Digitale GEW-Bundesjugendkonferenz
„Wir werden viel zu kämpfen haben“
Diesmal alles anders: Junge GEW-Mitglieder haben vorgemacht, wie lebendig und kreativ Gewerkschaftsarbeit in Zeiten der Corona-Krise sein kann. Am Pfingstwochenende fand mit der GEWolution 2020 die erste große Digitalkonferenz der GEW statt.
„Gesellschaft.Macht.Grenzen – Change a failing System!“ lautete das Motto der GEWolution 2020, der dritten großen Bundesjugendkonferenz der GEW, die am 30. und 31. Mai stattfinden sollte. Alles schien perfekt, als die von jungen Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern organisierte Konferenz Ende März diesen Jahres in den Startlöchern stand.
„Physical distancing heißt nicht social distancing.“ (GEWolution Projektteam)
140 angemeldete Teilnehmende freuten sich auf spannende Diskussionen und ein geselliges Wochenende im idyllischen Erkner bei Berlin. Doch als die Bundesregierung vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Pandemie den Lockdown einleitete, musste die Projektgruppe umdenken. Was tun? Kurzerhand wurde entschieden, die Veranstaltung als Onlineseminar zu konzipieren. Denn „physical distancing heißt nicht social distancing“, wie die GEW Aktivistinnen und Aktivisten in ihrer Begrüßung erklätren.
„Gerechtigkeitslücken in der Bildungsfinanzierung, ungerechte Verteilung von Care- und Familienarbeit – Wie fast jede Krise verstärkt auch Corona Chancenungleichheit. Herkunftseffekte in Bezug auf Bildungsgerechtigkeit werden verschärft,“ sagte Lina Westenrieder in dem Videoclip, mit dem die Projektgruppe die Digitalkonferenz eröffnete. Lisa Lewien, die ehrenamtliche Projektleiterin, ergänzte: „Nicht zuletzt sind wir unerwartet plötzlich wieder mit dem Thema zwischenstaatlicher, sogar innereuropäischer Grenzziehungen konfrontiert. Geflüchtete im europäischen Grenzraum und in den Lagern leben auf einem Corona-Pulverfass.“
„Die Corona-Krise darf nicht zur Bildungskrise werden!“ (Andreas Keller)
In seiner Eröffnungsrede verdeutlichte Andreas Keller, der stellvertretende Vorsitzende der GEW, dass die Corona Krise nicht nur die Schwächen unseres Gesundheitssystems, sondern auch die unseres Bildungssystems schonungslos offengelegt habe. „Die Liste der Probleme, die sich nun offenbaren, ist lang: Für den Fernunterricht von zu Hause sind die Schulen technisch kaum ausgestattet, wobei Schülerinnen und Schüler aus sozial schwachen Familien häufig ohnehin nicht über das nötige Equipment verfügen. Die Corona Krise ist so auch eine Krise der sozialen Ungleichheit. Nicht weniger hart trifft es Studierende an den Hochschulen, deren Nebenjobs in Gastronomie und Handel nun häufig wegfallen.“ Für die GEW sei klar, so Kellers Appell an die jungen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter: „Die Corona-Krise darf nicht zur Bildungskrise werden!“
Trotz der dramatischen Entwicklungen der letzten Monate und der damit verbundenen Herausforderungen bei der Konzeption der Konferenz, erwartete die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein volles Programm, an dem sie über eine digitale Plattform interaktiv teilnehmen konnten. Für zwei Tage verwandelte sich die GEW-Geschäftsstelle in die Sendezentrale der ersten großen Digitalkonferenz der GEW. Von hier aus wurden die Workshops, Vorträge und Livestreams koordiniert und betreut. Knapp 180 Teilnehmende aus allen Bereichen der GEW und des Bildungssystems diskutierten online mit eingeladenen Expertinnen und Experten in verschiedenen Workshops.
Ein Schwerpunkt waren Gefahren und Nutzen von Digitalisierungsprozessen, wobei Machstrukturen monopolisierter Unternehmen hinterfragt und über digitales Mobbing unter Schülerinnen und Schülern aufgeklärt wurde. Auch über Schwierigkeiten in Zusammenhang mit Exklusion und Diskriminierung, wie sie sich infolge von Flucht- und Migrationsprozessen verstärkt an Schulen auftreten, diskutierten die Teilnehmenden. Dabei ging es vor allem darum, sich argumentativ gegen rechte Parolen aufzustellen. Hilfreich waren dazu Handreichungen und ganz konkrete Einblicke in die Zivile Seenotrettung und ihre politischen Perspektiven.
„Ihr treibt uns voran und motiviert uns, auch über die gewerkschaftlichen Grenzen hinaus!“ (Marlis Tepe)
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschäftigten sich zudem mit den Formen gewerkschaftlichen Handelns von Methoden des Empowerment bis hin zum Streik. Herausgefordert durch Bewegungen wie Frauenstreik und „Fridays for Future“ wurde die Frage der Zulässigkeit politischer Streiks intensiv diskutiert.
„Wir werden viel zu kämpfen haben, wenn wir wollen, das gute Arbeit und gute Bildung unsere Zukunft besser gestalten“, resümierte Marlis Tepe, Bundesvorsitzende der GEW, zum Abschluss der Konferenz. Die Arbeit junger Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, sagte Tepe deutlich, ist für die GEW unverzichtbar: „Ihr treibt uns voran und motiviert uns, auch über die gewerkschaftlichen Grenzen hinaus!“