Länder des Südens
UNESCO kritisiert hohe Schulgebühren
Der UNESCO-Weltbildungsbericht 2021/22 fordert stärkere staatliche Aufsicht über private Bildungsanbieter. Andernfalls werde Chancengleichheit weiter untergraben.
33 Prozent aller Länder weltweit kontrollieren nicht die Höhe der Schulgelder privater Bildungsanbieter. 73 Prozent aller Länder verbieten Privatschulen nicht, Profit zu machen. „In Subsahara-Afrika, in Städten wie Lagos oder Kampala, sehen wir, dass sich Privatschulen gar nicht erst registrieren lassen.“ Darauf verwies Manos Antoninis von der UNESCO bei der Präsentation des UNESCO-Weltbildungsberichtes 2021/22 in Deutschland.
Der Bericht trägt den Titel „Die Rolle nicht-staatlicher Akteure in der Bildung“. Er wird alle zwei Jahre publiziert und beleuchtet, welche Fortschritte es beim Erreichen von Ziel 4 der „Sustainable Development Goals“ (SDG) der UN gibt. Ziel 4 soll sicherstellen, dass bis 2030 für alle Menschen inklusive, gleichberechtige und hochwertige Bildung gewährleistet ist sowie Möglichkeiten lebenslangen Lernens gefördert werden.
Privatschulen nicht besser als öffentliche
Antoninis berichtete im Rahmen der Online-Veranstaltung: Für viele Familien ist der Schulbesuch ihrer Kinder weiterhin mit erheblichen Kosten verbunden. „Acht Prozent der Haushalte weltweit nehmen Kredite auf, um Bildung bezahlen zu können.“ Dieser Anteil steige auf bis zu 30 Prozent in Ländern, wo das öffentliche Bildungswesen sehr schwach sei, „etwa in Haiti, Kenia, den Philippinen und Uganda“.
Nicht-staatliche Schulen verfolgten unterschiedliche Ziele. Einigen ginge es um Profit, bei anderen stünde die religiöse Ausrichtung oder eine besondere Pädagogik im Vordergrund. In 171 von 204 Ländern erhielten nicht-staatliche Schulen öffentliche Fördermittel. Es sei jedoch ein Mythos, unterstrich Antoninis, dass private Schulen besser seien als öffentliche. Es müsse berücksichtigt werden, dass Privatschulen oftmals eine ausgewählte Schülerschaft unterrichteten und mehr Ressourcen hätten als öffentliche Schulen. „Wenn man diese Faktoren einrechnet, dann reduziert sich der Unterschied“, erklärte der Direktor des UNESCO-Weltbildungsberichts.
Anstatt Privatschulen zu gründen, sollte private Akteure in den ärmeren Länder das heimische Bildungswesen auf andere Weise unterstützen: „Steuern zahlen. Steuern gehen durch Steuerbetrug und Steuerhinterziehung verloren in Entwicklungsländern.“
Hausarbeit statt Schulbesuch
Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, erklärte im Rahmen der Präsentation: Die Bilanz mit Blick auf Ziel 4 der SDG sei „ernüchternd“. Auch wegen den Folgen der Covid-19-Pandemie. „In manchen Ländern waren die Schulen zwei Jahre lang geschlossen.“ Anschließend seien viele Schülerinnen und Schüler nicht zum Unterricht zurückgekommen.
Niels Annen aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erläuterte: Mädchen in ärmeren Familien des Südens hätten weiterhin weniger Bildungschancen als Jungen. „Sie müssen häufig arbeiten, sie müssen im Haushalt helfen oder sie werden früh verheiratet.“
Empfehlungen der UNESCO
Und welche Empfehlungen formuliert der UNESCO-Weltbildungsbericht? Länder sollten ihre Bemühungen intensivieren, ein Jahr Vorschule und zwölf Jahre Schulbildung kostenlos anzubieten. Sie sollten darauf achten, dass die Regulierungsvorschriften für das Bildungswesen praktikabel und einfach formuliert seien – komplexe Vorschriften würden Korruption begünstigen, warnte Manos Antoninis. Die Regierungen hätten darauf zu achten, dass alle Stimmen gleichermaßen Gehör finden, so Antoninis. „Die Bildungspolitik muss transparent und gegen Lobbyismus geschützt sein, sie darf nicht missbraucht werden.“