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Mangel an Lehrkräften

Länder bilden Lehrkräfte weit unter Bedarf aus

Erneut haben die 16 Bundesländer weit weniger Lehrkräfte ausgebildet als neu eingestellt wurden. Das zeigen die Zahlen für 2022, die die Kultusministerkonferenz (KMK) Ende Juni veröffentlicht hat.

Foto: Pixabay / CC0

Die Zahl der Absolventinnen und Absolventen des Vorbereitungsdienstes – also des Regelweges in den Lehrkräfteberuf – ist im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um fast 1.300 auf 27.350 gesunken. Das ist in Zeiten eines zunehmenden Lehrkräftemangels ein sehr problematischer Befund. Die Zahl der neu eingestellten Lehrkräfte liegt mit 33.566 um mehr als 20 Prozent darüber. Rund 6.200 der neu eingestellten Lehrkräfte sind damit nicht voll ausgebildet. Diese Zahl ist höher als 2021, aber niedriger als 2016 bis 2019, da lag die jährliche Lücke zwischen 6.400 und 8.200.

Zusätzlich weist die KMK in ihrer Veröffentlichung rund 3.100 „sonstige (unbefristete) Lehrkräfte (ehemals Seiteneinsteiger)“ aus. Seit 2020 differenziert sie hier zwischen sonstigen Lehrkräften „mit einem Hochschulabschluss auf Masterniveau“ und „Übrigen“. Letztere machen mit fast 1.300 Menschen mehr als ein Drittel dieser Summe aus. Spannend wäre zu wissen, mit welchen Bewerberinnen und Bewerbern der Rest der Lücke geschlossen wurde, doch das geht aus den Zahlen nicht hervor. Nicht zu den „Einstellungen“ rechnet die KMK befristet eingestellte Lehrkräfte (Vertretungskräfte). Deren Zahl und Zusammensetzung wird nirgends veröffentlicht.

GEW-Landesverbände: Freie Stellen blieben unbesetzt

Besonders beunruhigt, dass die KMK selbst noch im März 2022 den Lehrkräftebedarf für das Jahr 2022 mit insgesamt 36.743 Menschen angegeben hatte. Auch wenn die Lieferung der Grunddaten für die KMK-Prognose schon 2021 erfolgt sein dürfte, weist die deutliche Diskrepanz zu den tatsächlich realisierten Einstellungen (dies bedeutet eine Lücke von 3.177 Menschen bzw. 8,6 Prozent) darauf hin, dass die Bundesländer nicht alle geplanten Einstellungen auch umsetzen konnten. Dies deckt sich mit den Berichten der GEW-Landesverbände, wonach 2022 in erheblichem Umfang freie Stellen nicht besetzt worden sind.

Die Veröffentlichung der KMK enthält auch Daten für die einzelnen Länder. Hier zeigen sich zum Teil erhebliche Abweichungen von den Bundeswerten. Auffällig ist zum Beispiel der hohe Anteil der Neueinstellungen am gesamten Lehrkräftebestand in Mecklenburg-Vorpommern, der seit drei Jahren über 8 Prozent beträgt, im Bundesdurchschnitt aber nur bei knapp 5 Prozent liegt. Das korrespondiert mit dem höchsten Anteil von Lehrkräften im Alter von 60 Jahren und älter, der im Land 2021 bei 17 Prozent lag – gegenüber 11,2 Prozent im Bundesdurchschnitt.

Ebenfalls auffällig ist der durchschnittliche Beschäftigungsumfang in Hamburg, der schon bei den Neueingestellten nur bei 81 Prozent liegt (bundesweit: 94 Prozent) – das passt zu dem auch für die gesamte Lehrerschaft höchsten Teilzeitanteil von fast 50 Prozent in Hamburg. Besonders viele Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger – noch vor Berlin und den ostdeutschen Bundesländern – wurden im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg eingestellt, dort mehrheitlich für die beruflichen Fächer.

Sachsen und Hessen bilden über eigenen Bedarf hinaus aus

Erstaunlich groß sind die Unterschiede zwischen der Zahl der ersten Staatsexamina, die abgelegt wurden, und der Zahl der Einstellungen in den Vorbereitungsdienst: Während Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und das Saarland viele Hochschulabsolventinnen und -absolventen aus anderen Bundesländern anziehen konnten – im Saarland lag der Wert bei 213 Prozent! – haben die anderen Bundesländer mehr Studierende ausgebildet, als sie in den Vorbereitungsdienst eingestellt haben. Besonders groß ist der „Schwund“ in Sachsen (über 20 Prozent) und Hessen (über 16 Prozent).

Seit 2020 weist die Darstellung der KMK die Einstellung von Menschen mit einem „nicht lehramtsbezogenen Studienabschluss“ in den Vorbereitungsdienst aus. Dieser liegt im Bundesschnitt bei 4,2 Prozent, in Berlin mit 17,2 Prozent weit darüber. Dies ist dem dort seit Jahren etablierten Quereinstiegsprogramm mit berufsbegleitendem Vorbereitungsdienst geschuldet. Ebenfalls Werte von über 10 Prozent weisen die Länder Saarland und Schleswig-Holstein auf.

Nach den bislang vorliegenden Informationen aus den 16 Bundesländern hat sich zum Beginn des neuen Schuljahres 2023/24 die Zahl der nicht mit voll ausgebildeten Lehrkräften besetzten und der überhaupt nicht besetzbaren Stellen in allen Bundesländern nochmals erhöht. Nächsten Sommer werden wir auch diesen Befund im Nachhinein schwarz auf weiß bekommen – ganz leise und von der Öffentlichkeit kaum bemerkt von der KMK auf ihrer Internetseite eingestellt. 

Grafik: GEW