Zum Inhalt springen

Mit Familie ins Ausland

Mit der Familie ins Ausland - das ist sicher bei nicht wenigen Lehrkräften ein immer mal wieder aufflackernder Wunsch. Diejenigen, die bereits einmal - zumeist solo - im Ausland als Lehrerinnen und Lehrer gearbeitet haben, sind dafür besonders anfällig. Ist es jedoch für sogenannte Einzelkämpfer schon nicht einfach, den neuen Lebensabschnitt zielführend zu planen, so potenziert sich die Planung um die Anzahl der teilnehmenden Familienmitglieder; je älter die Kinder, desto komplexer die Aufgabe.

Familie und Freunde

Die ersten Überlegungen sollte man/frau möglichst für sich anstellen und dann mit dem Lebenspartner ausführlich erörtern, bevor man mögliche Optionen mit den Kindern diskutiert. Denn sobald Oma und Opa, Tante und Onkel, Freunde, Kollegen, Kindergarten und Schule davon Wind bekommen, erfährt man in der Regel keine Welle des Zuspruchs, sondern häufig Unverständnis, "Euch geht es doch gut hier!?" Die Trennung auf Zeit, in der man alltägliche Routinen durchbrechen und damit sich, dem Partner und der Familie neue Impulse geben möchte, wird von Eltern, Geschwistern und Freunden häufig offen oder unterschwellig als Flucht und als ein "Im Stich lassen" angesehen, was sich in subtilen Äußerungen, wie "Ihr geht ja doch bald!", "interessiert euch das überhaupt noch?", ausdrücken kann. Einen solchen, langsam wachsenden psycho-sozialen Druck sollte man in der Vorbereitungsphase, in der ja noch nichts spruchreif ist, solange wie möglich vermeiden.

Formalitäten und Formales

Mit dem Anfordern des Bewerbungsformulars - postalisch oder als Download - bei der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) unternimmt man den ersten amtlichen Schritt. Welche Großräume kommen in Frage: Nordamerika, Afrika oder Asien, um nur einmal drei zu nennen?
Unabhängig davon sollte man sich auch im Internet über die Homepages der einzelnen Deutschen Schulen, insgesamt 143 weltweit, im Vorfeld informieren und gegebenenfalls per Email schon Kontakt aufnehmen. Die Bewerbungsunterlagen jedoch müssen über den Dienstweg (Schulleiter, Schulamt, Kultusministerium) an die ZfA weitergereicht werden. Direkt nach Köln gesandte Unterlagen kommen ungeöffnet zurück!

Mit dem Einverständnis des Schulleiters, das nicht sofort erfolgen muss und auch verweigert werden kann, ist die wichtigste Hürde genommen. Schulamt und Kultusministerium leiten den Antrag in der Regel widerspruchslos weiter. Nun trudeln, je nach Fächerkombination, Lehramt und Bedarf, die Angebote von der ZfA aus den gewählten Großräumen ein. Beamte bewerben sich in der Regel auf ADLK- bzw. LPLK-Stellen, nicht-verbeamtete Kolleginnen und Kollegen auf BPLK-Stellen, Ortslehrkräfte werden nicht von der ZfA vermittelt.

Ist der Partner ebenfalls im Staatsdienst, muss er bzw. sie sich nun für die avisierte Zeit des Auslandsschuldienstes (mind. 3 Jahre) unter Wegfall der Bezüge beurlauben lassen.- Das ist der Regelfall. Vor Ort besteht aber für beurlaubte Lehrkräfte häufig die Möglichkeit, sich als Ortslehrkraft an der Schule einstellen zu lassen. Einige Bundesländer, wie z.B. Hessen, gestatten es beiden Ehepartnern, sich auf ADLK-Stellen zu bewerben, sofern es die Rahmenbedingungen zulassen.
Alle anderen Ehepartner müssen sich rechtzeitig mit ihrem Arbeitgeber über Freistellungen für die Auslandszeit unterhalten und dabei möglicherweise auch Kündigungen ins Auge fassen. Für mitreisende Kinder gilt Ähnliches; die Kindergärten oder Schulen sollten sofort nach Zusage informiert werden, um Missstimmungen zu vermeiden.

Lehrertypen und Einsatz

DienstverhältnisAbkürzungEinsatz / -ortUmfangGehalt
Auslands-dienstlehrkraftADLKSchulleiter, verbeamtete Lehrer an Deutschen Auslandsschulen (DAS) sowie Fachberater, weltweitVolle StelleDiverse Zulagen (nach Einsatzorten gestaffelt)
Landes-programm-lehrkraftLPLKVerbeamtete Lehrer an nationalen Schulen in Mittelosteuropa (MOE) sowie China und VietnamVolle StelleGehalt des entsendenden Bundeslandes läuft weiter;
+ Lehrergehalt des Ziellandes sowie Zulagen
Bundes-programm-lehrkraftBPLKNicht-verbeamtete Lehrer, z.B. Referendare, nur an DAS in MOE-StaatenVolle StelleGrundgehalt (ZfA) und Zulagen
OrtslehrkraftOLKMitreisende Ehepartner, auch verbeamtete Lehrer, Lehrer aus dem Zielland, weltweitverhandelbarKein dt. Gehalt!
Arbeitsvertrag mit Schule vor Ort

