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Sechs Jahre in Kasachstan

Ralf Lellek hat von 2008 bis 2014 als Fachschaftsberater für das Deutsche Sprachdiplom (DSD) in den Städten Aktobe und Almaty gearbeitet. Deutsch ist beliebt in Kasachstan, doch es fehlt an qualifizierten Nachwuchslehrkräften.

Fotos: Ralf Lellek

Auf einer Weltkarte sieht Kasachstan „unterhalb“ Russlands einigermaßen klein aus. Dabei ist dieser Binnenstaat mit seiner Fläche von 2.724.900 km² gut siebenmal größer als die Bundesrepublik Deutschland und insgesamt der neuntgrößte Staat der Erde. Etwa 5,4 % der Landesfläche gehören zu Europa. Bezogen auf die Bevölkerung liegt Kasachstan lediglich auf Rang 62 mit aktuell fast 18 Millionen Einwohnern, von denen etwa 170.000 Deutsche sind. Zum Vergleich: 1992 waren es über 800.000 und 2002 noch immerhin 272.000 Deutsche.

Politisch ist das Land eine Präsidialrepublik, in der der Präsident laut Verfassung für fünf Jahre gewählt wird und nur einmal wiedergewählt werden darf. Diese Einschränkung gilt jedoch nicht für Nursultan Nasarbajew, den „Ersten Präsidenten Kasachstans“, der das Land seit der Unabhängigkeit im Jahre 1991 noch immer mit fester Hand regiert. Kasachstan ist reich an Bodenschätzen und nicht zuletzt deshalb ein interessanter Handelspartner.

DAF in Kasachstan

Das DSD-Programm ist von staatlicher Seite im Land geduldet aber nicht wirklich anerkannt, was sich zum Beispiel regelmäßig in der aufwendigen Beschaffung der Visa zeigt: Zum eigentlichen Visumsantrag bei der kasachischen Botschaft muss immer vor der Ausreise über die deutsche Botschaft noch zusätzlich eine Referenznummer beim kasachischen Außenministerium beantragt werden. Diese Referenznummer wird allerdings leider bis heute derart spät ausgestellt, dass eine Anreise erst nach Beginn des Schuljahrs erfolgen kann. Als Krönung der Bürokratie gab es beim letzten Mal ein Jahresvisum, bei dem man jedoch immer nach Ablauf von 90 Tagen das Land verlassen musste.

Im Schuljahr 2013/14 gehörten zum sogenannten DSD-Team eine Fachberaterin/Koordinatorin mit Dienstsitz am Gymnasium Nr. 18 in Almaty und je ein Fachschaftsberater bzw. eine Fachschaftsberaterin in Astana, Almaty und Öskemen. Für eine Stelle in Petropawlowsk und Kornejewka, die erst drei Jahre zuvor eingerichtet worden war, gab es keine Nachfolge. Dafür kam eine Landesprogrammlehrkraft am Gymnasium Nr. 18 in Almaty dazu.

Insgesamt gibt es somit zurzeit in Kasachstan acht DSD-Schulen: zwei in Astana, zwei in Almaty, zwei in Öskemen und je eine in Kornejewka und Petropawlowsk. An sieben dieser Schulen werden sowohl das DSD I (seit dem Schuljahr 2013/14) als auch das DSD II abgelegt. Das Gymnasium Nr. 67 in Astana ist seit 2013 im Programm und befindet sich bislang noch in einer Aufbauphase. Das Goethe Institut betreut und unterstützt zusätzlich acht PASCH-Schulen.

Erster Einsatzort Aktobe

Aktobe oder Aqtöbe (früher und auf Russisch: Aktjubinsk) ist eine Stadt im Nordwesten des Landes unweit der Grenze zu Russland. Sie ist Hauptstadt des gleichnamigen Gebietes und hat nach neuesten Angaben der deutschsprachigen Ausgabe von Wikipedia 372.508 Einwohner.
Nach der Unabhängigkeit des Landes von Russland hat sich die Stadt zu einem Zentrum der Ölindustrie entwickelt und ist das administrative Zentrum für ein halbes Dutzend kasachischer und internationaler Ölgesellschaften, die die zum Teil großen Ölfelder in der Region erschließen. Inzwischen haben sich aber bereits weitere Dienstleister angesiedelt.

