Aus Sicht der Arbeitnehmer/innenvertretung wies Ansgar Klinger, Mitglied im geschäftsführenden Vorstand der GEW, Überlegungen zurück, das in der Integrationskursverordnung vorgeschriebene hohe Niveau der Kursleitenden (Akademischer Abschluss + Daz/DaF-Zusatzqualifikation) zu reduzieren, um das Reservoir infrage kommender Lehrkräfte zu erhöhen. Ähnlich wie bei Leiharbeit und Werkverträgen sei bei den Honorarverträgen die Bereitschaft der Arbeitenden unterdurchschnittlich, sich zu organisieren und gemeinsam Verbesserungen der prekären Lage zu erzielen, weshalb es umso wichtiger sei, sich in der Gewerkschaft zu organisieren. Darüber hinaus stelle sich die am Ende zu bejahende Frage, ob die Situation eine andere wäre, wenn nicht mehr als 80 Prozent der etwa 24.000 zugelassenen Integrationskurslehrkräfte Frauen, sondern Männer wären. Das zentrale Problem im Bereich der Integrationskurse, sagte Klinger, sei die Unterfinanzierung - dies gelte im Übrigen für die gesamte öffentlich finanzierte Weiterbildung.
An der anschließende Gesprächsrunde mit Abgeordneten aus dem Innenausschuss des Bundestages nahmen für die SPD Rüdiger Veit, für die Fraktion der LINKEN Sevim Dagdelen und für die Fraktion Bündnis90/DIE GRÜNEN Volker Beck teil. Von der Fraktion der CDU/CSU hatte kein/e Abgeordnete/r die Einladung angenommen. Alle anwesenden Fraktionsvertreter äußerten Verständnis für die Forderungen der Lehrkräfte, legten sich allerdings nicht auf einen bestimmten Umfang der benötigten Gelder fest. Auch die Notwendigkeit, die Integrationskurse für Flüchtlinge zu öffnen, wurde von allen geteilt.
Dagdelen verwies darauf, dass ihre Fraktion sich für die Forderungen der Lehrkräfte schon frühzeitig und wiederholt eingesetzt habe. Die von Professor Schroeder während des Vortrags formulierte Anregung, eine externe Evaluation durchzuführen und die Kurse auch inhaltlich stärker zu differenzieren, fand Zustimmung, konnte jedoch aus Zeitmangel nicht mehr ausgiebig erörtert werden. Da sich die CDU/CSU nicht vertreten ließ, wurden Gegenpositionen nicht ernsthaft vorgebracht und diskutiert. Dem Appell Becks, gemeinsam dafür zu sorgen, dass die Thematik in der Öffentlichkeit stärker ankomme, schlossen sich alle an. Die Moderatoren gaben den Politkern auf den Weg, in ihren Fraktionen und im Deutschen Bundestag die notwendigen Verbesserungen für die Lehrkräfte mit Nachdruck auf die Tagesordnung zu setzen.
Bundesregierung soll Integrationskurse anpassen
Anschließend stellten für die Veranstalter Ansgar Klinger (GEW) und Thiemo Fojkar (BBB) die Genese und den zentralen Inhalt des gemeinsamen Positionspapiers „10 Jahre Integrationskurse – Ein Erfolgssystem ist dringend reformbedürftig“ vor, bevor Ulrich Aengenvoort (DVV) die nächsten politischen Schritte des gebildeten Bündnisses zur gebotenen Verbesserung der Integrationskurse beschrieb.
In dem gemeinsamen Positionspapier wird die Bundesregierung aufgefordert, die Integrationskurse zehn Jahre nach ihrer Einführung mit einer grundlegenden Reform den veränderten gesellschaftlichen Erfordernissen anzupassen. Reformbedarf sieht das Bündnis insbesondere in drei Bereichen:
- Der Integrationskurs muss geöffnet werden für Asylsuchende und Geduldete. Denn für echte Teilhabe an Gesellschaft und Arbeitsmarkt müssen Einwanderer schnellstmöglich die Landessprache erlernen.
- Die Lehrkräfte müssen leistungsgerecht bezahlt und sozial abgesichert werden, entsprechend den hohen Anforderungen an ihre Qualifikationen und Leistungen.
- Die Träger brauchen mehr Planungssicherheit und müssen bürokratisch entlastet werden, um Zuwanderern einen orts- und zeitnahen Zugang zu einem zuverlässigen und differenzierten Angebot zu ermöglichen.
Für die Reform werden zusätzliche Mittel benötigt, die sich im Vergleich zu ihrem hohen Nutzen für Gesellschaft und Wirtschaft vergleichsweise bescheiden ausmachen.
Nahezu das gesamte Spektrum der Integrationskursträgerlandschaft – auch das ist einmalig – hat sich dem Bündnis angeschlossen hat: die Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeit e.V., Arbeit und Leben, die Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit, die Katholische Erwachsenenbildung Deutschland, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, die deutsche Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung, das DAZ Netzwerk und der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit.
Ansgar Klinger, Ursula Martens-Berkenbrink, Josef Mikschl
Fotos: Kay Herschelmann