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„Frauen gehen in Führung“

Sechs Thesen für mehr Geschlechterdemokratie

Um für junge Menschen attraktiv zu bleiben, muss die GEW auch eine geschlechtergerechte Gewerkschaft sein.

Die GEW-Vorsitzende Maike Finnern hat bei der Fachtagung FrauenStärken in Erfurt sechs Thesen als Diskussionsgrundlage für mehr Geschlechterdemokratie in der Gewerkschaft vorgestellt. Das per Gewerkschaftstagsbeschluss verabschiedete Gleichstellungsprojekt bedeute „starke Veränderungen in der GEW“, sagte Finnern bei der Konferenz „Frauen gehen in Führung – Verantwortung und Macht in Bildungseinrichtungen und in der GEW“. „Es wird Widerstände geben, da dürfen wir uns nichts vormachen.“

Eine Initiative wie das Gleichstellungsprojekt sei indes erforderlich, nicht nur weil die Bilanz der Mitgliederentwicklung in der GEW in 2021 voraussichtlich negativ sein werde. Schwerpunkt der kommenden Jahre müsse sein, insbesondere junge Menschen anzusprechen. Um für diese Zielgruppe attraktiv zu bleiben, müsse die GEW auch eine geschlechtergerechte Gewerkschaft sein.

In den Thesen der Gewerkschaftschefin ging es um Frauenförderung und Mentoring, Möglichkeiten zur temporären Projektarbeit außerhalb von Satzungsgremien, das Teilen von Führungsverantwortung, mehr Quoten und eine Amtszeitbegrenzung auf zwei Perioden.

Strittige Punkte

Einzelne Ideen für eine Veränderung finden nicht nur Beifall, sondern bergen auch Zündstoff. So gab es Einwände wie „ich brauche keine Förderung, ich brauche die gleichen Rechte“.

Beim Stichwort Projektarbeit etwa war strittig, ob gute Gewerkschaftsarbeit nicht längerfristige Verbindlichkeit erfordere. Diskutiert wurden auch der Abspracheaufwand in Leitungsteams, wie viel Quote für wen nötig sei, und ob mehr Fluktuation nicht auch Erfahrungsverlust bedeute. Viel Zustimmung fand das Thema Mentoring.

Beim Gewerkschaftstag im Juni hatte die GEW unter dem Titel „Gleichstellung in der GEW stärken und umsetzen!“ vereinbart, die Einrichtung einer Arbeitsgruppe (AG) zu diesem Thema zu prüfen. Diese AG soll Vorschläge für Änderungen der GEW-Satzung und gegebenenfalls der Wahlordnung erarbeiten.

Finnern mahnte an, sich ausreichend Zeit für innergewerkschaftliche Diskussionen zu nehmen, um zu umsetzungsfähigen und in der Organisation akzeptierten Ergebnissen zu kommen.

Auf der Agenda der dreitägigen Veranstaltung standen zudem die unbezahlte Sorgearbeit von Frauen, anhaltende Unterschiede von Frauen und Männern bei der Erwerbsbeteiligung, der Teilzeitbeschäftigung und der Elternzeit. In verschiedenen Werkstätten wurde beraten, wie Karrierehemmnisse und Diskriminierungen abgebaut werden könnten.

GEW-Vorstandsmitglied Frauke Gützkow skizzierte weitere Ziele des Arbeitsbereiches Frauen-, Gleichstellungs-, Geschlechterpolitik. Mit Blick auf die Arbeit der künftigen Bundesregierung sagte sie, die GEW habe den Parteien ihre Forderungen – darunter ein Entgeltgleichheitsgesetz, die Weiterentwicklung des Elterngeldgesetzes und der bedarfsgerechte Ausbau der Kinderbildung und -betreuung – übermittelt.

Mein Ziel ist es, dass sich mehr frauen- und gleichstellungspolitisch erfahrene Kolleginnen in die Arbeit der Tarifkommissionen der GEW-Landesverbände einbringen.“ (Frauke Gützkow)

Gützkow appellierte an alle Kolleginnen, auch die Tarifpolitik als ihr Thema zu sehen: „Mein Ziel ist es, dass sich mehr frauen- und gleichstellungspolitisch erfahrene Kolleginnen in die Arbeit der Tarifkommissionen der GEW-Landesverbände einbringen. Denn dort werden die Tarifforderungen entwickelt und dort entscheidet sich, welche Rolle gleichstellungspolitische Aspekte spielen.“

Frauenpolitik müsse als Querschnittsaufgabe betrieben und mit den anderen Anliegen der GEW verschränkt werden. „Frauenpolitische Forderungen brauchen die Solidarität der Gesamtorganisation, ob das nun die Anhebung der Bezahlung der Grundschullehrkräfte oder die tarifpolitische Forderung der stufengleichen Höhergruppierung ist.“ Feministische Sichtweisen müssten auch in die Arbeitszeitdebatten der GEW hineintragen werden und dazu beitragen, dass die unbezahlte Sorgearbeit in den Fokus komme. „Gewerkschaftliche Zeitpolitik muss das ganze Leben in den Blick nehmen, nicht nur die Erwerbsarbeitszeit.“

In der Tarifrunde öffentlicher Dienst der Länder fordern die Gewerkschaften 5 Prozent, mindestens jedoch 150 Euro mehr Gehalt für die Beschäftigten. Dazu zählen bei der GEW vor allem die angestellten Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen in Deutschland, aber auch die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst sowie an den Hochschulen.

Außerdem soll es 100 Euro monatlich mehr für alle in Ausbildung geben. Die GEW setzt sich weiter für die vollständige Paralleltabelle ein, die eine bessere Eingruppierung für viele angestellte Lehrerinnen und Lehrer unterhalb der Entgeltgruppe 13 und damit mehr Gehalt bringen würde. Zudem fordert die GEW, dass Verhandlungen für einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte aufgenommen werden.

Die TV-L Tarifrunde 2021 gilt als eine der schwierigsten der vergangenen 20 Jahre. Die öffentlichen Arbeitgeber geben sich bisher wenig verhandlungsbereit und verweisen unter anderem auf die Kosten der Coronapandemie. Die Gewerkschaften betonen die hohen Belastungen der Beschäftigten in dieser Zeit und wollen einen fairen Ausgleich.

Drei Verhandlungsrunden

Die erste Verhandlungsrunde zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften findet am 8. Oktober in Berlin statt, die zweite und dritte Runde sind für den 1./2. November und den 27./28. November jeweils in Potsdam geplant.

Die Forderung der Gewerkschaften bezieht sich auf eine Laufzeit des Tarifvertrags von einem Jahr.

In der Tarifrunde 2021 für den öffentlichen Dienst der Länder geht es um Gehaltserhöhungen für rund zwei Millionen Beschäftigte. Ver.di hat gegenüber der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) die Verhandlungsführerschaft für die DGB-Gewerkschaften GEW, GdP und IG BAU sowie die dbb tarifunion.