Die Stadt selbst ist recht übersichtlich angelegt und gliedert sich historisch in einen älteren und einen neueren Teil. Die Stadtbuslinien verbinden im Wesentlichen die beiden Zentren und sind damit in ihrer Streckenführung gut überschaubar. Alle strategisch wichtigen Punkte sind gut zu erreichen, wenn man davon absieht, dass die meist total veralteten Busse fast immer völlig überfüllt sind.

Im nationalen Reiseverkehr dauert eine Zugfahrt nach Astana oder Almaty jeweils etwa zwei Tage, aber es gibt zu diesen Städten auch tägliche Flugverbindungen. Bei Flügen in andere Städte wie Petropawlowsk oder Öskemen und bei internationalen Flügen muss immer in Astana umgestiegen werden. Dabei liegen jedoch die Anschlüsse fast jedes Mal so ungünstig, dass lange Aufenthalte auf dem Flughafen oder gar eine Übernachtung in Astana notwendig sind.

Preise auf europäischem Niveau

Die allgemeine Versorgungslage in den Kaufhäusern und Supermärkten ist gut und das Angebot entspricht durchaus europäischen Vorstellungen. Allerdings liegen aber die Preise ebenfalls auf europäischem Niveau. Importierte Produkte sind um das zwei- bis dreifache teurer und damit z.B. für eine Ortskraft mit einem monatlichen Einkommen von umgerechnet etwa 200 Euro nahezu unerschwinglich. Extrem aufpassen beim Einkaufen muss man im Übrigen beim Haltbarkeitsdatum der Waren, weil es oftmals nicht nur überschritten ist, sondern Etiketten mit den entsprechenden Angaben „bei Bedarf“ einfach überklebt werden!

Ungewöhnlich für europäische Verhältnisse ist sicher auch die Tatsache, dass es für eine Stadt dieser Größenordnung keine Tageszeitung gibt. Während meiner Zeit in Aktobe gab es immer wieder Probleme bei Strom, Wasser, Telefon und Internet. Hier konnte die Infrastruktur auf keinen Fall einem Vergleich mit europäischen Maßstäben standhalten. Besonders gewöhnungsbedürftig war im Winter das Heizen per Fernwärme, denn die einzelnen Heizkörper in der Wohnung konnten nicht reguliert, d.h. also auch nicht zugedreht werden, was man sich bei zum Teil 28° C Raumtemperatur das ein oder andere Mal gern gewünscht hätte.

Deutschunterricht in der Mittelschule Nr. 11

Die „Spezialisierte Mittelschule Nr. 11“ ist eine von zwei staatlichen Schulen in der Stadt, die dem Namen nach verstärkten DaF-Unterricht anbietet. Sie war aber immer die einzige DSD-Schule, wobei die zweite, die „Spezialisierte Mittelschule Nr. 4“, zumindest eine Zeit lang immerhin eine Zubringerschule gewesen ist. Die Schule Nr. 11 ist nicht konfessionell gebunden und umfasst eine Grundschule und eine Sekundarstufe.

Es wird nicht nach Leistung differenziert, aber nach der Grundschule können die Schülerinnen und Schüler zwischen einem regulären Zweig und einem mit verstärktem DaF-Unterricht wählen. Beide Zweige führen nach bestandenen externen Abschlussprüfungen am Ende des 11. Schuljahrs zur nationalen Hochschulreife. Der Unterricht findet koedukativ statt.

