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„Der marktgerechte Mensch“

Kritischer Blick auf die Arbeitswelt im Wandel

Die Dokumentation erzählt anhand mehrerer Fallbeispiele vom Wandel des Arbeitsmarktes: Unsichere und prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Algorithmus-gesteuerte Arbeitsprozesse und Crowdworking haben unser Leben rasant verändert.

Spätestens seit der großen Finanzkrise ist unser Arbeitsmarkt im Umbruch. Die soziale Marktwirtschaft und die über Jahrzehnte erstrittenen Solidarsysteme werden mehr und mehr ausgehebelt. Der sich immer weiter beschleunigende Wettbewerb bringt das gesamte gesellschaftliche Gefüge in Gefahr. Unser soziales Bindegewebe droht durch Verarmung, Vereinzelung und Entsolidarisierung zu zerbrechen. Dieses Bild zeichnet die Dokumentation „Der marktgerechte Mensch“ (Kinostart 16. Januar 2020).

Zerstörte Lebensläufe

Nachdem die Filmschaffenden Leslie Franke und Herdolor Lorenz sich in „Der marktgerechte Patient“ (2018) kritisch mit dem Zustand unseres Gesundheitssystems auseinandersetzten, zeigt ihre neue Produktion anhand einer Auswahl von Fallbeispielen die gravierenden Veränderungen unseres Arbeitsmarkts: Unsichere und prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Algorithmus-gesteuerte Arbeitsprozesse und Crowdworking haben unser Leben rasant verändert – und nicht selten zu zerstörten Lebensläufen und psychischen Erkrankungen geführt.

Noch vor 20 Jahren waren in Deutschland knapp zwei Drittel der Beschäftigten in einem Vollzeitjob mit Sozialversicherungspflicht. Heute sind es nur noch 38 Prozent. Aktuell befindet sich bereits die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen. „Der marktgerechte Mensch“ zeigt Fahrer für Essenslieferanten, die von einem Algorithmus gesteuert werden, Beschäftigte des Einzelhandels, die auf Abruf arbeiten und Crowdworker, die auf Internet-Plattformen mit der ganzen Welt konkurrieren.

„Frist ist Frust“-Kampagne im Film

Der Film zeigt aber auch Solidarität zwischen jungen Menschen, die für einen Systemwandel eintreten, und stellt Betriebe vor, die nach dem Prinzip des Gemeinwohls wirtschaften. „Der marktgerechte Mensch“ will Mut machen und dazu motivieren, sich zusammenzuschließen und einzumischen. Auch die GEW taucht in der Produktion auf – als Teil einer Protestaktion des Bündnisses Frist ist Frust, das für mehr unbefristete Beschäftigung an den Hochschulen mobil macht. 

Nach Einschätzung von Kinofenster.de „lohnt sich die Betrachtung im Unterricht ab der zehnten Klasse, weil die gut recherchierten Einzelschicksale die Kehrseite der ‘neuen’ Arbeitswelt beleuchten. Zu den Stärken des Films gehört es auch, dass er den Blick über den europäischen Tellerrand wagt und zeigt, dass die New Economy längst auch jenseits des Äquators, wie in der äthiopischen Textilindustrie, angekommen ist“.

Jugendliche können Interviews führen

Ausgehend vom Film können Jugendliche selbst zum Thema recherchieren und berufstätige Bekannte oder Familienangehörige interviewen. Dabei lässt sich nicht nur die aktuelle Lage, sondern auch die Frage nach sozialer Absicherung und Arbeitnehmerrechten erörtern, zum Beispiel mit Blick auf die gewerkschaftliche Interessensvertretung. Grundsätzlich empfiehlt es sich, mit den Schülerinnen und Schülern die Haltung der Filmschaffenden zu ihrem Thema zu analysieren und zu diskutieren. Dabei kann das Regie-Statement, das auf Youtube zur Verfügung steht, herangezogen werden.