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Digitaler Unterricht

„Jede Lehrkraft hat mit Urheberrecht zu tun“

Wie dürfen Bücher, Grafiken, digitale Veröffentlichungen oder Videofilme an Schulen und Hochschulen genutzt werden? Jasper Prigge, Anwalt für IT- und Medienrecht in Düsseldorf, gibt Tipps.

Seit März 2018 hat das neue Urheberrechtsgesetz zwar Klarheit geschaffen, in der Praxis herrscht dennoch immer wieder Unsicherheit. (Foto: mauritius images/Florian Hiltmair/imageBROKER)
  • E&W: Wie teuer kann es werden, wenn eine Lehrkraft gegen das Urheberrecht verstößt?

Jasper Prigge: Zum einen fallen Rechtsanwaltskosten an, zum anderen sind möglicherweise Lizenzgebühren an den Urheber zu zahlen. Das kann sich schon auf einige Hundert Euro belaufen. Je nachdem, ob es vor Gericht entschieden wird oder ob es eine außergerichtliche Einigung gibt.

  • E&W: An welchen Stellen greift das Urheberrecht an Schulen?

Prigge: Jede Lehrkraft hat mit Urheberrecht zu tun. Darf ich aus Werken, also Büchern, digitalen Veröffentlichungen oder Videofilmen zur Veranschaulichung Teile nutzen? Darf ich an der Schule ein bestimmtes Theaterstück aufführen? Das sind Fragen, die im Schulalltag immer wieder auftauchen.

  • E&W: Welche Veränderungen hat das Urheberrechtsgesetz vom 1. März 2018 gebracht?

Prigge: Für Schulen ist Rechtssicherheit geschaffen worden. Nun gibt es zum Beispiel die Regelung, dass aus Werken bis zu 15 Prozent des Inhalts genutzt werden dürfen. Die frühere Rechtslage kannte solche konkreten Vorgaben nicht. Doch diese starre Grenze passt nicht immer. Deshalb gilt für „Werke geringen Umfangs“, etwa für einen Fachaufsatz von einer Seite Länge, dass der vollständig im Unterricht verwendet werden darf.

  • E&W: Was muss ich beachten, wenn ich digitale Schulbücher nutzen will?

Prigge: Wenn es Sicherungsmechanismen gibt, die der Verlag eingebaut hat, dann darf ich die nicht entfernen. Der Verlag will schließlich verhindern, dass das Werk an Dritte weitergegeben wird. Nicht erlaubt ist auch, das Werk zu verändern. Es kann zudem sein, dass Ausdrucke erlaubt sind. Das ist abhängig von der Lizenz, die mit dem Urheberrechte-Inhaber, also dem Schulbuchverlag, abgeschlossen wurde. Will die Lehrkraft wissen, wie die Lizenz aussieht, ist die Schulleitung die erste Ansprechpartnerin.

  • E&W: An Schulen gibt es Lernplattformen, schulweites Intranet und die Homepage. Warum müssen Lehrkräfte zwischen diesen Medien unterscheiden, wenn es um das Urheberrecht geht?

Prigge: Geschützte Werke im Unterricht zu nutzen, ist nur erlaubt für Lernende und Lehrende. Die Schul-Homepage richtet sich jedoch an alle. Eine Veröffentlichung auf der Homepage wird durch das Urheberrecht nicht abgedeckt.

  • E&W: Worauf haben Lehrende und Studierende an Hochschulen zu achten?

Prigge: Auch an Hochschulen ist eine Veröffentlichung von 15 Prozent eines Werkes zulässig. Auch hier dürfen Werke nur in einen abgegrenzten Bereich gegeben werden, also an Menschen, die forschen, oder an Studierende. Die Veröffentlichung über Lernplattformen ist abgedeckt. Werke online zu stellen, für alle zugänglich, ist auch hier nicht erlaubt.

  • E&W: Seit 2018 enthält das Gesetz erstmals auch Vorschriften für Text- und Data-Mining. Was ist damit gemeint und welche Vorschriften sind das?

Prigge: Gemeint ist das Sammeln auch von urheberrechtlich geschütztem Material in großem Umfang, um es automatisiert auszuwerten. Daraus kann man dann Erkenntnisse ziehen, etwa für den Bereich Künstliche Intelligenz. Derartige Vervielfältigungen waren früher nicht zulässig. Der Gesetzgeber hat es jetzt möglich gemacht, allerdings nur für die nicht-kommerzielle Forschung, also nur für Hochschulen. In der Zukunft wird Text- und Data-Mining auch im kommerziellen Bereich zulässig sein. Das schreibt eine neue Richtlinie der Europäischen Union vor.

  • E&W: Was hat es mit dieser neuen Richtlinie auf sich?

Prigge: Viele Vorschriften aus Deutschland zum Urheberrecht wurden von der europäischen Ebene aufgenommen. Weil gesagt wurde, das sind gute Regelungen, die die Interessen der Urheber und von Bildung und Forschung in angemessenen Ausgleich bringen. So bekommen wir viele Regelungen, die es in Deutschland schon gibt, auch auf europäischer Ebene. Es wird sich also wenig ändern. Von einigen Ausnahmen abgesehen, etwa beim Text- und Data-Mining.

Jasper Prigge (Foto: Robin Cramer)