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Zurück in der Schule

Erfolgreiches Projekt gegen Kinderarbeit in Zimbabwe

Der Chipinge-Distrikt in Zimbabwe an der Grenze zu Mozambique ist bekannt für Teeanbau. Dort fördert die GEW-Stiftung fair childhood ein Gewerkschaftsprojekt gegen Kinderarbeit.

Klaus Bullan und Samuel Grumiau im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern der Rattleshoek Sekundarschule in Zimbabwe (Foto Dorit Moenig)

„Ich hatte das Glück, genug Kraft aufzubringen, um neben der schweren Arbeit noch lernen zu können. Aber es war sehr, sehr hart, das kann ich euch versichern“, sagt ein heutiger Lehrer, der namentlich nicht genannt werden will (Name ist der Redaktion bekannt) und der selbst erfahren hat, was Kinderarbeit heißt. Er hat das sogenannte Earn & Learn-System Zimbabwes, das erst 2013 verboten wurde, in den 1980er-Jahren am eigenen Leib zu spüren bekommen. Bis dahin war die Bevölkerung über Jahrzehnte gewohnt, dass große Unternehmen wie der Teehersteller Tanganda Kinder für sich arbeiten ließen und ihnen dafür zeitweise den Besuch firmeneigener Schulen ermöglichten. Leider wurde es von der Regierung nach dem Verbot versäumt, die früheren Privatschulen zügig zu ersetzen und ein qualitativ gutes, kostenfreies öffentliches Schulsystem einzurichten. Das schuf Verärgerung und Enttäuschung und erschwerte den Bildungsgewerkschaften, die Bevölkerung für Kinderrechte und gegen Kinderarbeit zu mobilisieren.

Heute arbeitet der Lehrer in einer Schule des von der Stiftung Fair Childhood der GEW geförderten Projekts „Out of Work into School“ im Chipinge-Distrikt an der Grenze zu Mozambique. Er kann den Eltern und Dorfgemeinschaften aus eigener Erfahrung eindrücklich klar machen, dass Arbeit für die körperliche und mentale Gesundheit ihrer Kinder schädlich ist.

Eltern können Schulgebühren oft nicht bezahlen

Ein wesentlicher Grund für Eltern, ihre Kinder nicht zur lokalen staatlichen Schule zu schicken, ist Armut. Viele können die Kosten für Schulgebühren, Schuluniformen und Lernmaterialien nicht aufbringen. Das sind nur einige Herausforderungen, denen die Bildungsgewerkschaften PTUZ und ZIMTA gegenüberstehen, wenn sie für Kinderrechte und gute Bildung eintreten. Gemeinsam unterstützen die beiden Gewerkschaften ein Projekt gegen Kinderarbeit in Chipinge, an dem inzwischen 24 Schulen beteiligt sind.

Sie bieten Fortbildungen für Lehrkräfte zu Kinderrechten an und leisten Überzeugungsarbeit bei Eltern, Dorfgemeinschaften und lokalen Behörden. Allein im Jahr 2019 konnten 43 neue Lehrkräfte für das Projekt gewonnen werden. Die beteiligten Schulen organisieren Kinderrechte-Clubs für Schülerinnen und Schüler und leisten mit kreativen Angeboten und künstlerischer Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit.

Rückkehr in die Schule

Im Februar 2020 kehrten fünf Mädchen und zwei Jungen an die Jersey Primary School zurück. Mitschüler hatten zuvor in der Schule berichtet, dass viele Kinder aus entlegeneren Gegenden nicht zur Schule gehen. Das hatten wir schon lange nicht mehr gemacht, von Dorf zu Dorf zu ziehen und mit Eltern zu sprechen, damit die Kinder in die Schule gehen“, sagt ein Lehrer. „Wir sollten dabei sehen, wie und unter welch schwierigen Bedingungen die Kinder und ihre Familien leben. In den meisten Haushalten erfuhren wir zu unserer Überraschung keine Widerstände; nur finanzielle Probleme hielten sie davon ab, ihre Kinder zur Schule zu schicken.“ 

Die 13jährige Juliette bestätigt: „Mit acht Jahren brach ich die Schule ab, weil das Geld für Schulgebühren fehlte. Ich arbeitete zunächst im Haushalt und auf dem Feld des Lebensgefährten meiner Oma, später dann mit einem Onkel auf der Teeplantage, wo mich der Lehrer jetzt fand.“

Unterstützung für arme Familien

Die Lehrerinnen und Lehrer sichern armen Eltern zu, dass die Schule sie unterstützen wird, wenn die Kinder in den Unterricht zurückkehren. Die Projektschulen fördern mit finanzieller Unterstützung von Fair Childhood Programme wie Gemüsegärten oder Schweinezucht, die Einnahmen generieren. Dadurch können für bedürftige Kinder Schulgebühren, Unterrichtsmaterial und ein Mittagessen in der Schule finanziert werden. Für viele Kinder an der Rattleshoek Sekundarschule ist dies elementar: Der 17jährige Simon verpasste zwei Schuljahre, weil beide Eltern starben und er für seinen Lebensunterhalt selbst Geld verdienen musste.

Emmanuel (16) ging drei Monate nicht in die Schule, als seine Mutter arbeitslos wurde. Er versuchte mit Akkordarbeit, Geld für die Schuluniform und etwas Essen zu verdienen. Als er durch einen im Projekt engagierten Lehrer vom Unterstützungsprogramm der Schule erfuhr, war er überglücklich. Erste Zahlen aus sieben am Projekt beteiligten Schulen zeigen, dass im vergangenen Jahr 122 Schülerinnen und Schüler aus Kinderarbeit in die Schule zurückkehrten – ein kleiner, aber wichtiger Erfolg im Kampf gegen Kinderarbeit in Zimbabwe.