Pakt für Forschung und Innovation
Bund und Länder lockern Zügel bei Gleichstellung
Mit dem Pakt für Forschung und Innovation (PFI) finanzieren Bund und Länder die außeruniversitäre Forschung sowie die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Bei der Verlängerung bleiben die gleichstellungspolitischen Instrumente auf der Strecke.
Neben dem Zukunftsvertrag „Lehre und Studium stärken“ und dem Programm „Innovative Hochschullehre“ haben die Regierungschefinnen und Regierungschefs des Bundes und der Länder im Juni auch die Verlängerung des PFI bis 2030 auf den Weg gebracht. Letzterer ist das mit Abstand größte Paket, das Bund und Länder schnürten. Max-Planck- und Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz- und Leibniz-Gemeinschaft sowie die DFG werden Jahr für Jahr mit rund zehn Milliarden Euro gefördert. Die Fördersumme wird jährlich um drei Prozent aufgestockt. Ein Teil der Gelder landet über die DFG in Form von Drittmitteln an den Hochschulen.
Aus der inzwischen vorliegenden Verwaltungsvereinbarung zum PFI, die die Geschäftsstelle der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) erst nach Unterzeichnung des Pakts veröffentlichte, ergibt sich, dass Bund und Länder bei der Förderung der Forschungsorganisation in Sachen Gleichstellung „die Zügel locker lassen“, so die Bildungsgewerkschaft GEW.
Vorgaben „eingedampft und weichgespült“
Der alte, im Jahr 2020 auslaufende PFI hatte die geförderten Einrichtung noch verpflichtet, ihre „Aktivitäten, chancengerechte und familienfreundliche Strukturen und Prozesse zu gewährleisten“, „deutlich“ zu verstärken. In der quantitativen Repräsentanz von Frauen, insbesondere in verantwortungsvollen Positionen, wurden „signifikante Änderungen“ eingefordert. Zu diesem Zweck wurde die DFG und die Forschungseinrichtungen zur „Definition neuer, ambitionierter Zielquoten“ sowie zur Vorlage von Gesamtkonzepten aufgefordert, die die „chancengerechte Gestaltung von Prozessen“, „chancengerechtes Karrieremanagement“ und „familienfreundliche Organisationsmodelle“ einschlossen. In Führungsgremien wurde ein Frauenanteil von mindestens 30 Prozent vorgegeben.
Die entsprechenden Vorgaben wurden aber in der neuen Verwaltungsvereinbarung, die 2021 in Kraft treten und bis 2030 gelten soll, erheblich „eingedampft und weichgespült“, kritisierte der stellvertretende Vorsitzende und Forschungsexperte der GEW, Andreas Keller. Übrig geblieben seien nur sehr wenige und vage gehaltene Zielbeschreibungen. Konkrete Zielvorgaben fehlten, monierte Keller.
„Bund und Länder stehlen sich aus der Verantwortung für faire Beschäftigungsbedingungen und Chancengleichheit an den von ihnen finanzierten Forschungseinrichtungen sowie dem mit Abstand größten Drittmittelgeber der Hochschulen, der DFG – das ist skandalös.“ (Andreas Keller)
Darüber hinaus beanstandete der GEW-Vertreter, dass auch Vorgaben für eine verlässliche Ausgestaltung von Karrierewegen sowie ein „verantwortlicher Umgang mit Befristungen“ aus der To-Do-Liste der Forschungsorganisationen gestrichen worden sei. Unsichere Karrierewege und das aus dem Ruder gelaufene „Befristungsunwesen“ schreckten aber nachweislich Frauen stärker als Männer von einer wissenschaftlichen Laufbahn ab, führte Keller aus.
„Bund und Länder stehlen sich aus der Verantwortung für faire Beschäftigungsbedingungen und Chancengleichheit an den von ihnen finanzierten Forschungseinrichtungen sowie dem mit Abstand größten Drittmittelgeber der Hochschulen, der DFG – das ist skandalös. Die vorliegenden statistischen Daten zeigen unmissverständlich, dass die Forschungsorganisationen nicht aus eigenem Antrieb fähig sind, die Lage zu verbessern,“ sagte der GEW-Vize. So liege der Anteil der Frauen an Führungspositionen je nach Organisation zwischen vier und 25 Prozent. Der Anteil der befristeten Beschäftigungsverhältnisse in der Entgeltgruppe 13 des wissenschaftlichen Nachwuchses betrage zwischen 82 und 98 Prozent.
Keller abschließend: „Es ist richtig und wichtig, dass Bund und Länder mit dem PFI für eine nachhaltige Finanzierung der Forschungsorganisationen sorgen. Sie müssen aber auch sicherstellen, dass in der Forschung Frauen und Männer die gleichen Chancen haben und faire Beschäftigungsbedingungen gelten. Bis zum In-Kraft-Treten der neuen Verwaltungsvereinbarung am 1. Januar 2021 ist noch ausreichend Zeit, nachzulegen.“