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Stellungnahme zur WissZeitVG-Reform

„Ministerium muss Gesetzentwurf gründlich überarbeiten“

Trippelschritte nach vorn, ein Riesenschritt zurück. Das ist der Tenor der GEW-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesforschungsministeriums für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes.

Foto: Shutterstock / GEW

Die GEW hat dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine kritische Stellungnahme zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) übergeben. „Immer mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Laufzeiten, lange und steinige Karrierewege unterminieren die Kontinuität und Qualität von Forschung und Lehre und gefährden die Attraktivität des Arbeitsplatzes Wissenschaft im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern. Der Bund muss daher dem Befristungsunwesen in Hochschule und Forschung einen Riegel vorschieben – durch eine umfassende Reform des Sonderarbeitsrechts in der Wissenschaft“, sagte Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender und Hochschulexperte der GEW.

Die Gewerkschaft setzt darauf, dass das BMBF den Referentenentwurf jetzt gründlich überarbeitet, bevor er im Herbst dem Bundeskabinett vorgelegt und anschließend dem Bundestag übergeben wird.

Kritik an Höchstbefristungsdauer für Postdocs

Das BMBF hatte den Gesetzentwurf im Juni veröffentlicht. Vorausgegangen waren im März Eckpunkte, die aufgrund der heftigen Kritik – unter anderem auf dem Kurznachrichtendienst Twitter – nach nur zwei Tagen zurückgezogen werden mussten. Stein des Anstoßes damals war der Plan des Ministeriums, die Höchstbefristungsdauer für promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (Postdocs) von sechs auf drei Jahren zu verkürzen.

„Hat das BMBF dazu gelernt?“ „Nur auf den ersten Blick“, erklärt GEW-Hochschulexperte Keller. „Zwar hat das Ministerium die von der GEW 2022 in ihrem Dresdner Gesetzentwurf für ein Wissenschaftsentfristungsgesetz konzipierte ‚Anschlusszusage‘ aufgegriffen. Statt wie von uns vorgeschlagen direkt nach der Promotion, sollen die Hochschulen und Forschungseinrichtungen diese nach dem BMBF-Entwurf aber erst nach vier Jahren anbieten müssen – das ist viel zu spät“, kritisierte Keller.

 

GEW fordert „verlässliche Karrierewege“

„Im Ergebnis müssten die Arbeitgeber ihre Befristungspraxis nicht einschränken, sondern könnten die Postdocs statt nach sechs schon nach vier Jahren auf die Straße setzen. In unserer Stellungnahme pochen wir daher darauf, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern deutlich früher Dauerstellen oder verlässliche Karrierewege zu geben.“

Eine Entfristungs- oder Anschlusszusage sieht die Entfristung eines Zeitvertrages vor, wenn die Beschäftigten im Voraus vereinbarte Ziele in Forschung und Lehre erreichen.

Kritik an „wachsweicher Soll-Bestimmung“

Positiv bewertet die GEW die im Gesetzentwurf enthaltene Einführung von Mindestvertragslaufzeiten. „Diese greifen aber mit drei Jahren vor der Promotion und zwei Jahren nach der Promotion zu kurz und sind außerdem als wachsweiche Soll-Bestimmung ausgestaltet“, kritisierte Keller. Konsequent wäre aus Sicht der GEW eine Regellaufzeit von sechs Jahren entsprechend der üblichen Qualifizierungszeiten mit einer verbindlichen Untergrenze von vier Jahren.

„Die GEW besteht auf einer ersatzlosen Streichung der Tarifsperre (...).“ (Andreas Keller)

Für „unzureichend“ hält die GEW die im Referentenentwurf des BMBF enthaltene Lockerung der Tarifsperre. „Die Festlegung weniger Ausnahmen von der Tarifsperre, und dann auch noch in Verbindung mit einer engen Bandbreite, eröffnet den Tarifpartnern so gut wie keinen Handlungsspielraum. Wenn die Mindestvertragslaufzeit für Postdocs um maximal ein Jahr angehoben werden kann, die für Promovierende aber gar nicht, ist nichts gewonnen. Die GEW besteht daher auf einer ersatzlosen Streichung der Tarifsperre, damit Gewerkschaften und Arbeitgeber wie in allen anderen Branchen auch in der Wissenschaft vom Gesetz abweichende Befristungsregelungen aushandeln können“, mahnte Keller.

Lichtblick bei studentisch Beschäftigten

Einen Lichtblick sieht die GEW bei der geplanten Änderung von Paragraf 6 des WissZeitVG, der die Befristung von studentischen Beschäftigten an Hochschulen und Forschungseinrichtungen regelt. „Die geplante Anhebung der Höchstbefristungsdauer von sechs auf acht Jahre sowie eine Regelvertragslaufzeit von einem Jahr würde die Lage vieler Hilfskräfte verbessern“, führte Keller aus.

Info: Die ausführliche Stellungnahme der GEW zum Referentenentwurf des BMBF für die WissZeitVG-Reform enthält eine Synopse des geltenden Gesetzestextes, der im BMBF-Referentenentwurf vorgesehenen Änderungen sowie Kommentare aus Sicht der Bildungsgewerkschaft.