In seiner Begrüßungsrede hob der Geschäftsführer der FES, Roland Schmidt, die langjährige Zusammenarbeit der FES mit der GEW in frauen- und gleichstellungspolitischen Themen hervor und verwies auf die Unterstützung der streikenden Erzieher*innen in der Bevölkerung. Der hohe Anteil an schlecht oder gar unbezahlter Arbeit von Frauen – insbesondere im sozialen und erzieherischen Bereich – müsse endlich verringert werden. Die Bundesregierung habe mit Maßnahmen wie dem ElternGeldPlus, der Frauenquote und dem Mindestlohn einige wichtige Schritte getan.
Frauke Gützkow, das für Frauenpolitik zuständige Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands der GEW, nannte in ihrem Begrüßungswort vier entscheidende Hebel zur nachhaltigen Aufwertung von Frauenberufen: 1. Tarifpolitik einer zeitgemäßen Entgeltordnung, 2. die Einführung eines Bundeskitaqualitätsgesetz für eine gute Bildung im Kitabereich, 3. ein wirksames Entgeltgleichheitsgesetz und 4. einen nachhaltigen Abbau von Geschlechterstereotypen. Als erster vierwöchiger Erzwingungsstreik eines weiblich dominierten Berufsfeldes, könne die Tarifrunde im Sozial- und Erziehungsdienst als Streik des Jahrzehnts gewertet werden, resümierte Gützkow. Der Streik habe als Kampf von Frauen für Frauen zur gesamten Aufwertung der so genannten „Frauenberufe“ einen entscheidenden Beitrag geleistet.
Die Tätigkeitsmerkmale von Erzieherinnen stammten teilweise aus den 1970er Jahren. Der Anspruch an die Bildung und pädagogische Begleitung in den Kitas jedoch sei enorm gestiegen. Erzieherinnen, Sozialarbeiterinnen und andere sozialpädagogische Fachkräfte seien hochprofessionelle Expertinnen für Bildung und Soziales. Entsprechend müssten sie entlohnt und gewertschätzt werden. Als Voraussetzung für verbesserte Bildungs- und Erziehungsangebote fordere die GEW darum ein Kitaqualitätsgesetz. Dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab einem Jahr und dem rasanten Ausbau an Kitas müsse eine Qualitätsoffensive folgen.
Große Erwartungen ans Entgeltgleichheitsgesetz
Um die direkte Geschlechterdiskriminierung über geringere Entgelte abzubauen, braucht es nach Ansicht von Gützkow ein Entgeltgleichheitsgesetz. Das von Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) geplante Entgelttransparenzgesetz wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung zu Herstellung von Entgeltgleichheit. Die Erwartungen an dieses seien groß. Die Forderungen von Fachleuten an das Gesetz: geschlechtsneutrale Arbeitsbewertungen, ein Verbandsklagerecht, die Abschaffung von Minijobs, Entgeltungleichheit auch bei Zulagen, Abfindungen und Dienstwagen, die Offenlegung von Vergütungsstrukturen, die Überarbeitung des Rentensystems und die Abschaffung des Ehegattensplittings werden gefordert.
Zu guter Letzt führte Gützkow als Hebel zum Abbau des Gender Pay Gaps die Verringerung von Geschlechterstereotypen an. Geschlechterbewusstsein sei Aufgabe der Bildung ab der Kita. Das heißt unter anderem Aufmerksamkeit und Sensibilität gegenüber alltäglicher Zuschreibungen, die auch die Berufswahl und so auch die Einkommens- und Karriereperspektiven beeinflussten.
Dr. Ralf Kleindiek, Staatssekretär des BMFSFJ, der die kurzfristige Absage von Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig auf dem Podium entschuldigte, betonte, dass die Ursachen des Gender Pay Gaps nur durch die Betrachtung des Lebensverlaufs und der einzelnen Stationen zu verstehen und schlussendlich zu bekämpfen seien. Mittlerweile stelle selbst die Wirtschaf die Lohnlücke von 22 Prozent nicht mehr in Frage. Eine Ursache sieht Kleindiek im Berufswahlverhalten, eine weitere in der Vereinbarkeitsproblematik zwischen Familie und Beruf. Positiv zu vermerken sei: Unternehmen hätten verstanden, dass Arbeitnehmer*innen das private Leben zurückfahren wollten. Doch obwohl die meisten Familien die Aufteilung zwischen Erwerbs- und Familienarbeit untereinander aufteilen wollten, gelinge es nur 15 Prozent.
Ministerin für mehr Geld zur Aufwertung der Berufszweige
Darum setze sich Ministerin Schwesig für eine Familienarbeitszeit ein. Mit dem ElternGeldPlus sei ein Schritt in diese Richtung begangen worden. Und obwohl in Unternehmen mit Tarifverträgen der Gender Pay Gap weit geringer läge, wäre auch hier eine Lohnlücke auszumachen. Tarifverhandlungen würden oft zu Lasten weiblicher Arbeitsfelder ausgehandelt. Dies sei nicht nur im sozialen Bereich, wie der Pflege der Fall, auch in der Justiz sei dies neuerdings zu beobachten. In dem Maße wie der früher männlich dominierte Richter*innenberuf weiblich wurde, habe sich in den vergangenen Jahrzehnten das Einkommen verringert.
Vor dem Verfassungsgericht läge aktuell eine mehr als gerechtfertigte Klage von Richterinnen vor, erläuterte Kleindiek. Manuela Schwesigs klare Unterstützung der streikenden Erzieherinnen und Sozialdienste habe bei den Ländern und Kommunen harsche Kritik ausgelöst. Die Ministerin setze sich jedoch gezielt dafür ein, dass zur Aufwertung der Berufszweige mehr Geld zur Verfügung gestellt werde.
Ziel des Entgelttransparenzgesetzes ist unter anderem ein individueller Auskunftsanspruch und Transparenz über Entgelthöhen im Lagebericht von Unternehmen ab 500 Beschäftigten. Zudem entwickle das BMFSFJ ein einfaches Verfahren mit dem Unternehmen Entgeltungleichheiten aufdecken können, ergänzte Kleindiek. Jene Unternehmen, die an diesem Verfahren teilnehmen, sollen von der Verpflichtung befreit werden, im Lagebericht die Entgeltsstruktur aufzuzeigen. Der Dialog mit den Sozialpartner*innen zu dem Thema habe bereits begonnen.