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Deutscher Personalräte-Preis 2022

„Der Entgrenzung der Arbeit einen Riegel vorschieben“

Für eine Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit der unterstützenden pädagogischen Fachkräfte an Schulen ist der Lehrerhauptpersonalrat beim Bildungsministerium Mecklenburg-Vorpommern mit dem Deutschen Personalräte-Preis in Gold ausgezeichnet worden.

Wie viele Überstunden eine unterstützende pädagogische Fachkraft (upF) an einer Schule in Mecklenburg-Vorpommern im Schnitt macht, kann Personalrat Thomas Pohl nicht konkret beziffern. Aber mit der Vor- und Nachbereitung der Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern, dem Einsatz in der unterrichtsfreien Zeit, bei Schulwanderungen und Schulfahrten sowie dem ausnahmsweisen Einsatz als Lehrkraft kommt so etliches zusammen.

An einigen Schulen des Landes sei die Arbeitszeit der upFs auch „vernünftig“ geregelt gewesen, sagt Pohl, GEW-Mitglied im Lehrerhauptpersonalrat (LHPR) beim Ministerium für Bildung und Kindertagesförderung Mecklenburg-Vorpommern – an vielen jedoch nicht.

Daher trat der LHPR auf Initiative der GEW-Fraktion bereits 2015 an das Ministerium heran. Ziel war es, „transparente, verlässliche und landesweit gültige rechtssichere Regelungen“ zu schaffen, betont Pohl. Herausgekommen ist nach zähen Verhandlungen eine Dienstvereinbarung (DV), für die das GEW-Projekt am 9. November beim Schöneberger Forum in Berlin mit dem Deutschen Personalräte-Preis 2022 in Gold ausgezeichnet wurde.

„Die Vor- und Nachbereitung wurde in die Freizeit der Kolleginnen und Kollegen geschoben.“ (Daniel Merbitz)

upF unterstützen die Lehrkräfte bei der Durchführung des Unterrichts und die Schülerinnen und Schüler in ihrer allgemeinen und schulischen Entwicklung. Vor dem Hintergrund der Inklusionsstrategie des Landes werden sie in allen Schulformen immer mehr eingesetzt. In der Regel sind upF staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher.

Die Krux: In einer Kita werden Erzieherinnen und Erziehern laut Kindertagesförderungsgesetz - KiföG M-V pro Vollzeitstelle fünf Stunden pro Woche für die mittelbare pädagogische Arbeit angerechnet. Ähnliches galt für die Arbeitszeit der upF an Schulen nicht. „Die Vor- und Nachbereitung wurde in die Freizeit der Kolleginnen und Kollegen geschoben“, sagte GEW-Hauptvorstandsmitglied und Laudator Daniel Merbitz.

Entgrenzung der Arbeit stoppen

Die am 30. September 2020 unterzeichnete Dienstvereinbarung, die am 1. August 2021 in Kraft trat, sieht nun unter anderem vor, dass neben der „am Kind zu leistenden Arbeitszeit“ für „sonstige Aufgaben“ pro Vollzeitstelle zunächst pauschal sechs Stunden wöchentlich zur Verfügung stehen. Regelungen gibt es auch für die Teilnahme an Schulfahrten und -wanderungen sowie die Vertretung der Lehrkraft. Nicht bewegt habe sich die andere Seite beim Thema Altersanrechnungsstunden, wie es sie in Mecklenburg-Vorpommern für Lehrkräfte ab 57 Jahren gibt, sagt Pohl.

Merbitz betonte, durch die DV werde die verantwortungsvolle Tätigkeit der upF „sichtbar und abrechenbar“. Und: „Der Entgrenzung der Arbeit wird ein Riegel vorgeschoben.“ Jury-Mitglied Anne Kilian, Mitglied im Schulhauptpersonalrat beim Niedersächsischen Kultusministerium, lobte, die Anerkennung mittelbarer Zeiten sei „ein beachtliches Ergebnis, das sich einige Bundesländer als Vorbild nehmen können“.

Für Pohl geht es nun darum, die DV im Schulalltag „mit Leben zu füllen“. Nach einer Laufzeit von zwei Jahren wollen Ministerium und LHPR die Regelungen auf Angemessenheit und Wirksamkeit überprüfen.

Sonderpreis in der Kategorie Schwerbehindertenvertretung

Neben dem Hauptpreis hat sich die GEW über eine weitere Ehrung gefreut: Gesamtpersonalrat und Schwerbehindertenvertretung der Universität Potsdam bekamen einen Sonderpreis für die Einführung und Umsetzung einer Inklusionsvereinbarung mit Blick auf studentische Beschäftigte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Der Deutsche Personalräte-Preis ist eine Initiative der Fachzeitschrift „Der Personalrat“ aus dem Bund-Verlag. Er würdigt seit 2010 beispielhafte und herausragende Projekte von Interessenvertretungen im öffentlichen Dienst, welche die Arbeitsbedingungen, das Arbeitsumfeld oder soziale Regelungen für die Beschäftigten verbessern.
  • Silber vergab die Jury an den Gesamtpersonalrat der Landeshauptstadt Stuttgart. Die Interessenvertretung erzielte eine umfassende Rahmendienstvereinbarung zur Gestaltung der digitalen Transformation und zur Erweiterung der Mitbestimmung.
  • Der Personalrat der Medizinischen Hochschule Hannover initiierte eine Krisenbegleitung in Form von psychosozialer Hilfe für Beschäftigte, die traumatischen Arbeitserfahrungen ausgesetzt sind. Dafür wurde das Gremium mit der diesjährigen Auszeichnung in Bronze geehrt.
  • Für ihren Einsatz zur Verbesserung der Ausbildungsbedingungen erhielt die Jugend- und Auszubildendenvertretung der Stadt Essen den Sonderpreis der DGB-Jugend
  • Das Versicherungsunternehmen Debeka verlieh als Kooperationspartner erstmals einen eigenen Sonderpreis an den Gesamtpersonalrat der Stadtverwaltung Oberhausen für die Absicherung von Beschäftigten und den Aufbau personalvertretungsrechtlicher Strukturen bei der Gründung eines Eigenbetriebs.