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Erwachsenenbildung

„Wir müssen lauter werden“

Medienbildung stärkt die Demokratie. Doch für diese Aufgabe muss die Erwachsenenbildung gut gerüstet sein. Eine GEW-Tagung in Frankfurt am Main machte deutlich, dass qualifizierte Beschäftigte und dauerhafte Strukturen dafür die Voraussetzungen sind.

Foto: pixabay.com / CC0
Foto: pixabay.com / CC0

Ob digital im Netz oder analog in den Stadtteilen: Medienbildung ermächtigt die Menschen dazu, mit Fake News, Kommerz und Hassbotschaften umzugehen – und stärkt so die Demokratie. Doch dafür müssen die Beschäftigten in der Erwachsenenbildung qualifiziert werden und es braucht nachhaltige Strukturen, so lautete ein Fazit einer gemeinsamen Tagung von GEW und Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb) am 3. Juni 2023 in Frankfurt am Main.

Einig waren sich die Teilnehmenden, dass sich prekäre Arbeitsbedingungen, Projektförderungen und befristete Verträge damit nicht vereinbaren lassen. „Wir müssen lauter werden“, fasste GEW-Vorstandsmitglied Ralf Becker, zuständig für Weiterbildung, die Diskussion zusammen. Um ihren Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen, müssten sich Gewerkschaft, Träger und Verbände zusammenzuschließen.

„Wie kommen wir an die Menschen ran, die der Demokratie den Rücken zugekehrt haben? (Ralf Becker)

Die Konferenz mit dem Titel „Demokratie stärken durch politische Medienbildung“ richtete sich an Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der Erwachsenenbildung und rückte unter anderem die Frage in den Fokus, mit welchen Angeboten die Menschen am besten erreicht werden. „Wie kommen wir an die Menschen ran, die der Demokratie den Rücken zugekehrt haben?“, fragte Gewerkschafter Becker. Da gelte es, neue Wege zu finden. Die Tagung machte deutlich, dass es an Ideen nicht mangelt. Was fehlt ist Geld, für Weiterbildung und Dauerstellen. „Wir brauchen einen Fördertopf für die Weiterbildung“, forderte Michael Kempmann vom Deutschen Volkshochschul-Verband (DVV).

Medienbildung für Demokratie wichtig

In seinem Impulsvortrag machte Guido Bröckling vom jff – Institut für Medienpädagogik klar, warum Medienbildung für die Demokratie so wichtig ist. „Es geht um Souveränität“, stellte Bröckling fest. Darum, Entscheidungen treffen zu können und die eigene Mündigkeit zu behaupten. Doch das setze voraus, sich mit der digitalisierten Welt intensiv auseinanderzusetzen. Dafür gebe es in der Erwachsenenbildung wenig Raum. Die Angebote zielten meist vor allem auf technische, berufsqualifizierende Kompetenzen. Fragen nach Datensicherheit, der Macht von Konzernen, Verschwörungstheorien oder Hass im Netz kämen viel zu kurz, kritisierte der Medienpädagoge. Pädagoginnen und -pädagogen müssten diese Aspekte bei ihrer Arbeit stets mitdenken. Doch dafür müssten sie qualifiziert werden. „Das ist die Lösung.“

Der Medienpädagoge Horst Niesyto kritisierte in seinem Vortrag den derzeitigen „Digitalisierungshype“ und machte sich für eine umfassende Medienbildung stark. Er forderte ein Studienangebot zur Grundbildung Medien für alle pädagogischen Fachkräfte an Hochschulen.

Honorarkräfte besser bezahlen

Bei der Podiumsdiskussion betonte die Geschäftsführerin des Bildungsträgers „Arbeit und Leben“, Barbara Menke, wie wichtig es ist, die Menschen in den Landkreisen, Stadtteilen und Betrieben aufzusuchen. „Es gilt, überall, wo wir schon sind, die Demokratie zu stärken.“ Zugleich komme es darauf an, über die analogen Angebote hinaus viel mehr Präsenz im Netz zu zeigen. Das Internet sei für junge Menschen eine wichtige Lebenswelt, die nicht „anderen“ überlassen werden dürfe. „Wir müssen sichtbar werden im Netz mit unserer Haltung“, sagte Menke.

Nach Überzeugung von Kempmann vom Deutschen Volkshochschul-Verband kommt auch den Kursleitungen von VHS-Seminaren eine wichtige Rolle zu: Statistiken zeigten, dass die meisten Menschen in den Kursen vor allem sehr konkrete Kompetenzen wie Excel lernen wollten. Die Kursleitungen sollten aber nicht nur erklären, wie ein Computerprogramm funktioniert, sondern gleichzeitig Medienkompetenz vermitteln. Dafür müssten sie qualifiziert werden. „Aber wie kommen Kursleitungen dahin?“ Viele seien nebenberuflich in der VHS tätig, ohne pädagogisches Studium. Als Honorarkräfte erhielten sie 25 Euro für 45 Minuten. Seine Forderung: Weiterbildung muss vergütet werden. „Kursleitende, die ordentliche Dinge anbieten sollen“, betonte Kempmann, „muss man ordentlich bezahlen.“