"Lehrkräfte stärken und befähigen, um größere Chancengerechtigkeit und bessere Ergebnisse für alle zu erreichen“ war der Titel des siebten internationalen Gipfels zum Lehrkräfteberuf (ISTP = International Summit on the Teaching Profession), zu dem sich Bildungsexperten aus 17 OECD Ländern vom 29.-31.März 2017 in der schottischen Hauptstadt Edinburgh trafen. Der ISTP wurde 2011 in New York mit Unterstützung der Obama-Regierung ins Leben gerufen.
Bildungsgipfel ohne US-Bildungsministerin
Seitdem treffen sich jedes Jahr Wissenschaftler des OECD-Bildungsberichts, Vertreter*innen der Bildungsinternationale und Länderdelegationen bestehend aus einer Bildungsministerin oder einem Bildungsminister sowie Vertreter*innen von zwei Bildungsgewerkschaften und einer Lehrkraft zu einem internationalen Dialog zu Bildungsthemen. Die Schwierigkeit, die in dieser Vorgabe steckt, wurde in Edinburgh überdeutlich. So durften die beiden großen US-Lehrergewerkschaften AFT und NEA diesmal nur als Beobachter*innen, aber nicht als offizielle Delegation teilnehmen, da die von Präsident Trump eingesetzte neue US-Bildungsministerin Betsy deVos ihre Teilnahme am ISTP für unwichtig hielt. Bei Staaten ohne nationales Bildungssystem wie Kanada, Großbritannien oder Deutschland muss das Land darüber entscheiden, welches Provinz- oder Landesministerium die nationale Delegation leitet. Für Deutschland war dies der Bildungsminister von Sachsen-Anhalt, Marco Tullner, der von KMK-Generalsekretär Udo Michallik begleitet wurde. GEW und VBE waren durch ihre Vorsitzenden Marlis Tepe und Udo Beckmann sowie sechs bzw. zwei weiteren Personen in der deutschen Delegation vertreten.
Schulbesuche in Edinburgh
Nach dem großen Interesse an den Schulbesuchen in Berliner Willkommensklassen im Vorprogramm des ISTP 2016 in Deutschland, boten die Gastgeber in Edinburgh einen beeindruckenden Einblick in das schottische Schulwesen von der Bun-Sgoil Tadh na Pairce Grundschule mit Gaelic als Unterrichtssprache bis zur Craigroyston Community High School, in der 70% der Schüler*innen aus Familien kommen, die Sozialhilfe erhalten. Die schottische Regierung fördert gezielt Schulen in sozialen Brennpunkten. Für ihre 500 Schüler*innen erhält die Craigroyston Schule daher 150.000 britische Pfund von der Regierung und noch einmal 130.000 britische Pfund zusätzlich. Wie die internationalen Gäste des ISTP vom Leitungsteam der Craigroyston Schule bei ihrem Besuch erfahren und später auch von John Swinney, dem Bildungsminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten Schottlands, hören konnten, setzt Schottland den Schwerpunkt im Bildungswesen auf die Qualifizierung der Schüler*innen für den Arbeitsmarkt. So wurde die Zahl der Schulabbrecher*innen verringert, in Craigroyston von 23 auf 3, und die Stellenvermittlung durch eine enge Kooperation mit örtlichen Arbeitgebern mehr als verdoppelt. Die Schulen stehen untereinander im Austausch, nicht in Konkurrenz. Das Problem sei nicht die materielle Armut, sondern die Armut an Hoffnung in die Zukunft. Schüler*innen, die einen Universitätszugang erreicht haben, werden im ersten Jahr ihres für alle Schotten kostenfreien Studiums von einer Lehrerin oder einem Lehrer ihrer alten Schule weiter betreut. Politisches Ziel ist es, von Sozialhilfe Abhängige in die gesellschaftliche Teilhabe zu bringen.