Tarifrunde Länder 2023
Tausende Streikende erhöhen den Druck auf die Arbeitgeber
Angesichts der Blockadehaltung der Länder in der laufenden Tarifrunde wird der Ärger der Beschäftigten immer größer - was sich eindrucksvoll auf der Straße zeigt: Allein in Berlin demonstrierten 10.000 Menschen.
Nach zwei ergebnislosen Verhandlungsrunden treibt der Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst der Länder immer mehr Beschäftigte auf die Straßen. In Berlin folgten am Mittwoch rund 10.000 Menschen dem Warnstreikaufruf der Gewerkschaften ver.di, GEW, GdP und IG BAU und legten den öffentlichen Dienst der Hauptstadt nahezu lahm. Bestreikt wurden Senatsverwaltungen und Bezirksämter, Kitas, Schulen und Hochschulen, die Polizeidienststellen, die Feuerwehr und die forstwirtschaftlichen Betriebe des Landes Berlin. Den Streik begleitete eine gemeinsame Demonstration der Gewerkschaften vom Wittenbergplatz bis zum Platz des 18. März.
„Das Land Berlin muss angesichts des Fachkräftemangels und der Inflation dringend attraktiver werden. Andernfalls werden künftig noch mehr Stellen unbesetzt bleiben.“ (Martina Regulin)
„Die Berliner Beschäftigten vergleichen sich zu Recht mit ihren Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen, wo gleiche Berufsgruppen besser bezahlt werden und unter besseren Bedingungen arbeiten. Das Land Berlin muss angesichts des Fachkräftemangels und der Inflation dringend attraktiver werden. Andernfalls werden künftig noch mehr Stellen unbesetzt bleiben“, sagte Martina Regulin, Vorsitzende der GEW Berlin, bei der Abschlusskundgebung.
Hochschulen im Ausstand
Bereits am Montag hatten in Berlin rund 1.500 unter den TV-L fallende Mitglieder der Berliner Hochschulen (außer HTW) ihre Arbeit niedergelegt und sich zur zentralen Streikkundgebung vor der Humboldt-Universität versammelt.
„Wir sind bei dieser Tarifrunde so viele Hochschulbeschäftigte auf der Straße wie nie zuvor!“ (Martina Regulin)
„Wir sind bei dieser Tarifrunde so viele Hochschulbeschäftigte auf der Straße wie nie zuvor!“, betonte Regulin. „Über alle Beschäftigtengruppen hinweg sind wir uns einig, dass wir kräftigte Lohnerhöhungen verdient haben. Weiterhin ist es dringend notwendig, dass das Bafög erhöht wird, um Studierende aus der Armut zu holen, dass Forschung und Lehre ausfinanziert werden müssen und dass das Wissenschaftszeitvertragsgesetz von Grund auf reformiert gehört.“
„Die übliche Taktik der Arbeitgeber, die Beschäftigten und Statusgruppen in ihren berechtigten Forderungen gegeneinander auszuspielen, geht endlich nicht mehr auf.“ (Laura Haßler)
Laura Haßler, Leiterin des Vorstandsbereichs Hochschulen und Lehrer*innenbildung der GEW Berlin, fügte hinzu: „Die übliche Taktik der Arbeitgeber, die Beschäftigten und Statusgruppen in ihren berechtigten Forderungen gegeneinander auszuspielen, geht endlich nicht mehr auf. Wir sind heute hier – Studierende und Wissenschaftliche Mitarbeitende, studentische Beschäftigte und Verwaltungsmitarbeiter*innen, Sekretär*innen und Mitarbeiter*innen aus Service und Technik – Seite an Seite und wir antworten mit Solidarität.“
In der Tarifrunde für den im öffentlichen Dienst der Länder fordern die Gewerkschaften kräftige Gehaltserhöhungen für die Beschäftigten:
- 10,5 Prozent mehr Gehalt – mindestens 500 €
- 200 € monatlich mehr für alle in Ausbildung
- Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TV Stud)
10,5 Prozent sind nötig, weil die Lebenshaltungskosten stark angestiegen sind. 10,5 Prozent sind sinnvoll, weil die Lohnpolitik der Krise nicht hinterher sparen darf und der öffentliche Dienst ein Vorbild sein muss! Gerade der dramatische Lehr- und Fachkräftemangel an den Schulen bringt viele Pädagog*innen ans Limit. Da muss dann zumindest das Gehalt stimmen – auch und gerade um viel mehr junge Menschen für den Lehrberuf zu gewinnen!
