BI-Generalsekretär Fred van der Leeuwen stellte am Vormittag das zukünftige Programm und den Finanzplan der Weltorganisation für die Jahre 2012 bis 2015 vor: Von 9,5 Mio Euro im kommenden Jahr soll der Haushalt der BI bis 2015 geringfügig auf zehn Millionen Euro wachsen. Dieses Geld muss aus Beiträgen der Mitgliedsgewerkschaften finanziert werden. Die Beitragshöhe richtet sich nach dem Bruttoinlandsprodukt eines Landes sowie der Zahl der Gewerkschaftsmitglieder. Gewerkschaften aus Entwicklungsländern zahlen geringere Beiträge als solche aus Industrieländern. Die GEW trägt jährlich mit etwa 260.000 Euro zum Haushalt der BI bei und liegt damit an siebter Stelle der Beitragszahler. Im Fokus des Arbeitsplans der kommenden Jahre stehe, so van Leeuwen, die Stärkung gewerkschaftlicher Organisation, besonders in Ländern, wo Gewerkschaften mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. In den Industrieländern komme es darauf an, innovative Wege zur Werbung und Aktivierung neuer Mitglieder zu gehen (,Organizing’) und den Dialog mit nationalen Regierungen und supranationalen Institutionen wie der OECD zu verstärken. Die Zeit sei gekommen, noch stärker als bisher zu mobilisieren, um das Recht auf Bildung in öffentlicher Verantwortung für alle zu sichern und weltweit für den Status von Lehrkräften, für ihre soziale Absicherung, angemessene Bezahlung und demokratischen Rechte einzutreten. Dafür sei es notwendig, noch zahlreicher und „more powerful“ zu werden. Dies könne nur gelingen, wenn die Gewerkschaften ihre Kräfte auf eine wesentliche Aufgabe konzentrieren: „Organizing, organizing, organizing!“ Großen Eindruck auf die Delegierten machte die Rede des Generalsekretärs von Greenpeace International, Kumi Naidoo, der den besonderen historischen Zeitpunkt des Kongresses hervorhob: die Finanzkrise mit ihren weltweit negativen Auswirkungen, den demokratischen Aufbruch in Nordafrika und die sich häufenden Umweltkatastrophen, die als Konsequenz das Ziel einer „green economy“ auf die Tagesordnung setzen. Die Zukunft auf diesem Planeten zu bauen verlange, so Naidoo, das Finanzkapital zu regulieren. Seine These: “Frauen und Kinder bezahlen den höchsten Preis für die Krise. Das sei auch auf dem Weltsozialforum im Frühjahr 2011 in Dakar deutlich geworden“. Einstimmig verabschiedeten die Delegierten eine Resolution zum Klimawandel, die auch einen Ergänzungsantrag der GEW enthielt, der sich für erneuerbare Energien und gegen Atomenergie als scheinbare Alternative zu klimaschädlichen Energiequellen aussprach. Es folgte die Beratung weiterer Anträge zum ‚Organizing’, zu demokratischen Rechten und zum Status von PädagogInnen; zur Migration von Lehrkräften und zur Durchsetzung des Millenniumsziels ‚Bildung für alle’, für das die BI und ihre Mitgliedsgewerkschaften sich im Rahmen der Globalen Bildungskampagne in den vergangenen Jahren besonders engagiert haben. Mehrere Anträge beschäftigten sich mit der Finanzkrise und ihren Auswirkungen auf die Bildung. In den Redebeiträgen wurde die große Besorgnis der Delegierten deutlich, dass der Bildung Ressourcen entzogen werden. Mehrfach wurde gefordert, dass an der Bildung nicht gespart werden dürfe. Im Gegenteil: Bildung sei Teil der Lösung der ökonomischen Krise, gerade jetzt müsse daher in Bildung investiert werden.
Nach der Mittagspause wurden mit Spannung die Ergebnisse der Wahlen zu den neun offenen Sitzen im BI-Vorstand erwartet, auf die sich insgesamt dreizehn Kandidaten beworben hatten, darunter nur eine einzige Frau. Enttäuschend für die GEW: Der Vorsitzende Ulrich Thöne, der ebenfalls kandidiert hatte, verfehlte die notwendige Stimmenmehrheit und wird daher im neuen BI-Vorstand nicht mehr vertreten sein. Gewählt wurden Vertreterinnen von Bildungsgewerkschaften aus Großbritannien, Frankreich, Spanien, Australien, Kanada, Uganda, Marokko, Kolumbien und Trinidad und Tobago. BI-Generalsekretär Fred van Leeuwen beglückwünschte die neuen Vorstandsmitglieder und dankte gleichzeitig seinen beiden aus Altergründen ausscheidenden Stellvertreterinnen Jan Eastman und Monique Fouilhoux für ihre Verdienste um die Weltorganisation. Mit stehendem Applaus wurde auch der Australier Bob Harris verabschiedet, einer der Mitbegründer der Bildungsinternationale. Sein Engagement hat dazu beigetragen, dass die BI heute dreißig Millionen Beschäftigte im Bildungsbereich vertritt, dass sie mit einer Stimme auftritt, die weltweit gehört wird und dadurch international Durchsetzungskraft besitzt. Am Abend kamen die 1.800 Delegierte und Gäste des BI-Kongresses erneut zusammen, um zwei Gewerkschafterinnen zu ehren, die sich in besonderem Maße verdient gemacht haben. Die Kanadierin Pauline Ladouceur wurde für ihre langjährige Arbeit mit Kindern mit besonderem Förderbedarf mit dem Albert-Schenker-Preis für Bildung ausgezeichnet. Der Marie-Hatwood-Futrell-Preis für Menschen- und Gewerkschaftsrechte ging an Gülcin Isbert von der türkischen Bildungsgewerkschaft Egitim Sen, die allerdings nur per Videobotschaft zu den Anwesenden sprechen konnte, da der türkische Staat ihr die Ausreise nach Südafrika verweigert hatte. Gülcin Isbert ist wie zahlreiche andere GewerkschafterInnen in der Türkei des Terrorismus angeklagt, weil sie sich für die Belange der kurdischen Minderheit und das Recht auf muttersprachlichen Unterricht in kurdischer Sprache einsetzt. Ihre Nominierung erfolgte auf Vorschlag der GEW.