Telekom-Studie zur Lehrkräftearbeitszeit
Neues Arbeitszeitmodell für Lehrkräfte?
Eine neue Studie schlägt ein „Jahresarbeitszeitmodell“ in Kombination mit der Erfassung der tatsächlichen Arbeitszeit für Lehrkräfte vor. Die GEW findet die Idee interessant, weist aber auch auf einen Schwachpunkt hin.
Der frühere Berliner Bildungsstaatssekretär Mark Rackles, der schon mit seiner Abrechnung mit dem Versagen der KMK bei der Lehrkräftebildung für Furore gesorgt hatte, hat für die Telekom-Stiftung eine Expertise zur Lehrkräftearbeitszeit vorgelegt. Als Lösung der Probleme schlägt er ein „Jahresarbeitszeitmodell“ vor, welches der Einzelschule weite Freiheiten lässt, aber zugleich mit einer Erfassung der tatsächlichen Arbeitszeit von Lehrkräften einhergeht, welche er für rechtlich zwingend geboten hält.
Finger in die Wunde gelegt
Die Analyse von Rackles betrachtet vorhandene Arbeitszeit- und Belastungsstudien, insbesondere die Studien der Göttinger Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften, sowie internationale Erfahrungen aus Dänemark, Österreich, der Schweiz und Japan.
Prägnant legt Rackles den Finger in die Wunde: Das derzeitige Arbeitszeitmodell führt tendenziell zur Überlastung, da den Lehrkräften immer neue Aufgaben aufgebürdet werden, ohne gleichzeitig an anderer Stelle für Entlastung zu sorgen. Dies schadet der Attraktivität des Berufes und verschärft den Lehrkräftemangel.
Mehr Geld in die Hand nehmen
Die steigenden Anforderungen an Schule und an die Lehrkräfte haben so gut wie keinen Niederschlag in der Unterrichtsverpflichtung gefunden, diese liegt heute noch mehr oder weniger auf dem gleichen Niveau wie im Deutschen Kaiserreich.
„Einfach nur die Verantwortung an die Einzelschule zu delegieren, ohne zusätzliche Ressourcen ins System Schule zu geben, das empfinden die Betroffenen nur als Verschiebung des Schwarzen Peters nach unten.“ (Maike Finnern)
Die GEW vermisst allerdings eine klare Ansage, dass sich auch ein verändertes Arbeitszeitmodell nur positiv auswirken kann, wenn der Dienstherr grundsätzlich bereit ist, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Die GEW-Vorsitzende Maike Finnern warnte: „Einfach nur die Verantwortung an die Einzelschule zu delegieren, ohne zusätzliche Ressourcen ins System Schule zu geben, das empfinden die Betroffenen nur als Verschiebung des Schwarzen Peters nach unten. An diesem Manko sind letztlich in den 1990er und frühen 2000er Jahren alle Modellversuche mit alternativen Arbeitszeitmodellen gescheitert.“
Aufgaben „on top“ aufladen
Zutreffend analysiert Rackles auch, dass das Deputatsmodell tendenziell dazu führt, Lehrkräften Aufgaben aufzuladen, die genauso gut und unter Umständen sogar für den Dienstherrn billiger (in Rackles‘ Worten: effizienter) von anderen Berufsgruppen ausgeführt werden könnten. Dies ist derzeit möglich, weil der Dienstherr nicht „gegenrechnen“ muss, wie viele Unterrichtsstunden ihn das kostet, da er es den Lehrkräften derzeit einfach „on top“ und für ihn kostenlos auftragen kann.
Kritik an Hamburger Arbeitszeitmodell
Ein Missverständnis ist die Aussage Rackles‘, mit dem Hamburger Arbeitszeitmodell sei eine transparente Erfassung und Zuweisung der gesamten Arbeitszeit (und nicht nur der Unterrichtsstunden) verbunden. Das Hamburger Arbeitszeitmodell in seiner aktuellen Version ist ein reines „Planungsmodell“, in dem bestimmten Aufgaben Sollzeitfaktoren zugewiesen werden – und vielen neuen Aufgaben gar keine Werte. Eine Erfassung der Istzeiten oder gar eine Gegenüberstellung von Soll- und Istwerten findet in Hamburg hingegen niemals statt. Daher ist die Überlastung, wie auch Rackles zutreffend beschreibt, in Hamburg im Ergebnis noch höher als anderswo.
Regelmäßiger Realitätscheck
Aufgrund der schlechten Erfahrungen – nicht nur, aber vor allem in Hamburg – treffen Vorschläge für Jahresarbeitszeitmodelle in den Kollegien überwiegend auf große Ablehnung. Nur in Verbindung mit regelmäßigen Realitätschecks der verwendeten Zeitfaktoren – und damit einer wirklich aufgabenadäquaten Personalausstattung – könnte ein verändertes Arbeitszeitmodell einen Fortschritt darstellen. Man darf gespannt sein, wie die Diskussion weitergeht.