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Berufliche Bildung

Die Verzahnung fehlt

Die berufliche Ausbildung steckt in einer Krise: Jugendliche wählen lieber andere Bildungswege. Es gibt allerdings eine Ausnahme, die sich gegen den negativen Trend behauptet: das duale Studium. Doch auch in diesem Bereich gibt es Probleme.

Der beruflichen Ausbildung fehlt der Nachwuchs. (Foto: Pixabay / CC0)

Das duale Studium soll die Inhalte für die Lernenden an einer Hochschule oder Berufsakademie mit einer dualen Berufsausbildung oder bei längeren Praxisphasen in einem Unternehmen verknüpfen. Die enge Verzahnung von Hochschule und Praxis gilt als das „Alleinstellungsmerkmal“ der dualen Studien- und Ausbildungsgänge. Der Reiz für die dual Studierenden liegt in der Kombination aus theoretischer Hochschulausbildung und praktischem Lernen im Betrieb. Aber schaffen es die dualen Studiengänge, diese Erwartungen zu erfüllen? Die DGB-Jugend wollte es genau wissen: Für ihren Report zum dualen Studium hat sie deshalb das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) an der Uni Essen-Duisburg beauftragt, nachzufragen. 3.516 der insgesamt rund 120.000 dual Studierenden aus dem gesamten Bundesgebiet standen Rede und Antwort.

„Wenn ganze 75 Prozent der Befragten die schlechte Verzahnung von Theorie und Praxis bemängeln, ist das ein eindeutiger Handlungsauftrag an den Gesetzgeber.“ (Elke Hannack)

Die Lernenden beklagen vor allem einen Punkt: Das duale Studium wird seinem Anspruch, akademische und berufliche Ausbildung zu verbinden, nicht gerecht. „Wenn ganze 75 Prozent der Befragten die schlechte Verzahnung von Theorie und Praxis bemängeln, ist das ein eindeutiger Handlungsauftrag an den Gesetzgeber“, sagt Elke Hannack, Vize-Vorsitzende des DGB. 71 Prozent der Befragten gaben sogar an, dass sie noch nicht einmal eine Abstimmung zwischen Hochschule und Betrieb wahrnehmen. Die Antwort eines der Befragten ist beispielhaft für das Problem: „Mein Arbeitgeber hat an einer Verzahnung zwischen Uni und Praxis kein Interesse, da er eher an der Erledigung meines Arbeitspensums interessiert ist.“

Doch es gibt auch positive Beispiele: „Die Verzahnung zwischen Betrieb und Hochschule klappt meiner Meinung nach relativ gut, und die Module aus der Uni und die Praxiserfahrungen ergänzen sich. Wir haben alles, was wir gelesen haben, auch praktisch umgesetzt“, schreibt ein anderer Lernender.

Voraussetzung ist eine gut funktionierende Kommunikation

Ein duales Studium kann durchaus funktionieren, wenn Hochschulen und Betriebe gut zusammenarbeiten. Hannack fordert deshalb Vorgaben zum Umfang der Praxisanteile und zur betrieblichen Qualitätssicherung: „Die Hochschulen und Betriebe müssen deutlich mehr tun, um die Lerninhalte aufeinander abzustimmen.“ Sie sollten ihre Pflicht zur Qualitätssicherung ernst nehmen und regelmäßig überprüfen, ob Theorie und Praxis gut aufeinander abgestimmt sind. „Qualität vor Quantität – dieses Motto muss auch für das duale Studium gelten“, so die DGB-Vize.

Voraussetzung für eine gute Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis ist eine funktionierende Kommunikation zwischen den verantwortlichen Lehrkräften an der Hochschule und dem Ausbildungspersonal im Betrieb. In der Praxis ist dies aber vielfach nur ein frommer Wunsch: Lediglich ein Drittel der Befragten berichtet, dass es eine Abstimmung gibt, ein gutes Viertel kann dazu keine Aussage machen. Deutliche Unterschiede zeigen sich bei der Größe der Betriebe: Je größer das Unternehmen, desto häufiger wird die Frage nach der Abstimmung positiv beantwortet.

Oft steht die Organisation des Studiums in der Kritik: Überschneidungen von Lehrveranstaltungen, zu viel Stoff, schlecht geplante Prüfungen und mangelnder Austausch mit den Lehrenden. Die dual Studierenden fühlen sich zu wenig begleitet und kritisieren die Lücken in der Vorbereitung auf die praktischen Ausbildungsteile.

Trotz der Defizite bei den Hochschulen und im Betrieb zeigen frühere Studien des IAQ, dass die Zufriedenheit der dual Studierenden sehr hoch ist (zwischen 86 und 89 Prozent je nach Lernort), obwohl Erwartungen und Erfahrungen nicht unbedingt deckungsgleich sind.