Fotos: F-SYNTER
Am 4. und 5. Februar fand in Burkina Faso ein landesweiter Streik im öffentlichen Dienst statt. Im ganzen Land wurden Demonstrationen und Kundgebungen veranstaltet. Allein in der Hauptstadt Ouagadougou beteiligten sich rund 4.000 Personen an einer Streikversammlung im Gewerkschaftshaus. Zahlreiche Schulen blieben geschlossen, weil auch die Lehrer den Streik unterstützten. Aufgerufen zu dem Streik hatte eine Aktionseinheit von 34 Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes (UAS), zu der auch die Lehrergewerkschaft F-SYNTER gehört.
Zusagen nicht eingehalten
Hintergrund des Streiks ist die Verärgerung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst über nicht eingehaltene Zusagen der Regierung Blaise Compaoré über eine Reform der Gehaltszulagen im öffentlichen Dienst. Seit Mai 2013 finden Verhandlungen mit den Gewerkschaften über eine Tabelle der Zulagen für die verschiedenen Berufsgruppen statt. Die Gespräche sind bis jetzt allerdings ohne Ergebnis geblieben, da die Regierung immer wieder Termine platzen ließ und sich nicht an Zusagen hielt. Für viele der Angestellten im öffentlichen Dienst bedeutet die Hinhaltepolitik der Regierung, dass sie akut von Armut bedroht sind, denn die rapide steigenden Lebenshaltungskosten schränken bei den stagnierenden niedrigen Gehältern die Kaufkraft empfindlich ein.
Als Reaktion auf den Streik hat die Regierung die Gespräche mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes wieder aufgenommen und die Tabelle der Gehaltszulagen wird erneut verhandelt. Die Gewerkschaften sehen ihren jetzigen Streik nur als ersten Schritt zur Durchsetzung ihrer Forderungen. Sollte die Regierung sich nicht bewegen, wird der Streik ausgeweitet auch auf die anderen Gewerkschaften der UAS (Zusammenschluss aller Gewerkschaften), dann aber nicht nur wegen der Tabellen zu Gehaltszulagen, sondern auch zu Lohnforderungen.
Angespannte Lage
Der Streik findet in einer Zeit krisenhafter Anspannung in dem westafrikanischen Land statt. Präsident Compaoré steht momentan zwei großen Blöcken gegenüber: politischer Opposition und Gewerkschaften. Er ist gezwungen sich zu bewegen. Verschiedene Gruppen kämpfen um die Macht im Staat. Wichtige Funktionäre der Regierungspartei CDP sind vor kurzem aus der Partei ausgetreten und haben am 25.1. 2014 eine neue Partei (MPP) gegründet. Gleichzeitig schlossen sich über 40 zivile und politische Gruppierungen zur Front Républicain zusammen, um die Regierung Blaise Compaoré zu unterstützen. Am 18.1. 2014 hatten die oppositionellen Gruppen zu einem landesweiten Protesttag aufgerufen. Hunderttausende Menschen protestierten in vielen Städten für Demokratie und Freiheit, gegen die Einführung eines zweiten Senats, gegen die Änderung der Verfassung und eine weitere Amtsperiode von Blaise Compaoré und gegen den rapiden Anstieg der Preise für lebenswichtige Güter.
Gewerkschaften wollen kein Anhängsel der Opposition sein
Die Gewerkschaften haben sich nicht an dem Marsch der Massen beteiligt. Sie argumentieren, dass die politische Opposition zu großen Teilen aus ehemaligen Mitgliedern der Regierungspartei besteht, die zuvor die Politik der Korruption, der Straffreiheit für Kapitalverbrechen, der Bereicherung und des Machtmissbrauchs von Blaise Compaoré mitgetragen haben. Es sei nicht zu erwarten, dass sie sich für Freiheit und Demokratie in Burkina einsetzen. Die Gewerkschaften vertreten zwar inhaltlich die gleichen Positionen wie die politische Opposition. Sie wollen aber nicht nur Anhängsel einer politischen Bewegung sein, sondern, wie in der Vergangenheit mehrfach passiert, gleichberechtigte Partner mit gemeinsam erarbeiteter Plattform. Allerdings sei die Stimmung im Volk derzeit so, dass jedwedem Aufruf zum Sturz Compaorés Folge geleistet werde. Es ist zu befürchten, dass sich die Lage in Burkina weiterhin zuspitzt und zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führt.
Seit 27 Jahren an der Macht
Blaise Compaoré kam 1987 durch einen Staatsstreich an die Macht und ist seitdem Präsident Burkinas. Im Jahr 2015 läuft seine Amtszeit ab, und er darf nicht noch einmal zur Wahl des Präsidenten antreten. Deshalb will er den Art. 37 der Verfassung ändern, um eine nochmalige Amtszeit für sich zu ermöglichen. Auch die von ihm gewollte Einführung eines zweiten Senats ist heftig umstritten, da dieser viel Geld verschlingt, das für Bildung und Gesundheit dringend benötigt wird, und nur zum Ziel hat, die Hausmacht der Compaorés zu stärken: sollte Blaise nicht mehr zur Wahl antreten können, soll sein Bruder Francois der potentielle Nachfolger sein und mit Hilfe der Senatsmitglieder die Wahl gewinnen.