Rund 1200 Schülerinnen und Schüler besuchen den Unterricht, der an sechs Tagen in zwei Schichten zu sechs bis sieben Stunden organisiert ist. Die Ortslehrkräfte sind größtenteils in beiden Schichten eingesetzt und müssen gegebenenfalls als Klassenlehrer auch samstags anwesend sein, obwohl an diesem Tag aus organisatorischen Gründen kein Deutschunterricht stattfindet.

Auf den DaF-Unterricht bezogen ist die Schule bis Klasse 9 zweizügig und in den Klassen 10 und 11 einzügig. In der Grundschule ist DaF ab der zweiten Klasse ein fakultatives Fach mit 2 - 3 Stunden pro Woche. Ab Klasse 5 wird neben den regulären Klassen mit 2 Stunden DaF-Unterricht pro Woche auch erweiterter DaF-Unterricht mit 5 - 7 Stunden bei halbierten Profilgruppen angeboten.

Für Lehrkräfte gilt in den Ferien Anwesenheitspflicht

Das Schuljahr beginnt im ganzen Land immer am 1. September und endet immer am 25. Mai. Es ist in vier Bimester unterteilt, zwischen denen es jeweils etwa eine Woche Ferien für die Schülerinnen und Schüler gibt, wobei die offiziellen Termine immer erst sehr kurzfristig bekannt gegeben werden. Für die Lehrerinnen und Lehrer gilt jedoch auch während der Ferien Anwesenheitspflicht. Wenn sie über ihren gesetzlich vorgesehenen Jahresurlaub von 48 Arbeitstagen hinaus frei haben wollen, müssen sie dies als unbezahlten Sonderurlaub beantragen.

Das zweigeschossige Hauptgebäude der Schule stammt zum größten Teil aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Eine Erweiterung erfolgte in den 70er Jahren, und der ebenfalls zweigeschossige Grundschulflügel wurde in den 90er Jahren angebaut. Die Schule macht einen gepflegten und ordentlichen Eindruck. Aber Fenster, die sich nicht öffnen lassen, Heizkörper ohne Thermostate und Stromleitungen, die nicht geerdet sind, entsprechen keinesfalls modernen Anforderungen. Außerdem fehlen in verschiedenen Räumen adäquate Tafeln.

Für den DaF-Unterricht stehen zwei veraltete Kopiergeräte, Kassettenrekorder, CD-Player, Fernseher plus Videorekorder, ein Computer plus Drucker und seit dem Schuljahr 2008/09 dank der Lehrmittelspende ebenfalls ein Laptop plus Beamer zur Verfügung.

Eingefahrene Strukturen

Von 1995 bis 2006 haben zwei Bundesprogrammlehrkräfte an der Schule unterrichtet, wobei der letzten BPLK von schulischer Seite der Arbeitsvertrag nicht verlängert wurde, was zur Folge hatte, dass die Schule zwei Jahre ohne Lehrkraft aus Deutschland auskommen musste.

Seit 2001 wurden DSD II Prüfungen abgelegt – anfangs sogar recht erfolgreich. Bei den Absolventen handelte es sich jedoch zum größten Teil um ehemalige Schüler, so dass mit der Verschärfung der Regeln für die Zulassung von externen Schülern die Zahlen stark einbrachen. Im gesamten Zeitraum bis 2012 haben insgesamt 76 Schüler die Prüfung bestanden.

Damit wird deutlich, dass das Schulprogramm es eigentlich von Anfang an nie wirklich geschafft hat, die Schüler in 11 Schuljahren bis zum DSD II zu bringen. Als Grund wurde immer wieder eine zu geringe Stundenzahl genannt, wobei aber auf der anderen Seite gern verschwiegen wurde, dass es zusätzlich zum regulären Deutschunterricht noch „Landeskunde“ und „Business-Deutsch“ gab.

Allein von der Stundentafel her hätte die Zeit eigentlich reichen müssen, die Schüler erfolgreich auf die DSD II Prüfungen vorzubereiten. Nur die eingefahrenen Strukturen hätten unbedingt modernisiert werden müssen.

