Zum Inhalt springen

#GEWTAG22

Disziplinarmaßnahmen und Kriminalisierung

In Hongkong hat sich die Lehrergewerkschaft aufgelöst. Im Iran werden Gewerkschaftsmitglieder verfolgt. Auch europäische Regierungen beschneiden demokratische Rechte der Beschäftigten, Bildungsgewerkschaften kämpfen um Anerkennung.

Maike Finnern, Sławomir Broniarz, Erzsébet Nagy und Nejla Kurul (v.l.n.r.) auf dem Gewerkschaftstag der GEW (Foto: Kay Herschelmann).

Keine Frage, dass sich auch der außerordentliche Gewerkschaftstag der GEW des Themas annahm. Vor Monaten hat das Europäische Gewerkschaftskomitee für Bildung und Wissenschaft – die Regionalstruktur der Bildungsinternationale – eine Solidaritätskampagne gestartet.  In Leipzig galt die besondere Unterstützung den Bildungsgewerkschaften und ihren Mitgliedern in der Ukraine, Belarus und Russland.

„Viele haben nicht nur Arbeitsplatz und Wohnung verloren, sondern stehen materiell vor dem Nichts.“ (Olha Chabaniuk)

Olha Chabaniuk (TUESWU) aus der Ukraine berichtete von der materiellen Not einer wachsenden Zahl von Mitgliedern. „Viele haben nicht nur Arbeitsplatz und Wohnung verloren, sondern stehen materiell vor dem Nichts.“ Die TUESWU versuche neben ihrer politischen Arbeit zu helfen, wo es geht. Ein belarussischer Gewerkschafter wies in seiner Videobotschaft darauf hin, dass Menschen aufgrund ihrer Aktivitäten den Arbeits- oder Studienplatz verlieren oder im Gefängnis landen.

In Polen versucht die PiS-Regierung seit Jahren, gewerkschaftliche Rechte zu beschneiden. Dabei, so Sławomir Broniarz, bediene sie sich des Mittels „teile und herrsche“. „Sie versucht ständig, einen Keil zwischen Mitglieder und Gewerkschaft zu treiben“, schilderte der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft ZNP. Broniarz verwies auf den Streik der Lehrkräfte von 2019 – dem größten in der polnischen Geschichte. Damals wie heute ging es um mehr Gehalt und notwendige Reformen im Bildungsbereich.

Disziplinarmaßnahmen und Kriminalisierung

Auch in Ungarn wird das Menschenrecht, sich in Gewerkschaften zu organisieren, mit Füßen getreten. „Wir versuchen seit Jahren, mit der Regierung zu verhandeln“, berichtete Erzsébet Nagy, Vorstandsmitglied der Lehrergewerkschaft PDSZ. „Weil alle Bemühungen ergebnislos verpufften, traten die Lehrkräfte im März 2022 in einen unbefristeten Streik, um mehr Lohn und eine geringere Stundenbelastung durchzusetzen.“ Die Reaktion der Regierung: Disziplinarmaßnahmen und Kriminalisierung.

In den Türkei gehe die zunehmend autoritärer regierende AKP gegen alle vor, die sich für die Rechte der abhängig Beschäftigten, für Demokratie und Frieden einsetzen. Nejla Kurul, die Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft Eğitim-Sen, erinnerte an das Schicksal der nach dem Putschversuch 2016 Verhafteten.

Zehntausende verloren damals Arbeit und Einkommen. Kurul selbst hatte bereits vorher ihre Professur an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Ankara-Universität verloren, weil sie in einem Aufruf auf massive Verletzungen von Menschenrechten in den kurdischen Gebieten aufmerksam gemacht hatte. Sie appellierte an die Delegierten des Gewerkschaftstages, mit ihrer Solidarität und Unterstützung nicht nachzulassen. „Viele Entlassene warten immer noch darauf, an ihren Arbeitsplatz zurückkehren zu können.“

Links
  • Alles zum Gewerkschaftstag
  • Videos
  • Was ist der Gewerkschaftstag?