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Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH)

Überstunden müssen erfasst werden – gut so!

Der Europäische Gerichtshof hat den Arbeitgebern in seinem jüngsten Urteil die klare Verantwortung dafür zugesprochen, unbezahlte Mehrarbeit zu verhindern. Die GEW begrüßt das und diskutiert die Konsequenzen.

Foto: stocksnap.io / Creative Commons CC0

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem jüngsten Urteil die Verantwortung für die Erfassung von Mehrarbeit klar den Arbeitgebern zugesprochen. Die EU-Staaten müssen nun Arbeitgeber dazu verpflichten, dafür zu sorgen, dass Beschäftigte die Arbeitszeitvorschriften wie Pausen- oder Ruhezeiten einhalten können. Ohne vollständige Aufzeichnung der Arbeitszeit wären die Schutzrechte der EU-Arbeitszeitrichtlinie ein zahnloser Tiger. Diese klare Aussage des EuGH begrüßt die GEW. Bei der Umsetzung des Urteils durch die EU-Staaten wird die GEW sich dafür einsetzen, dass die selbstbestimmte Zeiteinteilung durch die Beschäftigten weiterhin möglich ist.

 

Unbezahlte und nicht erfasste Mehrarbeit ist auch im Bildungsbereich weit verbreitet:

  • Die von der GEW beauftragten aktuellen Studien zur Lehrkräftearbeitszeit zeigen, dass Lehrkräfte im Durchschnitt weit über die tariflich vereinbarte oder beamtenrechtlich festgelegte Arbeitszeit hinaus arbeiten. Erfasst wird bei ihnen nur die Zahl der Unterrichtsstunden.
  • Auch in Kitas fällt unbezahlte Mehrarbeit an: Weil die Kolleg*innen kaum oder gar keine Vor- und Nachbereitungszeit erhalten und die Gruppen wegen des Personalmangels nur dünn besetzt sind, werden z.B. Einkäufe von Bastelmaterial, aber auch Elterngespräche oder Fortbildungen in der Freizeit absolviert.
  • Krasse Verhältnisse gibt es zum Teil in der Wissenschaft: Da bekommen Nachwuchskräfte oft nur halbe Stellen, es wird aber vielfach erwartet, dass sie jeden Tag voll arbeiten.
  • Wenn in der Weiterbildung bei manchen Arbeitgebern die Unterrichtsverpflichtung der wöchentlichen Arbeitszeit entspricht, sind Vor- und Nachbereitung zwingend unbezahlte Arbeit.

 

Die GEW wird das Urteil sorgfältig daraufhin prüfen, welche Konsequenzen sich im Bildungsbereich ergeben. Die Rechtsprechung des EuGH unterscheidet nicht zwischen Beamtinnen und Beamten und anderen Beschäftigten, seine Rechtsprechung gilt für alle abhängig Beschäftigten gleichermaßen. Dabei gilt es, den Besonderheiten von Bildung, Erziehung und wissenschaftlichem Arbeiten Rechnung zu tragen. Viele Bildungsbeschäftigte wollen auch künftig für bestimmte Tätigkeiten frei wählen können, wann und wo sie diese erledigen. Das darf aber nicht zu Selbstausbeutung und unbezahlten Überstunden führen. Die GEW setzt sich für Lösungen ein, die zugleich Freiheit und sozialen Schutz ermöglichen.