Als Vertreter der gastgebenden niederländischen Gewerkschaft FNV eröffnete Ger Rolsma die Konferenz mit mehr als 100 Teilnehmer_innen aus 20 Nationen. Die stellvertretende EU-Parlamentspräsidentin Ulrike Lunacek (Österreich) musste leider kurzfristig absagen, stattdessen wurde ihre Grußbotschaft per Videostream übermittelt. Sie ermutigte die Teilnehmer_innen weiterhin aktiv für LSBTI Rechte einzutreten und dabei auch die Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament zu suchen.
An zwei Tagen wechselten sich thematische Arbeitsgruppen und Impuls-Vorträge im Plenum ab. In Plenumsbeiträgen von Projektverantwortlichen aus Lateinamerika (regionale Vernetzung, mit Unterstützung der niederländischen FNV) und Südafrika (Umsetzung der starken Verfassungsrechte in die sehr andere Lebenswirklichkeit, mit Unterstützung der britischen UNISON) wurden deren Herausforderungen und Engagement deutlich.
„The protection of LGBT Rights is often much more granted by EU institutions than by the single governments in the EU“ (Salvatore Marra, Italien)
In seinem Auftaktvortrag am zweiten Konferenztag problematisierte Salvatore Marra die aus der humanitären Flüchtlingskrise erwachsende zunehmende Abschottung der EU-Länder. Die Errichtung von Grenzzäunen und Zollkontrollen wirke sich auf den Umgang mit gesellschaftlichen Minderheiten aus, so Mara. Sie beeinflusse auch die Entwicklung und den Umgang mit LSBTI Rechten. Er wies darauf hin, dass Grundwerte wie die Anerkennung gesellschaftlicher Vielfalt bereits in mehreren Fällen in Italien und anderen Ländern oft erst von europäischen Gerichten, statt von nationalen Gerichten gewährleistet würde.
EU-Gleichbehandlungsrecht - Die Nicht-Diskriminierung u.a. aufgrund des Geschlechts und der sexuellen Orientierung ist in Artikel 13 EG-Vertrag und Artikel 21 der Grundrechte-Charta sowie der „Arbeitsplatz-Richtlinie“ 2000/78/EG festgelegt, auf die z.B. unser Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz AGG zurückgeht. Aufgrund der „Antirassismus-Richtlinie“ 2000/43/EG schützt das AGG auch bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen im „Massengeschäft“ vor Diskriminierung. An dieser Stelle schützt das AGG nicht nur vor Diskriminierung wegen rassistischen Gründen und ist somit „horizontal“. Auf EU Ebene fehlt diese „horizontale“ Richtlinie für die anderen Diskriminierungsgründe. Dem Vernehmen nach blockiert die Bundesregierung seit Jahren die Verbindlichkeit für andere EU-Länder durch eine abschließende „horizontale Richtlinie“ im EU-Ministerrat.
Für diese pro-europäischen Aspekte sowie den Eintritt für LSBTI Rechte aktiv einzutreten, bezeichnete er auch als eine Kernaufgabe der Gewerkschaften. Starke Impulse gaben auch Phyll Opuku, die Mitgründerin des Londoner Black Pride mit sehr persönlichen und überzeugenden Einsichten zum untrennbaren Zusammenhang des Kampfes gegen LSBTI-Feindlichkeit und Rassismus.
Austausch über LSBTI-Erziehung an Schulen, rechte Angriffe und gewerkschaftliche Arbeitsstrukturen
Der von der GEW organisierte Workshop wurde überwiegend von Erziehungsgewerkschafter_innen besucht, außerdem von Pflege-Ausbilder_innen. Hier zeigte sich, dass sowohl die Ansätze für LSBTI -Aufklärungs- und Antidiskriminierungsarbeit als auch die Art der Angriffe aus rechten Kreisen sich in Ländern wie Deutschland, Frankreich, Spanien und Kanada sehr ähneln. Da die rechten Gruppen zumindest in Europa gut vernetzt sind, bieten sich hier ebenfalls Vernetzung aber auch Austausch von Aktivist_innen an. Der Workshop bildete dazu den ersten Schritt.
Dass es in den meisten vertretenen Gewerkschaften eigene LSBTI -Arbeitsgruppen gibt, um die besondere Situation von LSBTI eingehen zu können, wurde im dem von der kanadischen CSN organisierten Workshop deutlich. Nur ein Kollege aus dem öffentlichen Dienst in Belgien sah das als unnötig an. Kontroverser geführt wurde die Diskussion über reservierte Gremiensitze, die einerseits als wichtig angesehen wurden, um Einfluss und Ressourcen zu sichern, andererseits aber auch Aktivist_innen binden.