In dieser Hinsicht war sicher der ungünstige schulinterne Lehrplan auffällig, der vorsah, dass nach drei Jahren fakultativem DaF-Unterricht von der zweiten bis fünften Klasse, in der sechsten Klasse wieder bei Null angefangen wurde, um mit potenziellen Seiteneinsteigern die Klassenstärken bis zur landeseigenen Abschlussprüfung zu halten.

Unbefriedigende DSD II Ergebnisse Mit der zum Schuljahr 2008/09 neu eingerichteten Stelle eines Fachschaftsberaters sollte der DaF-Unterricht an der Schule Nr. 11 wieder intensiviert werden. Rückblickend muss aber an dieser Stelle leider festgestellt werden, dass die Schule wohl eigentlich keinen „Berater“ wollte, sondern lediglich einen Experten, der den Schülern beibringen kann, wie man eine „Grafikbeschreibung“ für die schriftliche Prüfung zum DSD II anfertigt.Der schulinterne Lehrplan wurde immer wieder thematisiert, aber es ist leider nicht gelungen, die Schulleitung zu einem Umdenken zu bewegen. Vielleicht wäre es möglich gewesen, den Einsatz der Lehrbücher über die Lehrmittelspende gezielter zu steuern, aber das hätte die Schule vermutlich als zu starken Druck von der deutschen Seite gewertet. Doch selbst als sich abzeichnete, dass die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen die Förderung wegen der schlechten DSD II Ergebnisse einstellen könnte, war man nicht zu einem Umdenken bereit. Der konkrete Vorschlag, einen Antrag auf Zulassung als DSD I Schule zu stellen, wurde nicht angenommen, so dass als Konsequenz die Stelle des Fachschaftsberaters zum Ende des Schuljahrs 2010/11 in Aktobe abgezogen und nach Almaty verlegt wurde.Für mich persönlich ergab sich durch diesen Umstand erfreulicherweise die einmalige Chance zu einem zweiten Start mit erweiterten landeskundlichen Kenntnissen.

Neuer Einsatzort Almaty

Almaty, früher Alma Ata, ist mit inzwischen fast 1,5 Millionen Einwohnern (Quelle: Wikipedia) die größte Stadt Kasachstans und war bis 1997 Hauptstadt des Landes. Bis heute ist sie als kulturelles, wissenschaftliches und wirtschaftliches Zentrum bedeutender als die Hauptstadt Astana mit rund 800.000 Einwohnern. Sie liegt im Südosten des Landes unweit der Grenze zu Kirgistan am Nordfuß des Transili-Alatau Gebirgszugs auf einer Höhe zwischen 700 und 900 Metern ü.d.M. Nördlich von Almaty liegt ein Gebiet mit Steppen und Halbwüsten, das schließlich in die Wüste Mujunkum übergeht.

Das Klima ist extrem kontinental, doch wegen der umliegenden Berge wesentlich milder als in Nord- oder Zentralkasachstan. Die langen Winter sind schneereich und die Sommer trocken und heiß. Frühling und Herbst sind relativ kurz und ziemlich feucht.

Hohes Verkehrsaufkommen

Das Stadtbild ist sehr ansprechend. Es gibt großzügig angelegte Parkanlagen, und viele Straßen sind von Bäumen gesäumt. Allein die Infrastruktur ist dem hohen Verkehrsaufkommen absolut nicht mehr gewachsen. Daran hat selbst die Ende 2011 neu eröffnete U-Bahn nichts verändert. Noch immer versuchen alte Busse aus Europa und neuere, vor allem aus China, sich gegenseitig die Fahrgäste wegzuschnappen.

Dazu kommen die zahlreichen inoffiziellen Taxis, wobei nahezu jeder Autofahrer anhält, um seinen Dienst anzubieten. Der potenzielle Fahrgast nennt dann sein Ziel und wenn es auf der Route des Fahrers liegt, erwartet dieser einen Preisvorschlag. Wenn man sich einig ist, steigt man ein, ohne eine Ahnung von den Fahrkünsten oder den Launen des Fahrers zu haben.

