die Schulen einen zukunftsorientierten Rahmen sowie mehr Verantwortung und Zeit. Richtschnur muss dabei die inklusive Schule sein, die allen Schülerinnen und Schülern ein optimales Lernumfeld bietet.