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Schwarzbuch aus Hessen deckt Missstände auf

Am 4. September hat ein zivilgesellschaftliches Bündnis unter Beteiligung der GEW Hessen ein Schwarzbuch Inklusion vorgelegt. Die Studie zeigt 65 Fälle verdeckter und offener Verhinderung von gemeinsamer Erziehung und Bildung auf. Keine Einzelfälle, betonen die Herausgeber, sondern deutliche Anzeichen dafür, dass es mancherorts am Willen fehlt, Inklusion umzusetzen.

Der Verein Politik gegen Aussonderung hat das Schwarzbuch aus einer Sammlung von Fällen zusammengestellt, die vor allem die Gruppe InklusionsBeobachtung (GIB) zusammengetragen hatte. Die GIB ist ein Bündnis, das sich Ende letzten Jahres in Hessen aus Behindertenverbänden, Eltern- und SchülerInnenvertretungen sowie der GEW zusammengeschlossen hat, um gemeinsam die Umsetzung der Inklusion kritisch zu beobachten und zu begleiten.

Das Schwarzbuch Inklusion liefert nun einen Querschnitt der zum Teil völker- und menschenrechtswidrigen Praxis, gibt aber auch „Hinweise auf Bedingungen, die erfüllt sein müssen, um den Anspruch von Inklusion – zumindest im konkreten Einzelfall – einlösen zu können". Einige Beispiele zeigen, so heißt es im Vorwort des Schwarzbuchs, "wie weit bestimmte Schulen und Fachleute noch von diesem Anspruch entfernt sind. Andere Beispiele legen dagegen eine eher optimistische Einschätzung nahe und können als Orientierungspunkte dienen."

"In Hessen werden systematisch schlechte Bedingungen geschaffen"

Sehr kritisch bewerten die Urheber des Schwarzbuchs die Politik der hessischen Landesregierung. "In Hessen werden durch den Ressourcenvorbehalt systematisch für Schulen und Lehrer so schlechte Bedingungen geschaffen, dass Inklusion nicht klappen kann und am Ende auch die gutwilligsten Menschen gegen Inklusion sind", sagte Anne-Dore Stein, Vorsitzende des Vereins "Politik gegen Aussonderung" und Professorin für Inklusive Pädagogik an der Evangelischen Hochschule Darmstadt, in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau. Stein forderte einen Neustart in der Inklusionspolitik nach den Landtagswahlen, "egal wer in der Regierung sitzt".

Darüber hinaus kritisierte die Expertin die Versuche der aktuellen Landesregierung, Förderschulen und inklusive Schulen parallel zu betreiben. "Die Ressourcen für Unterstützungsbedarf müssen in die inklusive Beschulung fließen", so Stein. Es sei ingesamt genug Geld da, dieses fließe aber fälschlicherweise in das Förderschulsystem statt in die Inklusion.

Kritik an der Politik kam auch von Birgit Koch, stellvertretende Vorsitzende der GEW Hessen: "Kindern mit Beeinträchtigungen nur dann den Zugang in die Regelschule zu gewähren, wenn die entsprechenden Mittel vorhanden sind, welche die Landesregierung zugleich aber eben nicht bereitstellt, ist blanker Hohn", bemerkte Koch anlässlich der Vorstellung des Schwarzbuchs. "Bisher findet Inklusion nur dort statt, wo Eltern darum kämpfen", ergänzte Dr. Dorothea Terpitz, Vorsitzende des Gemeinsam leben Hessen e.V.