Auf dem Wohnungsmarkt gibt es ein größeres Angebot als in Aktobe, aber dafür sind die Mieten auch gleich um einiges höher. Wasser, Strom, Telefon und Internet funktionieren ebenfalls etwas besser, aber auch hier kann die Zuverlässigkeit nicht mit europäischen Standards mithalten. Bei Mietpreisen um die 1000 Euro für eine Zwei-Zimmer-Wohnung ist meistens immerhin eine Klimaanlage vorhanden, doch die Heizkörper sind auch hier nicht regulierbar.

Deutschunterricht im Gymnasium Nr. 68

Das Gymnasium Nr. 68 in Almaty ist eine der zurzeit acht DSD-Schulen in Kasachstan. Es wurde 1976 gegründet. Die deutsche Abteilung kam 1991 dazu. Von 1993 bis 2010 waren an der Schule regelmäßig Bundesprogrammlehrkräfte im Einsatz, und die erste DSD-Prüfung wurde im Jahre 2000 abgelegt. Seitdem haben insgesamt 130 Schülerinnen und Schüler die Prüfung bestanden.

Das Gymnasium Nr. 68 befindet sich am südwestlichen Stadtrand von Almaty, rund 10 Kilometer vom Zentrum entfernt. Es ist gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, wobei aber die Busse wie in Aktobe immer völlig überfüllt sind und die Fahrzeit sich durch die total überfüllten Straßen unendlich in die Länge zieht. Die Entfernung zum Gymnasium Nr. 18, an dem die Fachberaterin ihren Dienstsitz hat, beträgt etwa 6 Kilometer.

Wie in Aktobe war am Gymnasium Nr. 68 die Ausgangslage ebenfalls nicht gerade einfach, weil vor allem die deutsche Abteilung immer wieder durch anonyme Briefe diskreditiert wurde, was zu großen Spannungen innerhalb des Kollegiums führte. Und auch wenn das Gymnasium Nr. 68 den Zahlen nach erheblich erfolgreicher ist als die spezialisierte Mittelschule Nr. 11 in Aktobe, so besteht aber dennoch auch hier die Gefahr, dass notwendige Veränderungen nicht rechtzeitig angegangen werden.

Einschnitte bei Gehältern für Deutschlehrer

Bereits die Umsetzung der langfristig von staatlicher Seite angekündigten Festlegung auf Englisch als erster Fremdsprache an allen Schulen des Landes hat zu großen Problemen geführt, weil die Verringerung der Stundenzahl im DaF-Bereich zu drastischen finanziellen Einschnitten bei den Gehältern der Deutschlehrer geführt hat.

Dabei ist auch hier die Zahl der tatsächlich erteilten Deutschstunden bis zum DSD II derart hoch, dass eine Verringerung als durchaus sinnvoll zu sehen ist. Allein der Anspruch, in der Primaria Deutsch als Unterrichtssprache einzusetzen und teilweise mit muttersprachlichen Lehrwerken zu arbeiten, ist unter den gegenwärtigen Bedingungen absolut überzogen und überfordert sowohl Schüler als auch Lehrer.

Außerdem übersteigt der Lehrbucheinsatz in der Primaria mit einem DaF-Lehrwerk, einer Fibel und einem Rechenbuch das Budget der Lehrmittelspende, so dass in den höheren Klassen zum Teil noch immer adäquate Lehrbücher fehlen, was u.a. auch die Erstellung eines konsequenten Stoffverteilungsplans ungemein erschwert.

Wechsel und Verzögerungen

Bezogen auf meinen Einsatz an der Schule Nr. 68 muss ich leider formulieren, dass es schade war, dass die Fachleiterin für Deutsch ein halbes Jahr nach meinem Dienstantritt für ein Jahr zur Fortbildung nach Deutschland ging. Für sie persönlich und langfristig sicher auch für die Schule mag es ein großer Gewinn sein, aber für die Umsetzung meiner Zielvorgaben fehlte mir ein adäquater Ansprechpartner, weil die Vertreterin allein mit der Einarbeitung in die neuen Aufgaben stark gefordert war und verständlicherweise darüber hinaus keine schwerwiegenden, in die Zukunft reichenden Entscheidungen treffen wollte.

