Zum Inhalt springen

Leitung in Bildungseinrichtungen

„Der Blick von außen hilft“

Was braucht eine gute Schulleitung, was macht eine gute Kita-Leitung aus? Zwei Profis im Ruhestand berichten aus ihren jahrzehntelangen Erfahrungen und geben Tipps.

„Mein Tipp: Gehe so oft wie möglich raus aus deinem Büro und begib dich unter die Kolleginnen und Kinder im Kitaalltag. Nur so bekommt man ein Gefühl für seine Kita, sieht, was läuft, wo es hakt, was wir alle zusammen besser machen können.“ (Erni Schaaf-Peitz, ehemalige Kitaleiterin) (Foto: privat (wird noch geklärt)
  • Erni Schaaf-Peitz, ehemalige Leiterin der Kita Wittlich-Neuerburg, Rheinland-Pfalz

„42 Jahre lang war ich Kita-Leiterin. Die Leitung ist der Schlüssel für die Qualität einer Einrichtung. Das ist eine große Verantwortung, aber auch eine unheimlich kommunikative, menschen- und entwicklungsorientierte und bereichernde Arbeit.

Ich habe über die Jahre viel dazugelernt. Zum Beispiel, wie wichtig die Kommunikation mit dem Träger der Kita ist. Die Leiterin repräsentiert den Träger nach innen (gegenüber den Fachkräften) und nach außen (gegenüber Eltern und Öffentlichkeit). Es ist wichtig, gut zusammenzuarbeiten und sich regelmäßig auszutauschen. Dafür sollte man bestens informiert sein, denn die Fachvertreterinnen und -vertreter in der Verwaltung kennen sich meist nicht gut mit den Details im Kita-Alltag aus. Die Leitung muss ihnen etwa erklären, dass es Vollzeitkräfte braucht, weil immer mehr Kinder den ganzen Tag in der Kita sind. Gleichzeitig sollte man stets seine Rolle klar machen: Ich vertrete euch gegenüber die Interessen der Einrichtung und habe einen Anspruch auf Unterstützung und Informationen.

Im Kita-Alltag selbst ist es natürlich zentral, sein Team mitzunehmen.

Im Kita-Alltag selbst ist es natürlich zentral, sein Team mitzunehmen. Das hieß für mich immer: einerseits gemeinsam das pädagogische Konzept zu entwickeln, andererseits die Kolleginnen im Alltag bei der Umsetzung zu begleiten, zu reflektieren und wenn nötig ihnen auch kritisches Feedback zu geben. Warum machst du das so, wie ginge es noch besser, was wird unseren Werten und unserem Konzept gerecht, wie möchtest du dich weiterentwickeln? Dabei muss man als Leiterin Konflikte aushalten und konstruktiv lösen können. Manchmal verlangt das strikte Vorgaben, zum Beispiel wenn es darum geht, die Organisation der Mittagspausen des Personals im Haus coronakonform durchzusetzen.

Manchmal erfordert es Fingerspitzengefühl, etwa, wenn einige Kolleginnen an einem traditionellen Konzept der Jahreszeitfeste festhalten wollen, das Team aber neue, zeitgemäße Formen der Alltagsgestaltung vorantreiben möchte, die den Bedürfnissen der Kinder besser gerecht werden. Als Leiterin darf ich die unterschiedlichen Berufsbiografien, den Lebensrucksack meiner Fachkräfte und deren Bedürfnisse nicht aus dem Blick verlieren. Eine Kollegin hält die Lautstärke beim Mittagstisch einfach nicht aus? Vielleicht kann sie andere Aufgaben übernehmen.

