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Kommentar

Viele verschiedene Großbaustellen

Bei der Tarifrunde 2019 geht es um Gehaltszuwächse, Verbesserungen bei der Eingruppierung im Sozial- und Erziehungsdienst, die Weiterentwicklung der Entgeltordnung für Lehrkräfte und mantelrechtliche Regelungen des Tarifvertrages.

GEW-Vorstandsmitglied Daniel Merbitz (Foto: Kay Herschelmann)

Nach der Tarifrunde ist vor der Tarifrunde. Gefühlt standen wir im Länderbereich erst gestern auf den Marktplätzen, vor den Schulen und Hochschulen, haben gegen die Verweigerungshaltung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und gegen die Fußkälte bei langen Streikreden angekämpft. Und doch steht bereits die nächste Tarifrunde für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder vor der Tür. Die Entgelttabellen sind gekündigt, dadurch wurde die Friedenspflicht, die Arbeitskampfmaßnahmen verwehrt, zum Jahresanfang beendet. Wir bereiten uns auf eine besondere Auseinandersetzung vor. Besonders deshalb, weil viele verschiedene Großbaustellen zu bearbeiten sind. Dies ist nicht trivial.

Erstens: Die Gewerkschaften fordern 6 Prozent lineare Entgelterhöhung, mindestens jedoch 200 Euro! Keine Einmalzahlungen, sondern tabellenwirksame Verbesserungen. Wir haben uns in den vergangenen Jahren daran gewöhnt, dass es gute Gehaltszuwächse gibt. Dies ist aber kein Selbstläufer. Jeder Prozentpunkt musste hart verhandelt und erstreikt werden. Wenn ich gelegentlich höre: „Ach, es geht doch eigentlich nicht so sehr ums Geld, sondern darum, ein Zeichen gegen die Arbeitsbelastung zu setzen“, dann antworte ich: „Stimmt, wir müssen uns gegen die gestiegenen Arbeitsbelastungen wehren, wir müssen aber auch einen guten Entgeltabschluss hinbekommen. Die Inflationsrate steigt kontinuierlich. Daher ist eine deutliche lineare Entgelterhöhung nicht trivial.“

Zweitens läuft ein Reformprozess mit Blick auf den Länder-Tarifvertrag (TV-L): Hier geht es um Verbesserungen bei der Eingruppierung im Sozial- und Erziehungsdienst. Einen Einstieg haben wir mittels Zulagen in der jüngsten Tarifrunde geschafft. Dies reicht aber nicht aus. Der Fachkräftemangel und die besseren Entgelttabellen bei den Kommunen müssten eigentlich bei den Länder-Arbeitgebern aus Eigeninteresse heraus die Einsicht befördern, deutlich nachzubessern und Geld auf den Tisch zu legen. Für uns gilt: Die Aufwertung der Kolleginnen und Kollegen im Sozial- und Erziehungsdienst der Länder ist nicht trivial.

Die Paralleltabelle ist die größte Stellschraube in der komplexen Apparatur des Tarifvertrags für eine Entgeltordnung für Lehrkräfte.

Drittens: Eine weitere Großbaustelle ist die Weiterentwicklung der Entgeltordnung für Lehrkräfte. Neben vielen Detailfragen, die wir mit der TdL schon erörtert haben, wird es auch um den schwierigsten Punkt gehen: die überfällige Einführung der vollständigen Paralleltabelle, also zum Beispiel die Zuordnung der Besoldungsgruppe A12 zur Entgeltgruppe E12 statt wie bisher zur Entgeltgruppe 11. Die Paralleltabelle ist die größte Stellschraube in der komplexen Apparatur des Tarifvertrags für eine Entgeltordnung für Lehrkräfte. Dies ist nicht trivial.

Und viertens, zum Schluss – als ob es nicht schon genug Herausforderungen gibt: Wir sorgen uns um die mantelrechtlichen Regelungen des Tarifvertrages. Hier ist der zentrale Punkt die bislang verweigerte stufengleiche Höhergruppierung beim Aufstieg in eine höhere Entgeltgruppe. Aber auch die von uns geforderten Verbesserungen für die Kolleginnen und Kollegen im Bereich Hochschule und Forschung, etwa die Eindämmung des Befristungsunwesens, sind wichtig. Nicht trivial also auch diese Punkte.

Wir können gemeinsam starke Aktionen und Streiks stemmen, mit viel Kraft und Herzblut. Die Aufmerksamkeit ist uns sicher, denn Arbeitskämpfe im Bildungsbereich sind für die Arbeitgeber alles andere als trivial!