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Viel Zustimmung aus der Wissenschaft

Viel Zustimmung zum Gesetzentwurf der GEW für die Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes gab es von den insgesamt acht wissenschaftspolitischen Organisationen, die die GEW zum Follow-up-Kongress eingeladen hatte. Wir haben die Stellungnahmen zusammengefasst.

Bernd Bibra von der Arbeitsgemeinschaft der Betriebs- und Personalräte an außeruniversitären Forschungseinrichtungen (AGBR) unterstützte den GEW-Vorschlag ebenso wie die Vorsitzende des Promovierenden-Netzwerks THESIS, Anna Tschaut, und das Vorstandsmitglied der Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (BuKoF), Anneliese Niehoff.

Dem Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft Juniorprofessur (DGJ), Remigius Bunia, und dem Vorstandsmitglied des freien zusammenschlusses von studentInnenschaften (fzs), Sandro Philippi, ging der GEW-Vorschlag in einigen Punkten sogar nicht weit genug. Bunia begrüßt den Vorschlag der GEW, Zeitverträge im Postdoc-Bereich mit berechenbaren Perspektiven über einen Tenure Track zu verbinden, vermisste aber entsprechende Vorgaben für Drittmittelstellen. Philippi wünschte sich eine noch weitergehende Ausgestaltung der familienpolitischen Komponente des Gesetzes.

Kritischer fielen die Bewertungen von Christiane Neumann (Generalsekretärin der Leibniz-Gemeinschaft), Henning Rockmann (Hochschulrektorenkonferenz – HRK) und Harald von Kalm (Stellvertretender Generalsekretär der Deutschen Forschungsgemeinschaft) aus. Alle drei teilten zwar die Kritik der GEW am Ausmaß der Zeitverträge und deren Kurzfristigkeit, sie unterstrichen auch den Handlungsbedarf, kritisierten aber den GEW-Gesetzentwurf als zu detailliert. Sie betonten die Eigenverantwortung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen und verwiesen etwa auf die „Leitlinien für die Arbeitsbedingungen und die Karriereförderung“ der Leibniz-Gemeinschaft bzw. die „Leitlinien für befristete Beschäftigungsverhältnisse“ und den „Orientierungsrahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses“ der HRK.

Die Statements im Überblick:

Bernd Bibra: Arbeitsgemeinschaft der Betriebs- und Personalräte an außeruniversitären Forschungseinrichtungen (AGBR): "Wir stehen voll hinter den einzelnen Forderungen der GEW und würden uns freuen, wenn der Druck, den wir hier gemeinsam aufbauen, auch zu einer Umsetzung führt. Ein ganz zentraler Punkt für uns Betriebs- und Personalräte an außeruniversitären Forschungseinrichtungen ist die Aufhebung der Tarifsperre, damit wir endlich Tarifverträge aushandeln können. Für uns ist wichtig, dass wir die Möglichkeit haben, unsere Zuwendungsgeber dahin zu kriegen, dass getroffene Vereinbarungen auch umgesetzt werden und nicht nur Papiertiger bleiben."

Anna Tschaut: Vorsitzende des Promovierenden-Netzwerks THESIS:
„Eine Gesetzesänderung wird nur dann zu einer Verbesserung führen, wenn wir sicherstellen, dass dem wissenschaftlichen Nachwuchs Vertragslaufzeiten zugestanden werden, die ohne Unterbrechung über die gesamte Qualifizierungsphase reichen. Es kann doch schließlich nicht das Ziel sein, dass Promotionen – wie es inzwischen immer häufiger der Fall ist – statt im Rahmen einer Anstellung mit Hilfe von Arbeitslosengeld fertiggestellt werden. Für die Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes bedeutet das, dass aus unserer Perspektive für befristet angestellte Promovierende eine Mindestvertragslaufzeit von drei Jahren - wie von der GEW vorgeschlagen – dringend notwendig ist. Den von der GEW vorgebrachten Vorschlag, einen Anteil von mindestens 50% der Arbeitszeit für die Qualifikationsarbeit vertraglich zuzusichern, begrüßen wir ebenso."

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Anneliese Niehoff, Vorstandsmitglied der Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (BuKoF):"Die Richtung des Entwurfs untersützen wir sehr - viele unsere Forderungen sind aufgenommen. Aus unserer Sicht müsste die Analyse der GEW noch deutlicher den Zusammenhang zwischen dem auf Wettbewerb ausgelegten System und Diskriminierungs-Effekten u.a. auf Grund des Geschlechts herstellen. Hier hätte ich mir eine deutlichere Argumentation gewünscht. Gerade die informellen, ungeregelten Bereiche im Wissenschaftssystem machen es für viele Frauen schwer. Gut finden wir die GEW-Forderung zur familienpolitischen Komponente. Da bin ich sehr gespannt, was die Gesetzgeber damit machen. Wenn das Gesetz da eine andere Grundlage schafft, wäre das sehr hilfreich."

