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Digitale Transformation in Bildungsberufen

Mehrbelastung statt Unterstützung

Die Digitalisierung bedeutet für Beschäftigte in Bildungsberufen oft eine zusätzliche Belastung und keine Erleichterung ihrer Arbeit. Das zeigt die Sonderauswertung des DGB-Index „Gute Arbeit“. Die Gewerkschaften fordern mehr Geld und Personal.

97 Prozent der Hochschullehrerenden und 83 Prozent der Lehrkräfte beschrieben ihre Arbeit im Jahr 2022 als in hohem oder sehr hohem Maß digitalisiert. (Foto: Pixabay / CC0)

Die Nutzung digitaler Arbeitsmittel wird von etwa der Hälfte der Lehrkräfte, Hochschullehrenden sowie Erzieherinnen und Erziehern als zusätzlicher Stress wahrgenommen. Und das zunehmend: Bei den Lehrerinnen und Lehrern stieg der Anteil mit digital bedingter Mehrbelastung von 35 Prozent im Jahr 2016 auf 57 Prozent im vergangenen Jahr. Mindestens 70 Prozent der digitalisiert Arbeitenden sehen sich zudem erhöhten Kompetenzanforderungen ausgesetzt, wie aus der repräsentativen Umfrage hervorgeht, die der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die GEW und ver.di anlässlich der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz vorlegten.   

Demnach beschrieben 97 Prozent der Hochschullehrerenden und 83 Prozent der Lehrkräfte ihre Arbeit im Jahr 2022 als in hohem oder sehr hohem Maß digitalisiert. Bei den Erzieherinnen und Erziehern ist dieser Anteil mit 41 Prozent zwar geringer, stieg im Vergleich zum Jahr 2016 aber auch deutlich an (30 Prozent). Lediglich neun Prozent der Lehrkräfte gaben an, dass ihre Arbeitsbelastung durch die Digitalisierung geringer geworden sei.

Unterstützung und Einfluss fehlen

Bei technischen Problemen fehlt den Beschäftigten häufig betriebliche Unterstützung: 37 Prozent der Hochschullehrerenden, 34 Prozent der Lehrkräfte sowie 28 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher kritisierten, keine oder nur geringe Hilfe zu erhalten. Die Mehrheit der digitalisiert Arbeitenden kann auf die Veränderung ihrer Arbeit im Kontext der Digitalisierung darüber hinaus keinen größeren Einfluss nehmen.

Besonders problematisch ist laut Sonderauswertung, dass die Belastung der Beschäftigten im Prozess der Digitalisierung nur selten ein Thema sei. Maßnahmen des Arbeitgebers, mit denen die Arbeitsbelastung verringert werden kann, wurden nur von 28 Prozent der digitalisiert arbeitenden Lehrkräften und von 27 Prozent der Hochschullehrenden berichtet.

„Ein 100-Milliarden-Programm für Bildung, die Verstetigung des Digitalpakts und ein ausgebauter IT-Support in Bildungseinrichtungen sind nicht ‚nice-to-have‘, sondern eine zentrale Zukunftsfrage.“ (Maike Finnern)

Weiteres Ergebnis: 91 Prozent der Hochschullehrenden und 64 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer verrichten ihre Arbeit nun noch häufiger von zu Hause oder unterwegs als zuvor. „Auch die Entgrenzung in Lehrberufen hat in den vergangenen Jahren durch die Digitalisierung weiter zugenommen“, sagte die GEW-Vorsitzende Maike Finnern.

Für die GEW sei klar: „Wir brauchen mehr zeitliche, personelle und finanzielle Ressourcen im Bildungsbereich. Ein 100-Milliarden-Programm für Bildung, die Verstetigung des Digitalpakts und ein ausgebauter IT-Support in Bildungseinrichtungen sind nicht ‚nice-to-have‘, sondern eine zentrale Zukunftsfrage.“ Außerdem müssten die Beschäftigten in Bildungsberufen die digitale Transformation mitgestalten können.

„Arbeitserleichternde Potenziale der Digitalisierung bleiben offensichtlich weitgehend ungenutzt.“ (Elke Hannack)

Die DGB-Vizevorsitzende Elke Hannack mahnte: „Das Bildungssystem droht die Chancen der Digitalisierung zu verstolpern. Arbeitserleichternde Potenziale der Digitalisierung bleiben offensichtlich weitgehend ungenutzt.“ Die Kompetenzen der Beschäftigten blieben bei der Einführung neuer digitaler Arbeitsweisen vielfach außen vor. Auch sie betonte: „Deshalb führt an mehr Personal, an mehr Beteiligung und auch an guter Qualifizierung und Weiterbildung kein Weg vorbei. Die Ende 2023 auslaufende Qualitätsoffensive Lehrerbildung muss unbedingt weitergeführt werden.“

Für die Sonderauswertung des DGB-Index „Gute Arbeit“ wurden Daten der Jahre 2022 und 2016 analysiert.