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Tarifrunde TV-L 2023

Jetzt sind die Landesbeschäftigten dran!

Die Kolleginnen und Kollegen im Länderbereich erwarten in der kommenden Tarifrunde einen Abschluss, der mit der Gehaltsentwicklung bei Bund und Kommunen Schritt hält und wichtige tarifpolitische Probleme angeht.

Im Frühjahr streikten zahlreiche Beschäftigte des Bundes und der Kommunen wie hier in Potsdam vor der dritten Verhandlungsrunde für mehr Lohn. Ein Abschluss kam erst nach einer Schlichtung zustande. Auch die Verhandlungen für einen neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) dürften nicht einfach werden. (Foto: Stefan Weitzel)

Die jüngste Länder-Tarifrunde fand im Herbst 2021 noch unter Corona-Bedingungen statt. Arbeitskämpfe und Protestmaßnahmen waren nur unter schwierigen Bedingungen und in eingeschränktem Umfang möglich. Das Ergebnis: eine einmalige Sonderzahlung in Höhe von 1.300 Euro und eine Erhöhung der Gehaltstabellen um 2,8 Prozent, die im Dezember 2022 wirksam wurde. Die GEW bezeichnete dieses Ergebnis damals als „verantwortungsvollen Abschluss in schwieriger Zeit“. Niemand ahnte seinerzeit, dass schon ein Vierteljahr später Russland einen Angriffskrieg auf die Ukraine vom Zaun brechen würde, der die Energie- und Nahrungsmittelpreise explodieren ließ und einen allgemeinen Preisanstieg nach sich zog, wie wir ihn in Deutschland seit Jahrzehnten nicht erlebt haben.

Die Gehaltserhöhung von 2,8 Prozent erhielten im vergangenen Dezember Kolleginnen und Kollegen, die einen Arbeitsvertrag nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) haben – in der GEW vor allem angestellte Lehrkräfte, Beschäftigte an vielen Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie im Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) in den Stadtstaaten Berlin und Bremen. Auch für die verbeamteten Lehrkräfte sowie Versorgungsempfängerinnen und -empfänger der 15 Mitgliedsländer der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) gab es diese Gehaltserhöhung am 1. Dezember 2022: Alle Bundesländer haben die 2,8 Prozent auf die Besoldung übertragen – zuletzt im Juli 2023 (!) rückwirkend zum 1. Dezember 2022 auch der Freistaat Sachsen. Das Land Hessen, das kein TdL-Mitglied ist, orientiert sich an seinem eigenen Tarifvertrag TV-H, der ähnliche Erhöhungen vorsah.

Einmalige Sonderzahlungen reichen nicht

Vergleicht man den Abschluss von 2021 mit der allgemeinen Preisentwicklung von plus 6,9 Prozent im Jahr 2022 und voraussichtlich mindestens 5,3 Prozent im Jahr 2023, klafft hier eine erhebliche Lücke. Und weil die Preise anschließend nicht wieder auf das Niveau vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine fallen werden, muss diese Entwicklung beim anstehenden Tarifabschluss berücksichtigt werden.

Die Tarifabschlüsse der vergangenen zwölf Monate in anderen Branchen zeigen, dass über einmalig wirkende Sonderzahlungen hinaus auch kräftige, nachhaltige Gehaltszuwächse nötig und möglich sind.

Zwar haben die Entlastungspakete der Bundesregierung kurzfristig geholfen, die Preisanstiege abzufedern, und auch einige steuerliche Entlastungsmaßnahmen wirken dauerhaft. Das reicht jedoch nicht, um langfristig eine positive Reallohnentwicklung zu erreichen.

Die Tarifabschlüsse der vergangenen zwölf Monate in anderen Branchen zeigen, dass über einmalig wirkende Sonderzahlungen hinaus auch kräftige, nachhaltige Gehaltszuwächse nötig und möglich sind. Sie machen aber auch deutlich, dass die Preissteigerungen nicht in einem Schritt von den Tarifparteien ausgeglichen werden können – das ist selbst in stark organisierten Branchen wie der Chemie- sowie der Metall- und Elektroindustrie nicht gelungen.

Die Landesbeschäftigten schauen besonders auf die Gehaltsentwicklung bei Bund und Kommunen. Hier haben die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes im April 2023 nach einer konfliktreichen Tarifrunde und einer Schlichtung einen guten Abschluss erreicht. Mit dem Juni-Gehalt 2023 erhielten alle Beschäftigten eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichs-Sonderzahlung in Höhe von 1.240 Euro (Teilzeitkräfte anteilig). Von Juli 2023 bis Februar 2024 gibt es monatliche steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen in Höhe von 220 Euro. Ab März 2024 steigen die Gehälter um 200 Euro Sockelbetrag plus weitere 5,5 Prozent. Das entspricht einer dauerhaft wirksamen Gehaltserhöhung um 11,5 Prozent im Durchschnitt der Tabelle. Der Tarifvertrag läuft zwei Jahre.

