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Kommentar

Bildungsmisere!

Die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe ruft angesichts des Lehrkräftemangels zu einem guten Miteinander mit den neuen Kolleginnen und Kollegen ohne klassische Lehramtsausbildung auf. „Sie brauchen Wertschätzung und sind in der GEW willkommen.“

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe (Foto: Kay Herschelmann)

Wer an der Bildungsmisere nicht schuld ist, ist einfach zu beantworten: alle Quer-und Seiteneinsteiger*innen sowie die vollständig ausgebildeten Lehrkräfte an den Schulen. Im Gegenteil: Sie alle baden aus, was die Finanz- und Bildungspolitikerinnen und -politiker uns, vielen Schülerinnen und Schülern sowie dem Bildungssystem eingebrockt haben.

Die GEW besteht darauf, dass Lehrkräfte eine sehr gute pädagogische und fachliche Ausbildung erhalten. Sie hat Leitlinien für eine bessere Lehramtsausbildung vorgelegt und diskutiert diese mit den Landesregierungen. Die Regierungen müssen jetzt den Mut haben, steuernd einzugreifen und mehr Studienplätze an den Hochschulen durchzusetzen. Dafür müssen diese endlich ausreichend finanziert werden. Solange die Hochschulen sich zu immer größer werdenden Teilen über Drittmittel finanzieren müssen, ist es nicht attraktiv, Lehramtsplätze anzubieten. Deshalb müssen die Länder mehr Geld für die Lehramtsausbildung bereitstellen. Dazu gehört auch, die Studienplatzkapazitäten zu berechnen. Diese Bedarfsprognosen müssen an der Zahl der Geburten, am Ziel Ganztagsschule, am Auftrag Inklusion orientiert sein, die Zahl der Abbrecherinnen und Abbrecher in Studium und Vorbereitungsdienst einkalkulieren und selbstverständlich Verbesserungen der Arbeitsbedingungen der Pädagoginnen und Pädagogen vorsehen. 

Es muss jetzt gehandelt werden, damit daraus in etwa sieben Jahren Taten werden können. Bis dahin gilt es, Notmaßnahmen zu stricken, die trotz der schwierigen Situation verträglich sind. Pensionärinnen und Pensionären sollte ein attraktives Angebot gemacht werden, damit diese z. B. die Qualifizierung der Quer- und Seiteneinsteiger*innen übernehmen.

Jetzt sind Schritte zur Steigerung der Attraktivität notwendig: Das Grundschullehramt ist aufzuwerten und nach A13 (Beamte) und E13 (Angestellte) zu bezahlen, auch Lehrkräfte an Sekundarschulen müssen in einigen Bundesländern noch auf A13/E13 angehoben werden.

Und nun zu den Menschen, die ohne Lehramtsausbildung für die Schule geworben werden. Sie brauchen Wertschätzung und sind in der GEW willkommen. Wir erwarten, dass für diese Menschen, die Unterrichtsfächer oder Pädagogik und Psychologie studiert haben, ein spezieller Vorbereitungsdienst als Quereinsteigerinnen und -einsteiger aufgelegt wird, der pädagogisches Wissen vermittelt oder die fachliche Expertise ergänzt. Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger mit anderen Hochschulabschlüssen und Berufserfahrung brauchen einen Vorkurs. In Sachsen werden sie drei Monate vor Schulbeginn eingestellt und ihnen wird eine Qualifizierung angeboten. Danach muss weiter „on the job“ ausgebildet werden. Am Ende sollten diese Kolleginnen und Kollegen – möglicherweise nach einer Prüfung – den ausgebildeten Lehrkräften auch finanziell gleichgestellt werden.

In manchen Bundesländern ist die Not so groß, da gibt es schon noch weitergehende Notmaßnahmen: „Unterrichten statt Kellnern“ lautet das Angebot des Berliner Senats an Studierende. Solche Programme müssen die absolute Ausnahme bleiben! Was macht das mit den grundständig ausgebildeten Lehrkräften vor Ort? Diese brauchen genügend Zeitressourcen, damit sie den Querein-, Seitenein- oder Umsteigenden als Mentorinnen und Mentoren Praxishilfe und Anleitung bieten können. Für diese Beratungszeit müssen die Kolleginnen und Kollegen einen Zeitausgleich bekommen.

Jetzt sind Schritte zur Steigerung der Attraktivität notwendig: Das Grundschullehramt ist aufzuwerten und nach A13 (Beamte) und E13 (Angestellte) zu bezahlen, auch Lehrkräfte an Sekundarschulen müssen in einigen Bundesländern noch auf A13/E13 angehoben werden. Hier hat die GEW in mehreren Ländern erste Erfolge. Deshalb wird sie im Herbst mit einem weiteren Aktionsschwerpunkt nachlegen. „JA 13“ für alle Lehrkräfte! Das würde die Attraktivität steigern. Schulen an schwierigen Standorten müssen zudem besser mit Lehrkräften und Sozialpädagoginnen und -pädagogen ausgestattet werden. Auch wenn es den Bedarf erhöht. Nur so kann dort Personal gewonnen und gute Schule ermöglicht werden. Kolleginnen und Kollegen mit ausländischen Abschlüssen brauchen gute Wege zu einer zügigen Anerkennung.

Die Kompetenzverteilung in der Bildungspolitik auf Bund, Länder und Kommunen lädt geradezu ein, sich gegenseitig den „Schwarzen Peter“ zuzuschieben. Damit muss Schluss sein! Wir brauchen einen Schulterschluss für gute Bildung – sofort!