Selbstbewusste Frauen
Nur die beiden Schulleiterinnen Hilwa Salem Arrar und Sahar Abdelminim al-Qawasmi waren vorher schon einmal in Deutschland. Für die anderen vier palästinensischen Frauen – Lehrerinnen, Sozialarbeiterinnen und Beschäftigte der palästinensischen Schulaufsicht -, die Deutschland auf Einladung der GEW und der Friedrich-Ebert-Stiftung für eine Woche besuchten, war es die erste Reise nach Europa. Die sechs Frauen sind alle aktiv im Frauenkomitee der palästinensischen Lehrergewerkschaft GUPT. Sie setzen sich dafür ein, dass Frauen mehr Verantwortung in ihrer Gewerkschaft übernehmen. Bildung, Gewerkschaften und Frauen waren daher die Themen, die im Mittelpunkt des Besuchs der Palästinenserinnen standen. Dazu hatten sie viele Fragen und gleichzeitig auch einiges aus ihrem Land zu berichten.
Vier Wochen Streik für bessere Bezahlung
So werden Lehrkräfte an palästinensischen Schulen mit einem Einstiegsgehalt von 500 $ deutlich schlechter bezahlt als in Deutschland. Zum Alltag der Palästinenserinnen gehören auch überfüllte Klassenräume und Klassenstärken von über fünfzig Schülerinnen und Schülern. Der Mangel an Schulgebäuden und Klassenräumen führt dazu, dass teilweise in Vor- und Nachmittagsschichten unterrichtet wird. Doch es gibt auch Dinge, die für Lehrkräfte in Palästina besser geregelt sind als in Deutschland. So ist die Pflichtstundenzahl in allen Schulstufen geringer als bei uns. Auch können palästinensische Lehrkräfte bereits mit sechzig Jahren in Ruhestand gehen. Und während des vierwöchigen Streiks, den die palästinensischen Lehrerinnen und Lehrer im Februar und März dieses Jahres organisiert hatten, um bereits zugesagte Gehaltserhöhungen von der Regierung einzufordern, wurde ihnen kein Gehalt abgezogen.
Reger Austausch
In Frankfurt hatten die Pädagoginnen Gelegenheit zum Besuch der integrierten Gesamtschule Georg-August-Zinn Schule und der berufsbildenden Ludwig-Erhard-Schule, in Ingelheim wurde die Gebrüder Grimm Grundschule besucht, in Mainz die Kita Gonsbachterrassen sowie das Neustadt-Projekt von "Arbeit und Leben", das Migranten und Flüchtlinge unterstützt. Überall wurden die Palästinenserinnen freundlich und mit großem Interesse empfangen. In den Lehrerzimmern und Klassenräumen fand meist reger Austausch mit LehrerInnen und SchülerInnen statt. "In den Schulen, die wir in Frankfurt besucht haben, hat uns besonders die Vielfalt der Schülerinnen und Schüler beeindruckt. Es ist eine enorme Leistung, Kinder aus fünfzehn verschiedenen Nationen in einer Klasse zu unterrichten und zum Erfolg zu bringen", so Hilwa Arrar, die selbst eine Schule in Ramallah leitet.
Positive Erfahrung
Zum Abschluss ihres Programms konnten die Palästinenserinnen in Kassel noch an einer Sitzung des GEW-Frauenausschusses teilnehmen und dort mit GEW-Kolleginnen über ihre Erfahrungen in Schule und Gewerkschaft diskutieren. "Es war das erste Mal, dass wir eine Frauendelegation der GUPT nach Deutschland eingeladen haben. Eine sehr positive Erfahrung", resümiert die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe das Programm. "Wir haben viel Neues von den Palästinenserinnen erfahren. Sie selbst nehmen zahlreiche Anregungen und Ideen aus Deutschland mit nach Hause. Wir wollen den Austausch mit der GUPT fortsetzen. Als GEW sind wir an guten Beziehungen zu den Lehrergewerkschaften in Israel wie auch in Palästina interessiert."