Weitere Bausteine

Nachholbedarf gibt es für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) der Länder. Zwar wurde mit dem Tarifabschluss 2019 die sogenannte S-Tabelle auch in den Ländern eingeführt – mit den Werten, die seinerzeit für die Beschäftigten bei Bund und Kommunen galten. Doch die weitere Gehaltsentwicklung orientierte sich an den Abschlüssen zum TV-L. Von den Verbesserungen, die die Gewerkschaften 2022 für die Beschäftigten des kommunalen Sozial- und Erziehungsdienstes durchgesetzt haben, profitieren die im Landesdienst beschäftigten Kolleginnen und Kollegen nicht automatisch. Diese müssen in der anstehenden Länder-Tarifrunde erkämpft werden. Das gilt neben den Gehaltszulagen für viele SuE-Beschäftigte in Höhe von 130 bzw. 180 Euro auch für die zusätzlichen Entlastungstage.

Die Länder-Arbeitgeber mauern bei vielen wichtigen Forderungen der Gewerkschaften.

Das sind nur die ganz großen Themen. Darüber hinaus gibt es weitere Baustellen, die in der Länder-Tarifrunde dringend bearbeitet werden müssen:

  • Die „stufengleiche Höhergruppierung“, also die Abschaffung des absurden „Rösselsprungs“. Dieser kann dazu führen, dass Beschäftigte bei einer Höhergruppierung Erfahrungsstufen verlieren und dadurch mittelfristig Gehalt einbüßen, obwohl sie höherwertige Aufgaben übernehmen. Im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen (TVöD)  wurde die stufengleiche Höhergruppierung längst umgesetzt, ebenso für die Landesbeschäftigten in Hessen (TV-H). Nur die TdL mauert.
  • Die Weiterentwicklung der tariflichen Entgeltordnung für angestellte Lehrkräfte (TV EntgO-L). Seit über vier Jahren weigert sich die TdL, ihre Zusage einzuhalten, mit der GEW über eine Fortentwicklung dieses Tarifwerks zu verhandeln.
  • Eine tarifliche Regelung für studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte. Diese sind vom Geltungsbereich des TV-L ausgenommen. Eine eigenständige Tarifregelung für diese Beschäftigtengruppe gibt es bislang nur in Berlin. In der Länderrunde 2021 gelang es, mit der TdL eine gemeinsame Bestandsaufnahme der Beschäftigungsbedingungen für studentische Beschäftigte zu verabreden, die inzwischen fertig ist. Jetzt müssen daraus endlich Konsequenzen gezogen werden.

Die TdL stellt sich bei diesen und vielen weiteren Themen quer, weil sie eine Änderung beim Thema „Arbeitsvorgang“ erzwingen will. Hierbei geht es um einen Grundpfeiler des tariflichen Eingruppierungsrechts. Wenn die TdL ihre Vorstellungen bei diesem Thema durchsetzen könnte, würde das für viele Beschäftigte zu schlechteren Eingruppierungen und somit zu einem niedrigeren Gehalt führen. Darauf können und werden die Gewerkschaften sich nicht einlassen.

Starke Bewegung der Beschäftigten nötig

Es wird also kein Spaziergang, in dieser Tarifrunde einen guten Abschluss zu erreichen. Dafür braucht es eine starke Tarifbewegung. Alle Landesbeschäftigten sind aufgerufen, solidarisch zu sein: Im Bildungsbereich gilt das für Beschäftigte an Schulen und Hochschulen sowie im Sozial- und Erziehungsdienst der Länder, für Angestellte und Beamte – jede und jeder im Rahmen seiner und ihrer Möglichkeiten.

Auch pensionierte Lehrkräfte, die eine Beamtenversorgung beziehen, haben allen Grund, sich im Rahmen der Länderrunde für ihre Interessen starkzumachen. Zwar gibt es für Versorgungsempfängerinnen und -empfänger keine Tarifbindung, aber die Gewerkschaften haben sich in der TVöD-Runde dafür eingesetzt, dass pensionierte Kolleginnen und Kollegen von den vereinbarten Sonderzahlungen ebenfalls profitieren. Mit Erfolg. Der Bund zahlt den Pensionärinnen und Pensionären einen Inflationsausgleich anteilig entsprechend ihres Versorgungssatzes, das heißt maximal 71,75 Prozent von 3.000 Euro. Die pensionierten GEW-Mitglieder sind daher gebeten, die Tarifkämpfe zu unterstützen und sich bei der anschließenden Besoldungsgesetzgebung dafür zu engagieren, dass die Länder ihre Versorgungsempfängerinnen und -empfänger nicht vergessen.

Am 11. Oktober werden die Gewerkschaften ihre Forderungen in einer Pressekonferenz verkünden. Die Tarifverhandlungen beginnen am 26. Oktober in Berlin. Weitere Verhandlungsrunden sind für den 2. und 3. November sowie vom 7. bis 9. Dezember in Potsdam geplant.