Erschwerend kam hinzu, dass die Schule in den Sommerferien 2012 gründlich renoviert werden sollte, so dass bereits vor den Frühlingsferien alles ausgeräumt und auf zwei in der Nähe liegenden Schulen aufgeteilt werden musste. Und bis nach den Ferien endlich wieder alles an seinem Platz stand, war praktisch schon wieder nahezu ein Quartal zu Ende.

Vorbereitung zur DSD-Prüfung

Die bereits bei Aktobe angesprochenen neuen schulinternen Stoffverteilungspläne auf der Grundlage des neuen DaF-Rahmenplans waren auch in Almaty längst überfällig. Einen zwingenden Grund, sich intensiv mit ihnen auseinanderzusetzen, ergab sich durch eine zum Ende des Schuljahrs 2012/13 anstehende Evaluation durch Vertreter der ZfA und der KMK.

Zu diesem Anlass wurden kurzfristig für alle Klassen Pläne geschrieben, die immerhin versuchten, den formalen Vorgaben des neuen DaF-Rahmenplans zu entsprechen, indem sie sich an den anzustrebenden Kompetenzen bzw. Teilkompetenzen orientierten. Leider erfolgte aber keine weitere Überarbeitung, so dass die Pläne anschließend ohne weitere Berücksichtigung in den Regalen standen.

Immerhin konnte ich aber im Verlauf meiner Tätigkeit die Schulleitung von schriftlichen Probeprüfungen zur Vorbereitung auf die DSD-Prüfung überzeugen. Während nämlich in der 10. und 11. Klasse regelmäßig Unterricht ausfiel, weil die Schüler für die staatliche Abschlussprüfung trainieren mussten, gab es bis dato im DaF-Unterricht nicht einmal die Möglichkeit, in der Schule einen kompletten Aufsatz, wie er für den Prüfungsteil „schriftliche Kommunikation“ erforderlich ist, anfertigen zu lassen.

Die Zukunft von Deutsch als Fremdsprache in Kasachstan

Zurzeit ist der DaF-Unterricht an den DSD-Schulen in Kasachstan bei Schülern und Eltern beliebt, zumal er mit einer bestandenen Prüfung zum DSD II ein Studium in Deutschland ermöglicht und damit optimale berufliche Perspektiven eröffnet. Dazu bietet im Inland zum Beispiel die Deutsch-Kasachische Universität in Almaty ebenfalls interessante Möglichkeiten. Mittelfristig kann die Zahl der DSD-Absolventen nicht zuletzt dank der Unterstützung durch die Bundesrepublik Deutschland sicher noch gesteigert werden.

Doch schon jetzt können in der Grundschule nicht mehr alle Interessenten aufgenommen werden, weil in diesem Bereich qualifizierte Lehrkräfte fehlen. Die DaF-Kollegien überaltern zunehmend, da es vor allem Pensionäre sind, die wegen ihrer kargen Pension weiterhin im Schuldienst verbleiben. Für junge Menschen ist der Beruf des Lehrers uninteressant, weil man mit dem Gehalt ganz einfach keine Familie ernähren kann.

Wenn also Deutsch in Kasachstan auch langfristig eine Rolle spielen soll, wird es nicht reichen, zukünftigen DSD-Absolventen gute berufliche Chancen in Aussicht zu stellen. Man muss vor allem dafür sorgen, dass sie qualifizierten Unterricht geboten bekommen und dazu gehören nicht zuletzt kompetente Lehrer, die die Sprache mit Eifer und Freude vermitteln können. Sie zu bekommen und dauerhaft zu binden, dürfte die größte Herausforderung für die absehbare Zukunft sein.

 

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