Fixkosten und Fürsorge

Die deutsche Mittelschichtfamilie, zu der auch Lehrer zählen, befindet sich – so die Süddeutsche Zeitung in zwei unabhängig voneinander veröffentlichten Artikeln – in einem Dilemma. Auf der einen Seite steht die sogenannte Fürsorgeoptimierung, d.h. die Kinder nicht nur schulisch zu begleiten, sondern auch die Freizeit mit Tennis, Reiten, Ballett, Klavier- oder Geigenunterricht o.ä. zu gestalten. Auf der anderen Seite ist das Prokrustesbett der sogenannten Fixkostentabelle, womit die zahlreichen finanziellen Faktoren gemeint sind, von der Miete, über Strom, Versicherungen, Gebühren, Auto, Abos, bis hin zu Lebensmitteln und Kleidung, die das Girokonto zum Monatsende immer rasch auf Null (selten darüber) zulaufen lassen. Den alltäglichen Stressfaktor lassen wir hier außen vor.
Bevor man noch an einen möglichen Umzug in das avisierte Zielland denkt, dessen Kosten von der ZfA per Pauschale übernommen werden, dürften den Eltern diese finanziellen Fragen besonders im Kopf herumschwirren, denn die Raten für das Haus bzw. die Miete laufen weiter. Eine neue behagliche Bleibe im Zielland muss gefunden und finanziert, Versicherungen und etwaige andere Verträge müssen weiter bedient werden.

An dieser Stelle braucht es einen Ruck, der die Familie insgesamt diese, in aller Regel positive, Veränderung als gemeinsames Projekt angehen lässt. Als ADLK erhält man/frau neben dem Gehalt noch nach Ländern gestaffelte Zulagen und die Kinder werden schulgeldfrei an der jeweiligen Deutschen Schule aufgenommen, Nachmittagsprogramm inklusive. Der Ehepartner kann auf Wunsch sofort oder nach einer gewissen Zeit der Eingewöhnung im Zielland, als Ortslehrkraft - im Rahmen der Gesetze des Gastlandes - tätig werden, Reisekosten werden übernommen und verschiedene Zuwendungen kommen hinzu. Im Grunde ist es ein Abenteuer mit solider Absicherung. Darüber hinaus sollte die Familie, sobald sie sich sicher ist, das Gastland als neue Heimat auf Zeit - für 3, 6 Jahre oder aber (nur Familien mit Kindern!) für 12 Jahre – zu haben, darüber nachdenken, die Wohnung in Deutschland für diese Zeit zu vermieten. Je nach Entfernung und angesichts einer bezahlten Heimreise jährlich ist es sehr viel günstiger für die Zeit des Aufenthalts am Heimatort eine Ferienwohnung oder ein schönes Hotel zu beziehen. Lästige Nebenkosten entfallen.

Für die Dauer des Auslandseinsatzes verliert das einheimische Finanzamt den Zugriff. Es wird ersetzt durch das für AuslandslehrerInnen zuständige Finanzamt inBonn. Aber das nur am Rande,denn große Änderungen treten dabei nicht ein, wenngleich man ein Auge darauf haben sollte, nicht doppelt besteuert zu werden.

Freizeit und freie Zeit

Das Bild des mit einem Surfbrett ausgestatteten Auslandslehrers, der sich für eine längere Zeit dem Inlandsschuldienst entzieht und die Urlaubsfreuden fortan für Jahre am Stück genießt, ist und war immer schon eine Chimäre, auch wenn sie als Hirngespinst in manchen Köpfen ortsgebundener Inlandskollegen noch fröhliche Urständ feiert. Davon können besonders Rückkehrer ein Liedchen singen. Aber das Gegenteil ist der Fall: „Ich habe noch nie in meinem Leben so viel gearbeitet wie hier an dieser Schule. Aber ich habe noch nie so gern so viel gearbeitet.“ Das sind Aussagen von AuslandslehrerInnen, die Rainer E. Wicke, Pädagoge in der ZfA, im Buch „Deutsche Lehrer im Ausland“, zum Besten gibt. Dieses Buch ist Anfang 2013 von altgedienten Kennern des Auslandsschulwesens, Manfred Egenhoff und Dr. Peter H. Stoldt, veröffentlicht worden. Die überwiegende Mehrheit der Rückkehrer bestätigen in ihren Berichten diese Auffassung auf der alle zwei Jahre in Mariaspring (bei Göttingen) stattfindenden AGAL-Tagung. Dabei kommen sie zu durchweg positiven Bewertungen in punkto Lebensfreude, neue Horizonte und bleibende Eindrücke für sich und ihre Familien.

