Monitoring-Bericht zur Prävention sexueller Gewalt
Nur jede zehnte Schule hat ein umfassendes Schutzkonzept
Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt hängt noch oft vom Zufall oder Engagement Einzelner ab. Ein Bericht von UBSKM und DJI zeigt: Prävention und Intervention gelingen vor allem dort, wo es gesetzliche Verpflichtungen gibt.
Umfassende und flächendeckende Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen fehlen weiter. Das geht aus dem Monitoring-Bericht „Kinder und Jugendliche besser schützen – der Anfang ist gemacht. Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt in den Bereichen: Bildung und Erziehung, Gesundheit, Freizeit“ hervor, den der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Johannes-Wilhelm Rörig, und das Deutsche Jugendinstitut e. V. (DJI) am Mittwoch in Berlin vorstellten.
Prävention und Intervention bei sexueller Gewalt gelingen demnach vor allem dort, wo es unter anderem gesetzliche Verpflichtungen gibt – etwa in Kitas oder Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. In Schulen führten dagegen häufig erst konkrete Fälle oder Verdachtsfälle zum Handeln. Während jedes dritte Heim angibt, ein umfassendes Schutzkonzept entwickelt zu haben, gilt dies nur für etwa jede zehnte Schule.
„Schutz und Hilfe hängen noch viel zu oft vom Zufall oder Engagement Einzelner ab.“ (Johannes Rörig)
„Es ist bedenklich, dass gerade in Schulen, in denen wir alle Kinder erreichen können, die Entwicklung und Umsetzung von Schutzkonzepten noch so wenig fortgeschritten ist“, sagte Rörig. „Rein statistisch sind ein bis zwei Kinder in jeder Schulklasse in verschiedenen Kontexten von sexueller Gewalt betroffen.“ Er forderte die Kultusministerien auf, auch Schulen gesetzlich dazu zu verpflichten, Schutzkonzepte einzuführen. Zudem verlangte er eine stärkere Unterstützung der Einrichtungen vor Ort, von Kitas bis zu Kliniken. „Schutz und Hilfe hängen noch viel zu oft vom Zufall oder Engagement Einzelner ab.“ Bund, Länder und Kommunen müssten für ein verschärftes Vorgehen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen zusätzliches Geld und Personal bereitstellen.
DJI-Forschungsdirektorin Sabine Walper sagte, die Mehrheit der befragten Einrichtungen und Institutionen habe zwar einzelne Elemente umgesetzt, umfassende Schutzkonzepte gebe es bisher aber eher selten. „Ziel aller Anstrengungen muss es sein, dass unsere Institutionen keine Tatorte sind, sondern Orte, an denen Kinder kompetente Hilfe finden, wenn sie – wo auch immer – mit sexueller Gewalt konfrontiert sind.“
Der Abschlussbericht ist das Ergebnis eines mehrjährigen Monitorings von 2015 bis 2018. Untersucht wurde, welche Maßnahmen in Kitas, Schulen, Heimen, Internaten, Kliniken, Praxen oder Sportvereinen zum Schutz vor sexueller Gewalt verwirklicht werden. Dazu zählen Fortbildungen für Fachkräfte, Präventionsangebote für Kinder und Jugendliche, Infoabende für Eltern, interne und externe Beschwerdemöglichkeiten sowie ein Handlungsplan bei einem Verdacht. In fast 5.000 Einrichtungen wurden Leitungen und Fachkräfte befragt, welche Schutz- und Hilfeangebote sie einsetzten und auf welche Schwierigkeiten sie bei der Umsetzung stießen.