(Un)faires Spielzeug
Traurige Barbie
Die meisten Spielzeuge, die hierzulande verkauft werden, wurden in Asien hergestellt – unter teils schlimmen Arbeitsbedingungen. Darauf können vor Weihnachten Lehrkräfte aufmerksam machen.
Zwischen 167 und 195 Euro pro Monat – mehr verdienen die Arbeiterinnen und Arbeiter in vietnamesischen Spielzeugfabriken auch bei einer Sechs-Tage-Woche nicht. Ohne Überstunden, oft bis zu 110 im Monat, schaffen es viele nicht, ihre Familien über die Runden zu bringen.
Nicht viel besser ist die Lage für die Fabrikarbeitenden in China, dem Spielzeug-Produktionsland Nr. 1. Dort sind die Löhne in den zurückliegenden Jahren zwar gestiegen – „doch auch in China zahlen Mattel, Hasbro, Lego, Disney & Co. den Menschen nicht so viel, dass es zum Leben reicht“, sagt Anna Backmann von der Nichtregierungsorganisation (NGO) Christliche Initiative Romero, kurz CIR.
Fokus auf Vietnam
Jedes Jahr fasst CIR in ihrem Toys Report die Missstände zusammen, auf die Rechercheure sowie lokale Gewerkschaftsaktivistinnen und -aktivisten in Spielzeugfabriken gestoßen sind. Im soeben erschienenen Bericht liegt der Fokus auf Vietnam. „In dieses Land wandern derzeit viele Marken ab, hier können sie noch billiger als in China produzieren, hier wird die Einhaltung der Arbeitsrechte noch laxer kontrolliert“, so Backmann.
Der Toys Report 2023 zeigt: Seit dem ersten Bericht 2017 haben sich die Arbeitsbedingungen in den Fabriken verschlechtert. „Trotz unserer Enthüllungen und Forderungen stoßen wir immer wieder auf die gleichen Missstände“, sagt Backmann. Noch immer werden die Menschen massiv unterbezahlt, Schwangere oder Saisonarbeiterinnen und -arbeiter diskriminiert, Männer und Frauen giftigen Chemikalien ausgesetzt, weil sie mit Farbverdünner oder Lösungsmitteln hantieren müssen. Schutzkleidung verteilen die Fabrikbosse oft nur vor Audits und Inspektionen. Wer gegen diese Praktiken etwa in China protestiere oder Rechtsverstöße anprangere, dem droht Kündigung oder Haft, sagt der Gewerkschaftsaktivist Li Qiang, Gründer von China Labour Watch.
Kontrollen sind selten – und angekündigt
Gleichzeitig verkündet die Branche steigende Umsätze. „Leider sind die wenigsten Unternehmen bereit, alles dafür zu tun, um Risiken in der Produktion auszuschließen“, kritisiert Backmann. Oft ist das Gegenteil der Fall: Viele Marken üben über Lieferfristen und Abnahmepreise einen so großen Druck auf die Fabriken aus, dass diese die Arbeitsbedingungen häufig gar nicht verbessern können. Trotzdem werben Hersteller und Handel mit sozial nachhaltigen Zertifizierungen und Siegeln wie der Business Social Compliance Initiative (BSCI) oder dem Ethical Toy Program (ETP) des Weltspielwarenverbandes. Doch solche meist freiwilligen und brancheninternen Sozialaudits seien wenig glaubhaft, kritisiert CIR: Die Kontrollen fänden zu selten statt – und würden meist angekündigt.
Eltern sowie Kita-Erzieherinnen und -Erzieher können sich beim Kauf von Spielzeug dennoch an ein paar verlässlichen Gütezeichen orientieren. Sie können fair Erzeugtes im Weltladen oder Second Hand kaufen. Oder auf das neue Fair-Toys-Siegel achten, das die Fair Toys Organisation vergibt. In dieser arbeiten Zivilgesellschaft und einige Mitgliedsfirmen gemeinsam an besseren Arbeitsbedingungen in den Fabriken; darunter Fischertechnik, Heunec, Plasticant Mobilo, Haba, Sigikid und Zapf. „Auch diese Unternehmen können keine einwandfreie und sozial saubere Lieferkette garantieren, aber sie legen offen, wo sie produzieren, und sie lassen ihre Lieferketten transparent überprüfen“, sagt Backmann. „Leider beteiligen sich daran bislang nur 16 der 630 Spielwarenunternehmen, die es in Deutschland gibt.“