Mein Tipp: Gehe so oft wie möglich raus aus deinem Büro und begib dich unter die Kolleginnen und Kinder im Kita-Alltag. Nur so bekommt man ein Gefühl für seine Kita, sieht, was läuft, wo es hakt, was wir alle zusammen besser machen können. Ich war den größten Teil meiner Zeit im Berufsalltag im zentralen, offenen Raum unserer Kita, jederzeit offen für Austausch und ein persönliches Gespräch mit Kindern, Fachkräften oder Eltern. Das ist die Basis für ein vertrauensvolles Miteinander und eine Kita-Kultur, die alle gleicher-maßen begeistert.“

„Mein Tipp: nicht mit den wenig Motivierten hadern, sondern die Zugpferde stärken. Das ist viel effektiver, um etwas in Bewegung zu bringen. Als Schulleiter braucht es Mut, voranzugehen. Viele sind da zu zaghaft.“ (Pit Rulff, ehemaliger Schulleiter) (Foto: Transit)
  • Pit Rulff, ehemaliger Schulleiter der Ernst-Litfass-Schule, Oberstufenzentrum für Mediengestaltung und Medientechnik, Berlin

„Wer Schulleiter oder Schulleiterin wird, kann meist kaum einschätzen, was auf einen zukommt. Eine Gruppe hundert gleichermaßen hochqualifizierter Akademikerinnen und Akademiker zu führen, die völlig unabhängiges Arbeiten gewohnt ist, bei allem mitredet, vieles besser weiß und von der Leitung erwartet, dass sie ihr den Arbeitsalltag noch angenehmer macht – wo sonst gibt es das?

Ich wusste: Sich einzukapseln und aus einem Steuerhäuschen heraus die Schule lenken zu wollen, würde nicht funktionieren. Ich wollte alle einbinden und brauchte ein klares Konzept. Erst mal klare Führungsgrundsätze entwickeln und kommunizieren. 30, 40 Tage im Jahr habe ich mich weitergebildet, habe auf Kongressen nach Ansätzen gesucht. Der Schweizer Leadership-Profi Fredmund Malick hat mich am meisten überzeugt: Meine Führung sollte sich daher auf Weniges konzentrieren, sich an Resultaten orientieren, transparent sein und klar kommuniziert werden. Als nächstes habe ich demokratische Beteiligungsstrukturen etabliert.

Hospitationsmodell

Die Abteilungen bildeten Steuergruppen für die Schulentwicklung, die sich alle 14 Tage trafen. Ihre Sprecher und Sprecherinnen kamen wöchentlich mit dem Leitungsteam zusammen. Für ein offenes Schulklima habe ich, wo möglich, Glastüren einbauen lassen und ein Hospitationsmodell erarbeitet. Gegenseitige Unterrichtsbesuche wurden mit Entlastungsstunden gefördert, Feedback und schriftliche Berichte gehörten dazu. Ähnliches galt für das Leitungsteam.

Gleichzeitig habe ich meine Fühler nach außen ausgestreckt. Wir haben uns für den Deutschen Schulpreis beworben, Hochschulen um Evaluation gebeten, Teach First Fellows und BildungsCent-Coaches an die Schule geholt. Der Blick von außen hilft, die Schule von Zeit zu Zeit durchzulüften. Auch Pressekontakte halte ich für sehr wichtig. Wer oft in der Zeitung ist, kann sein Schulprofil leichter kommunizieren, das Standing in der Bildungsszene wächst. Genauso wie durch das Engagement in Verbänden. Von der Vereinigung der Berliner Berufsschulleitungen bis zur Gewerkschaft war ich aktiv. Schließlich kannten mich alle Berliner Senatorinnen und Senatoren persönlich. Natürlich kostet das alles Zeit, aber es öffnet Türen und befruchtet sich auch inhaltlich, weil man sehr viel mitbekommt. Im Schulalltag sollte man unbedingt immer im Blick haben, was das Kollegium gerade umtreibt.

Mein Tipp: nicht mit den wenig Motivierten hadern, sondern die Zugpferde stärken. Das ist viel effektiver, um etwas in Bewegung zu bringen. Als Schulleiter braucht es Mut, voranzugehen. Viele sind da zu zaghaft. Im Kern zählt doch: Was fördert Schülerinnen und Schüler? Das muss man durchziehen, wenn es sein muss auch gegen Widerstände. Letztlich profitieren davon alle. Natürlich, manchmal lastet viel Druck auf dir. Ich war deshalb alle sechs Wochen beim Schulpsychologischen Dienst zur kollegialen Beratung und seelischen Müllentleerung. Danach ist man wie befreit.“