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LesePeter Dezember 2023

Auszeichnung für das Bilderbuch „Superglitzer“

Als die Tiere im Wald ein „Superglitzer“ finden, das kuckucken, piepsen, snappen und whooopen kann und sogar spricht, herrscht helle Aufregung bei Elster, Maulwurf und Fuchs. Ihre Naivität sorgt dabei für eine amüsante Medienschau.

In dem Comicbilderbuch treffen Natur und Kultur in humorvollen Dialogen aufeinander. Die Faszination eines Smartphones, das in den Augen der Waldbewohnerinnen und -bewohner zu einem „Superglitzer“ wird, präsentiert sich in knalligen Pantonefarben. Was ein „Superglitzer“ ist, und was man damit alles machen kann, erfahren die Leserinnen und Leser aus der Perspektive verschiedener Tiere, die sich dem Fundstück jeweils entsprechend ihres Vorwissens nähern.

Daher geht der LesePeter des Monats Dezember 2023 an Melanie Laibl und Nele Brönner für das Bilderbuch „Superglitzer“.

Über die Vorzüge der Mobilität

Die Elster findet auf dem Waldboden etwas, das glitzert. Sie betrachtet den Gegenstand von allen Seiten, pickt und horcht daran, aber weiß ihn nicht recht einzuordnen. Stolz berichtet sie dem Fuchs von ihrem neuesten wunderschönen Fund und holt ihn zur Hilfe, das Wesen des Fundstücks zu bestimmen. Auch der Maulwurf kommt hinzu. Zusammen rätseln die Waldbewohner bis das Ding laut „Kuckuck“ von sich gibt. Für die Elster ist das Rätsel gelöst: Es handelt sich um ein Vogelkind, das aufgepäppelt werden muss. Die Ameisen, die schließlich viel herumgekommen und gut vernetzt sind, verfügen allerdings über ein ganz anderes Vorwissen und geben an, dass das Ding ein „verschlampter Trampeltiertand“ ist.

So wie sie erkennen die Digital Natives unter den Leserinnen und Lesern natürlich sofort, dass es sich bei diesem um ein Smartphone handelt, das jemandem aus der Tasche gefallen ist. Die Vorteile eines solchen multifunktionalen Kommunikationsgeräts sorgen im weiteren Verlauf der Handlung für viel gute Unterhaltung, die ihre Krönung darin findet, dass die Tiere sogar eine Pizza in den Wald geliefert bekommen. So einfach kann das Leben sein! Doch während die anderen sich den Bauch vollschlagen, arbeiten die Ameisen fleißig daran, das Fundstück in den Ameisenhaufen zu ziehen. Während die einen noch ein Ladekabel herantragen, machen die anderen schon Telefonstreiche. Bleibt offen, was die Ameisen mit dem „Superglitzer“ wohl noch so alles anstellen.

Selfmade ist die Lösung

Nele Brönners Illustrationen zeichnen die Tierfiguren bei alledem in ihrer liebevollsten Art. Die Elster möchte sich zu Tränen gerührt um den „Piepmatz“ kümmern. Der Maulwurf wirft sich schützend auf das Kuckuckskind. Die Ameisen bilden bei jeder Aufgabe neue Formationen, um durchstrukturiert Lösungen herbeizuführen, und die Pilze und das Laub sind Stimmungsbarometer für Angst, Bewunderung und Freude. Dabei wird der Wald für das „Superglitzer“ zur Bühne. Mit knalligen Pantonefarben in Neon belebt Nele Brönner Soundwords wie „Whoop“, „Snap“ und „Pling“ und bringt das Smartphone in der Stille der Natur zum Klingen. Synästhetisch werden zwischen Sprechblasen und Panels die Vorteile des Taschencomputers in unterschiedlichen Bildausschnitten vorgeführt und gleich einer Bedienungsanleitung nachvollziehbar.

Wenn die Ameisen pyramidenartig auf den Bildschirm hüpfen, nach links wischen und die Elster neugierig auf den Home-Button klickt, macht die Kamera einen Schnappschuss, der in einem einzigen Panel auf einer ganzen Seite die Tiere im Gesichtsausdruck nicht überraschter hätte zeigen können. Auch die Funktion der Lieferservice-App könnte nicht vorteilhafter dargestellt werden. Über Sprach- und Textnachricht zeigen sich in Sprechblasen Kommunikationsmöglichkeiten, um unter Zuhilfenahme von Emojis der Elster den nächsten Glitzer-Moment zu bereiten: Fredo liefert eine noch dampfende Pizza zum „Erdbeerweg, 2. Lichtung im Wald im Booden.“ Wem würde da nicht das Wasser im Mund zusammenlaufen?

Der Selfmade-Charme der im Riso-Druckverfahren hergestellten Illustrationen hebt dabei auf besondere Weise den Charakter der anthropomorphen Tierfiguren hervor, um im übertragenen Sinn natürlich unser eigenes Verdammtsein als Mensch zu reflektieren. Immerhin verschlampt das Trampeltier ja nicht nur das „Superglitzer“ im Wald, sondern auch einen noch brennenden Zigarettenstummel.

Das mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2023 ausgezeichnete und künstlerisch herausragend gestaltete Comicbilderbuch, eröffnet auf äußerst amüsante Weise vielfältige Einblicke in menschliche Nutzungsweisen der Technik. Erschienen ist es in dem unabhängigen Wiener Luftschacht Verlag.

Die Autorin und Illustratorin

Melanie Laibl, professionelle Übersetzerin und Kommunikationswissenschaftlerin aus Österreich, hat bereits eine beachtliche Liste an kinderliterarischen Publikationen vorzuweisen. Vielfach mit Auszeichnungen bedacht, ist die sprachspielerische Herangehensweise von Melanie Laibl ein besonderes Merkmal ihrer Arbeit, das auch „Superglitzer“ auszeichnet.

Für die Zeichnungen ist Nele Brönner verantwortlich, die in Berlin lebt und arbeitet. Sie studierte Visuelle Kommunikation in Berlin und Mailand und wurde bereits mit dem Serafina Nachwuchspreis ausgezeichnet.

Die AJuM vergibt den LesePeter monatlich abwechselnd in den Sparten Kinderbuch, Jugendbuch, Sachbuch und Bilderbuch.

Laibl, Melanie; Brönner, Nele (Ill.), Superglitzer, Wien: Luftschacht, 2022, ISBN: 978-3-903422-17-9, 24 Euro, 38 Seiten, ab 3 Jahren