In der Tat sind die meisten Auslandsschulen Ganztagsschulen mit heterogenen Lerngruppen, die sich nicht nur auf die am Bundesland Baden-Württemberg ausgerichteten Lehr- und Prüfungspläne stützen, sondern neben Unterricht auch ein vielfältiges extra-curriculares Angebot am Nachmittag anbieten. Schlüsselkinder gibt es hier nicht, aber ein von den Eltern mitgestaltetes buntes Schulleben, das von allen Beteiligten, besonders den Lehrerinnen und Lehrern großes Engagement einfordert. Man wird – ohne großes Dazutun – Mitglied der deutschen Sprachgemeinschaft vor Ort, je exotischer das Land, desto exklusiver diese „community“; Auslandslehrerinnen und –lehrer sind - im Gegensatz zu den RTL-Auswanderern - auch Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland (siehe Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik). Es ist zwar möglich, wäre aber dümmlich und äußerst kontraproduktiv, sich diesem Netzwerk entziehen zu wollen. Die Vorteile aber, besonders angesichts der oben angesprochenen familiären Fürsorgeoptimierung, überwiegen bei weitem, wobei individuelle Freiheiten keineswegs ausgeschlossen sind.

Findiges und Fundiertes

Auch wenn man sich bei der ZfA nur für Großräume bewerben kann, so sollte man die neuen Medien nutzen und schon einmal die Homepages infrage kommender Auslandsschulen anklicken und über Email Kontakt mit den Schulleitern resp. Schulleiterinnen aufnehmen; die ZfA folgt den Personalwünschen der Schulen, einmal mehr in Zeiten des Lehrermangels.

Familien sollten diesen Weg unbedingt beschreiten, um im Vorfeld möglichst viele Faktoren abzuklären. Ballungsräume und Schulstandorte in Westeuropa können für Familien, besonders mit nur einem Gehaltsempfänger, bisweilen zu teuer sein, wenn sie ihren Standard einigermaßen halten und nicht noch drauflegen möchten. Moskau, Montevideo, Tokyo, Barcelona oder London, um nur einige zu nennen, können die oben genannte Fixkostentabelle leicht sprengen. Ehepartner aus dem schulischen Bereich können als OLK an der jeweiligen Deutschen Schule, an der der Partner als ADLK, seltener als BPLK, arbeitet, häufig noch etwas dazuverdienen. Wenn beide Elternteile verbeamtete Lehrkräfte sind, können sie versuchen, beide als ADLK eine Anstellung im Zielland zu finden. Das ist der Königsweg, der allerdings großes Engagement und eine gute Organisation des Familienlebens voraussetzt. (Das neue Auslandsschulgesetz mit seiner Tendenz zur sukzessiven Reduzierung von ADLK-Stellen ist da leider nicht förderlich.) In anderen Großräumen, wie Afrika und Asien, oder den MOE-Staaten (Ausnahme: Moskau) kann das Salär des alleinverdienenden ADLKs für die gesamte Familie dagegen durchaus reichen, größere Sprünge sind allerdings nicht drin.

Die Vorbereitungskurse der ZfA in Köln sind ohne Zweifel hilfreich, was die gesundheitliche Versorgung, die Sicherheitslage und die beruflichen Anforderungen angeht; Sprachkurse werden jedoch weder angeboten noch finanziell unterstützt. Eine intensive Vorbereitung auf Land und Leute, was die Geschichte, die Traditionen, die Küche und sonstige Eigenarten im Zielland angeht, wird von der ZfA gemeinhin nicht geboten. Diese Lücke versucht die AGAL mit ihrem kommunikativen Netzwerk bei ihrer (ehrenamtlichen) Arbeit zu schließen.Sie stellt Kontakte her, die nicht nur bei der Wohnungssuche nützlich sind, und bei kniffligen Fragen vor Ort unterstützen, sondern sie hilft auch den Kolleginnen und Kollegen bei rechtlichen Problemen vor Ort oder mit der ZfA mit Rat, Tat und notfalls einem GEW-Anwalt.

Fazit

Mit der Familie ins Ausland gehen ist gewiss in jeder Hinsicht eine einmalige Erfahrung, die den Aufwand lohnt. Aber im Vergleich zum „Einzelgänger“ multiplizieren sich die Kosten um die Zahl der Mitreisenden (Flüge, Essen, größere Wohnung usw.), so dass der Aufenthalt in einer ganzen Reihe von Metropolen und Ländern finanziell gar nicht oder nur mit großen Abstrichen zu stemmen ist. Das geht aus Rückkehrer-Berichten hervor; eine fundierte Analyse zur Situation von Familien im Ausland gibt es bisher nicht.

Es wäre dringend geboten, eine Art Warenkorb für die einzelnen Zielorte im Ausland zusammenzustellen, um daraus eine für den jeweiligen Ort angemessene Familienzulage abzuleiten und auszuzahlen.