Warnstreiks in Sachsen
Auch in Sachsen erhöhten die Beschäftigten den Druck auf die Arbeitgeberseite. Dem Streikaufruf an Schulen in Westsachsen folgten am Dienstag 1.500 Lehrkräfte, Schulassistentinnen und -assistenten sowie Pädagogische Fachkräfte im Unterricht.
„Neben 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens jedoch 500 Euro, fordern wir die Fortsetzung der Verhandlungen zur Eingruppierung von Lehrkräften und Verbesserungen im Sozial- und Erziehungsdienst der Länder.“ (Burkhard Naumann)
Burkhard Naumann, Landesvorsitzender der Bildungsgewerkschaft GEW in Sachsen, sagte bei der Kundgebung auf dem Theaterplatz in Chemnitz: „Der Warnstreik heute zeigt, dass Lehrkräfte an Schulen bereit sind, für die Forderungen in der Tarifrunde zu streiken. Neben 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens jedoch 500 Euro, fordern wir die Fortsetzung der Verhandlungen zur Eingruppierung von Lehrkräften und Verbesserungen im Sozial- und Erziehungsdienst der Länder. Dies betrifft insbesondere Schulassistent*innen, Pädagogische Fachkräfte im Unterricht und sonderpädagogische Fachkräfte an Förderschulen.“
Am kommenden Dienstag werden die Protestaktionen fortgesetzt. Dann sind angestellte Lehrkräfte an allen öffentlichen Schulen in Sachsen zum Streik aufgerufen. Hinzu kommen die Landesbeschäftigten sowie studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte an Hochschulen und Universitäten. Die zentrale Streikkundgebung findet in Leipzig statt.
Landesweit Aktionen in NRW
In Nordrhein-Westfalen waren in den vergangenen Tagen Beschäftigte aus dem Regierungsbezirk Münster, Arnsberg, Köln, Düsseldorf und Detmold aufgerufen. Rund 200 Beschäftigte im Wirkungsbereich des TV-L sowie alle studentischen Beschäftigten versammelten sich am Dienstag in Gelsenkirchen zur Kundgebung auf dem Heinrich-König-Platz. An den Warnstreiks an den Hochschulen am Monag hatten sich landesweit rund 2.000 Personen beteiligt.
„Dass so viele Beschäftigte auf der Straße sind, um das einzufordern, was sie verdienen, zeigt, wie entschlossen sie in ihrer Forderung nach einer anständigen Bezahlung sind!“ (Ayla Çelik)
Ayla Çelik, Vorsitzende der GEW NRW, betonte: „Dass so viele Beschäftigte auf der Straße sind, um das einzufordern, was sie verdienen, zeigt, wie entschlossen sie in ihrer Forderung nach einer anständigen Bezahlung sind! Die Arbeitgeber tun gut daran, sich endlich zu bewegen und auf die Beschäftigten zuzugehen. Denn nur so wird der Öffentliche Dienst attraktiv – und ein attraktiver Öffentlicher Dienst bedeutet Nachwuchs, den wir dringend benötigen!“
Am Mittwoch und Donnerstag trafen sich die Streikenden in Köln, Wuppertal und Wuppertal. An der Kundgebung auf dem Hans-Böckler-Platz in Köln beteiligten sich 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Wirkungsbereich des TV-L sowie studentische Beschäftigte.
„Eine angemessene Bezahlung ist der erste Schritt hin zur Verbesserung der Rahmenbedingungen.“ (Ayla Çelik)
Bei ihrer Rede betonte Ayla Çelik, Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW NRW: „Es wird Zeit, die Blockadehaltung aufzugeben, nicht nur von Wertschätzung zu reden, sondern ein akzeptables Angebot auf den Tisch zu legen. Eine angemessene Bezahlung ist der erste Schritt hin zur Verbesserung der Rahmenbedingungen. Fürsorgepflicht ist, auch für gute Gehälter zu sorgen“, forderte Çelik.
Drei Verhandlungsrunden
Für die Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder sind insgesamt drei Verhandlungsrunden geplant. Der Verhandlungsauftakt fand am 26. Oktober in Berlin statt, die zweite Runde am 2. und 3. November in Potsdam und die dritte und voraussichtlich letzte Runde ist vom 7. bis 9. Dezember 2023 geplant.
Bei der Länder-Tarifrunde geht es um rund 2,5 Millionen Beschäftigte bei den Bundesländern. Die GEW vertritt dabei vor allem Lehrkräfte, Pädagogische Fachkräfte in Kitas, Horten und im Ganztag, Schulsozialarbeiter*innen sowie Beschäftigte in den Heimsonderschulen und Personal an Hochschulen. Ver.di hat die Verhandlungsführerschaft für die Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).