Remigius Bunia, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft Juniorprofessur (DGJ):
„Wir finden, dass sich zu viel der Kritik am WissZeitVG aufhängt.. Das WissZeitVG verpflichtet nicht zur Befristung, sondern die Strukturen, die wir an den Hochschulen haben, führen zur Befristung. Die Personalstrukturen müssen grundsätzlich verändert werden – das ist wesentlich wichtiger. Trotzdem teile ich sehr viele gemeinsame Ziele mit denen der GEW. Besonders gut finde ich die Idee, zu sagen, dass die Befristung entfällt, wenn das Qualifizierungsziel erreicht ist. Viele der Formilierungen im Entwurf sind mir aber wiederum zu weich; insbesondere den Begriff der Qualifizierung, unter dem man prinzipiell fast jede Tätigkeit verstehen kann. Da müssen wir konkreter werden. Außerdem sehe ich die Forderung der GEW kritisch, Daueraufgaben nur mit Dauerstellen zu besetzen. Ich kenne keinen einzigen Wissenschaftler, der nicht auch Daueraufgaben übernimmt. Hier zu sagen, es gebe eine scharfe Trennung zwischen Dauer, Projekt und Qualifizierungsaufgaben führt an der Realität vorbei."

Sandro Philippi, Vorstandsmitglied des freien zusammenschlusses von studentInnenschaften (fzs):
„Wir möchten den Vorstoß, am Arbeitsrecht anzusetzen, ausdrücklich loben. Aus der studentischen Perspektive trifft es die GEW auf den Punkt. Die Qualität der Lehre leidet unglaublich unter der Befristungspraxis an den Hochschulen. Zum Beispiel, wenn Dozenten plötzlich verschwinden, weil ihr Vertrag ausgelaufen ist, oder sie keine Zeit haben, sich auf ihren Lehrauftrag vorzubereiten. Vor dem Hintergrund, dass sich hinter dem Begriff Qualifikation viele Tätigkeiten verstecken könnten, sollten wir darüber nachdenken, ob im Arbeitsvertrag nicht noch mehr als die von der GEW geforderten 50% der Arbeitszeit freigehalten werden sollten. Ich bin mir außerdem ziemlich sicher, dass wir auch bei der Laufzeit der Verträge noch etwas höher ansetzen sollten als die GEW das bisher macht. Alles in allem bewerten wir die Forderungen aber sehr positiv."

Christiane Neumann, Generalsekretärin der Leibniz-Gemeinschaft:
„Bei uns herrscht weitgehende Einigkeit in der Diagnose des Problems, aber wir haben unterschiedliche Therapieansätze. Grundsätzlich ist die Initative der GEW unbedingt zu begrüßen. Aber Gesetzesänderungen schaffen keinen Bewusstseinswandel in der Wissenschaft. Einfach nur ins Gesetz reinzuschreiben, dass die Arbeitszeit nur der Qualifikation dienen darf, klärt im Grunde noch nichts. Denn wir haben nicht geklärt, was Qualifikation überhaupt ist. Die Verengung auf das Arbeitsrecht ist aus meiner Sicht ein Problem, denn unser eigentliches Problem liegt im System. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf befürchte ich eine Verschlimmbesserung, weil das Gestz so nicht handhabbar ist. Die Transparenz könnte damit sogar noch zurückgehen."

Henning Rockmann, Hochschulrektorenkonferenz (HRK):
„Für die Hochschulen ist wichtig, dass Transparenz und Planbarkeit gewährleistet wird. Ich möchte juristisch in Zweifel ziehen, dass ein Bundesgesetz Betreuungsvereinbarungen an den Hochschulen vorschreiben kann. Je detailierter man per Gesetz regelt, desto weniger kann vor Ort indiviudell gestaltet werden. Aus unserer Sicht ist das Hauptproblem nicht die Neufassung des WIssZEitVG. Viel wichtiger ist, dass in den Hochschulen endlich zusätzliche Dauerstellen geschaffen werden. Nicht über ein Bundesprogramm, sondern dauerhaft muss mehr Geld in die Hochschulen fließen. Hier verfolgen wir das gleiche Ziel wie die GEW."

Harald von Kalm, Stellvertretender Generalsekretär der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG):
„Aus Sicht der DFG gehen viele Überlegungen dieses Gesetzentwurfs in die richtige Richtung, schießen aber deutlich über das Ziel hinaus. Der Versuch, die Probleme über das Gesetz zu lösen, ist der falsche Weg. Mit der arbeitsrechtlichen Brechstange zerstören Sie mehr als sie zu Recht erreichen wollen, und das mit gefährlichen Folgen. Wir halten Zielvereinbarungen zwischen Hochschulen und den Ländern für das bessere Werkzeug. Wirklich Sorge macht mir, dass der Entwurf, so wie er derzeit formuliert ist, zur Folge hätte, dass die Lehre komplett aus dem Qualiizierungsbereich herausgenommen wird. Dabei sind Lehrerfahrungen integraler Bestandteil der wissenschaftlichen Qualifikation. Und wenn Sie die Befristungsdauer nach oben setzen, wird die Folge sein, dass es weniger Stellen geben wird als notwendig. Auch Ihre Forderung nach Tenure Track wird dazu führen, dass es kaum mehr PostDocs geben wird. Das würde ein drastisches Zurückfahren der Forschngsaktivitäten in Deutschland bedeuten, das wir uns nicht leisten können."

Fotos: Kay Herschelmann

 

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