Zum Inhalt springen

Arbeitsbelastung

Hilfe zur Selbsthilfe

Die Arbeitsbelastung der Lehrerinnen und Lehrer ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Berufsbegleitende Supervision kann helfen ist aber kein Allheilmittel.

Nicht erst seit der Pandemie schlittern Lehrerinnen und Lehrer wegen der hohen Arbeitsbelastung immer häufiger in den Burn-out. (Foto: Pixabay / CC0)

Die Corona-Krise hat viele Lehrkräfte an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit gebracht. Neue digitale Herausforderungen beim Homeschooling mit anfänglich unzureichenden Geräten, die Doppelbelastung durch Präsenz- und virtuellen Unterricht, tägliche Corona-Tests bei allen Schülerinnen und Schülern, Unterrichten-Müssen mit Maske und immer wieder neue Verordnungen „von oben“ fast im Wochentakt waren fundamentale Belastungen für Pädagoginnen und Pädagogen.

Nicht erst seit der Pandemie schlittern Lehrerinnen und Lehrer wegen der hohen Arbeitsbelastung immer häufiger in den Burn-out. Manche ältere Lehrkräfte versuchen, so bald wie möglich in den Vorruhestand zu gehen. Das zeigen unter anderem Untersuchungen wie die Niedersächsische Arbeitszeitstudie des Göttinger Arbeitswissenschaftlers Frank Mußmann aus dem Jahr 2016 (s. E&W 9/2016 und 12/2021). Mußmanns Erkenntnisse zeigen, dass die Schulen dringend besser finanziell sowie personell ausgestattet werden müssen und die Lehrkräfte gute Arbeitsbedingungen brauchen. Wie aber können die Lehrkräfte möglichst schnell gestärkt werden?

Burn-out bei Lehrkräften – nicht nur Folge der Pandemie

Die SWK schlägt in ihren Ende Januar veröffentlichten Empfehlungen zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels unter anderem Mehrarbeit, größere Klassen und weniger Teilzeitangebote vor. Um das Fachkräfteproblem zu lösen und als Mittel gegen die permanente Überlastung sind diese Vorschläge jedoch nicht geeignet. Das trifft auf den im gleichen Papier empfohlenen Einsatz von Supervision in Schulen nicht zu. In sozialen Berufen ist die Supervision seit langem selbstverständlich und anerkannt. Gerade in Realschulen oder Gymnasien gibt es jedoch bei vielen Lehrkräften die Meinung, dass es in ihrem Beruf in erster Linie um Fachunterricht gehe und daher so etwas wie Supervision nicht nötig sei. Das ist ein Irrtum! Denn die Schülerinnen und Schüler sind menschliche Wesen und keine Lernroboter; die Beziehungsebene zu den Lehrkräften ist für sie eine Art emotionale Nahrung. Diese Beziehungs-Kommunikationsebene kann leicht blockiert sein.

Die Schulbehörden sehen durchaus, dass Supervision an Schulen notwendig ist. So gibt es beispielsweise an jeder staatlichen Schulberatungsstelle in Bayern Schulpsychologinnen und -psychologen – insbesondere mit einer Zusatzqualifikation als Supervisorinnen und Supervisoren. Deren Angebote richten sich sowohl an Lehrkräfte als auch an schulische Führungskräfte. Ziel sei, so das bayerische Kultusministerium, „Kolleginnen und Kollegen sowie Mitglieder der Schulleitungen zu entlasten, um so gesundheitlichen Risikofaktoren im Beruf präventiv und interventiv zu begegnen“.

Vorbehalte gegen Supervision

Nicht wenige Lehrkräfte haben allerdings nach wie vor Vorbehalte, dass es sich bei „von oben“ angebotenen Supervisionen um eine Art Überwachung handeln könnte. Das ist nicht der Fall. Der Begriff „Supervision“ beschreibt, dass etwas „überschaut“ oder „überblickt“, nicht überwacht werden soll. In einem entspannten und geschützten Setting soll über den Tellerrand des eigenen pädagogischen Tuns hinausgeschaut werden, um unter Anleitung „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu bekommen. Denn genau das ist die Zielrichtung einer guten und effektiven Supervision.

Lehrerinnen und Lehrer sollten sich immer wieder bewusst machen, dass Schulen ein offenes System sind, das für die einzelne Pädagogin oder den einzelnen Pädagogen gar nicht wirklich zu kontrollieren ist. Lehrkräfte haben es eben nicht nur mit ihren Klassen, sondern auch mit den Eltern der Schülerinnen und Schüler, der Schulleitung sowie Kolleginnen und Kollegen zu tun.

Dabei kann es sehr leicht, manchmal auch ganz unerwartet zu heftigen, sehr belastenden Konflikten kommen: mit einzelnen Schülerinnen und Schülern, die den ganzen Klassenunterricht aushebeln können; mit Eltern, die sich gegen die Notengebung wehren, weil sie ihre Kinder ungerecht behandelt sehen; mit Kolleginnen und Kollegen, mit einer (zu) autoritativen Schulleitung oder mit immer neuen, manchmal sich widersprechenden kurzfristigen Vorgaben der Schulbehörden. In diesen Fällen kann die Supervision gegensteuern und die psychische Stabilität der Lehrkräfte stärken.

Sicher ist dieses „Mittel“ nicht für jeden oder immer nötig. Aber gerade in Krisensituationen, die sich im Schulalltag immer wieder sehr leicht ergeben können, kann eine Einzel-, Gruppen- oder Team-Supervision viel Positives bewirken und Konfliktsituationen oft schnell entschärfen. Ziel ist, dass sich ungelöste Situationen und Emotionen nicht festsetzen und dann psychisch toxisch werden – belastend für die gesamte Arbeit einer Lehrkraft. 

Der Autor hat bis zu seiner Pensionierung vor einigen Jahren als Lehrer an einem Gymnasium in Bayern gearbeitet und ist seit vielen Jahren als Supervisor für Lehrkräfte tätig. Er hat mehrere pädagogische Bücher verfasst.