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Burkina Faso: Erfolgreiche Frauenkonferenz

Fast 100 Frauen und Männer haben am 7.12.2013 am vierten Frauenkongress der burkinischen Lehrergewerkschaft F-SYNTER teilgenommen. Mit dabei waren auch die drei GEW-Kolleginnen Tina Lipps, Bruni Römer und Sabine Tölke-Rückert.

Fotos: F-SYNTER, Manfred Brinkmann

Das westafrikanische Burkina Faso ist eines der ärmsten Länder Afrikas. Seit Jahren pflegt die GEW partnerschaftliche Kontakte mit der burkinischen Lehrergewerkschaft F-SYNTER, deren Generalsekretär Mamadou Barro auch am GEW-Kongress im Juni 2013 in Düsseldorf teilgenommen hat. Mit Unterstützung der GEW fand in der Hauptstadt Ouagadougou nun zum vierten Mal ein nationaler Frauenkongress statt. Schwerpunktthema war das Verhältnis von Politik und Gewerkschaften. „Das war die erfolgreichste Frauenkonferenz, die wir bisher organisiert haben“, so Mamadou Barro, der die Frauenarbeit seiner Gewerkschaft aktiv fördert. „Die finanzielle Unterstützung der GEW und die Teilnahme von drei GEW-Kolleginnen sind ein deutliches Zeichen der dynamischen Beziehungen unserer beiden Gewerkschaften.“

Fast 100 Frauen aus 29 Orten Landes waren in die Hauptstadt gekommen, um an dem Kongress teilzunehmen. Nur die Sahelzone und die Region Cascades im Südwesten Burkina Fasos waren nicht vertreten. Auch zwei Schulleiter von Gymnasien nahmen teil. Erstmalig war die Presse bei einem Frauenkongress der F-SYNTER anwesend. Bei der Vorstellung der Frauen wurde deutlich, dass viele von ihnen gewerkschaftliche Funktionen in den regionalen Frauenkomitees oder Ortsgruppen der F-SYNTER ausüben. In seiner Begrüßungsrede betonte Mamadou Barro die Wichtigkeit der Mobilisierung von Frauen für den gewerkschaftlichen und politischen Kampf.

Gewerkschaften und politische Parteien

Im Hauptreferat sprach der stellvertretende F-SYNTER Generalsekretär Süleyman Badiel über den Unterschied von Gewerkschaften und politischen Parteien. Gewerkschaften vertreten als Massenorganisationen von Arbeitnehmern politische Minimalforderungen. Parteien sind dagegen Interessenvertretungen bestimmter Bevölkerungsgruppen mit einem gesellschaftspolitischen Programm und streben im Unterschied zu Gewerkschaften die politische Macht im Staat an. Doch auch Gewerkschaften sind nie unpolitisch oder neutral, selbst wenn bürgerliche Kräfte das gerne glauben machen wollen, versuchen sie doch oft “neutrale” Gewerkschaften für ihre eigenen Ziele zu instrumentalisieren.

F-SYNTER als klassenkämpferische Gewerkschaft hat neben dem Kampf für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen auch eine politische Vision, nämlich die Überwindung von Verhältnissen, die die Menschen unterdrücken und ausbeuten. In der Diskussion waren die Frauen sich einig, dass Burkina Faso, wie viele afrikanische Länder, in einer Art Neokolonialismus durch die eigene Regierung gefangen ist und von den reichen Ländern der Welt ausgebeutet wird. Um den Reichtum des Landes wie z.B. Gold für die Bevölkerung nutzen zu können, müssten die korrupten Regierungscliquen verjagt werden.

Hilfe für Waisenkinder

Die drei GEW-Kolleginnen Tina Lipps, Bruni Römer und Sabine Tölke-Rückert hatten anschließend die Möglichkeit, über ihre eigenen Erfahrungen in der Gewerkschaftsarbeit in Deutschland zu berichten. Dass siebzig Prozent der GEW-Mitglieder Frauen sind und nun bereits zum zweiten Mal mit Marlis Tepe eine Frau zur GEW-Vorsitzenden gewählt wurde, löste bei den afrikanischen Gewerkschafterinnen zunächst großes Erstaunen aus, wurde jedoch auch als Ansporn für die eigene Arbeit in der Gewerkschaft begriffen. Dazu gehört auch ein Projekt des F-SYNTER Frauenkomitees zur Unterstützung von Waisen und Halbwaisen.

Rund fünfzig Schülerinnen und Schüler in Burkina Faso, die ein oder beide Elternteile verloren haben, bekommen finanzielle Unterstützung für regelmäßige Schulmahlzeiten, Unterrichtsmaterialen und Fahrräder und erhalten dadurch die Möglichkeit, weiterhin eine Schule zu besuchen. All diese Kinder und Jugendlichen waren extra zum Frauenkongress gekommen, um sich zu bedanken und mit einem betroffen machenden Sketch auf die Lebens- und Bildungsrealität von Kindern ohne Eltern oder aus armen Familien aufmerksam zu machen: Wer das Geld zum Kauf von Büchern und Heften oder zur Bezahlung des Schulgelds nicht aufbringen kann, verliert den Zugang zu Bildung.

F-SYNTER Generalsekretär Mamadou Barro stellte im Presseinterview klar, dass diese Schülerinnen und Schüler ohne die Unterstützung der F-SYNTER Frauen keine Chance auf einen Schulabschluss hätten. Eigentlich sei es Aufgabe der Regierung, allen Kindern Burkina Fasos den Schulbesuch zu ermöglichen, zumal nach dem Gesetz eine allgemeine Schulpflicht von 6 bis 16 Jahren besteht . Dazu seien keine übermäßig hohen Mittel nötig, wie das Beispiel der fünfzig Schülerinnen und Schüler zeige. Statt ihrer Pflicht nachzukommen, verwende die Regierung jedoch Riesensummen für Repräsentationszwecke und zum Machterhalt.

In seinen Abschlussworten ermutigte Barro die Frauen, sich trotz aller Schwierigkeiten vor Ort weiterhin für den gewerkschaftlichen Kampf und die Entwicklung ihres Landes zu engagieren. Lächelnd erklärte er, die Kraft und Stärke der anwesenden Frauen habe seine Schwäche nach mehrwöchiger Erkrankung an Dengue Fieber verjagt, weshalb er bis zum Schluss anwesend sein konnte. Mit der F- SYNTER Hymne, stehend gesungen, klang der Kongress aus, und die Frauen machten sich auf ihren weiten, beschwerlichen Heimweg.