Fotos: Jürgen Velsinger
Das erste Vertragsjahr an der Deutschen Schule Barcelona (DSB) startete im Schuljahr 2009/10. Meine Frau konnte berufsbedingt erst im August 2010 nach Barcelona kommen. Wenngleich Spanien zum Zeitpunkt der Bewerbung nicht an oberster Stelle der Wunschliste der Vermittlung stand, hat sich dies während und nach unserem Aufenthalt in Barcelona und unseren Reisen durch das Land grundlegend geändert.
Stadt, Land und Leute
Barcelona ist eine faszinierende und vielseitige Metropole, die sich in den letzten Jahren zunehmend touristisch ausrichtet, mit allen Vor- und Nachteilen dieses Prozesses. Im Vergleich zu anderen spanischen Städten wirkt Barcelona offener und liberaler. Die Bemühungen, zunehmend eine staatliche Eigenständigkeit Kataloniens zu behaupten, manifestieren sich im Alltagsleben u.a. in der immer stärker werdenden Verbreitung und ausschließlichen Verwendung des Katalanischen, wobei die Sprache oft als sozial distinktives Merkmal der Mittel- und Oberschicht feststellbar ist in Abgrenzung zu Spanisch als Sprache der Einwanderer aus dem Süden bzw. Westen Spaniens oder auch Lateinamerikas. Während unseres Aufenthaltes gab es mehrfach riesige Demonstrationen für die staatliche Souveränität Kataloniens.
Krise deutlich spürbar
Die sich zunehmend verschlechternde wirtschaftliche Situation Spaniens, die crisis, war in den drei Aufenthaltsjahren deutlich spürbar: immer mehr Leerstände bei Gewerbeflächen und Wohnraum, zunehmend mehr Obdachlose im Stadtbild. Die Auswirkungen der hohen (Jugend)arbeitslosigkeit waren offenkundig, wobei nach unserer Einschätzung diese Begleiterscheinungen in den verschiedenen Regionen Spaniens noch wesentlich krasser zu Tage traten. Politische Auseinandersetzungen, wie etwa die Bewegung der Indignados, die dann in der Gründung von Podemos mündeten, zwei Generalstreiks, die sich, wie die Indignados, gegen die Kürzungen im Sozialbereich, die hohe Arbeitslosigkeit und die Korruption richteten und das öffentliche Leben zum Stillstand brachten, prägten in dieser Hinsicht nachhaltig unsere Eindrücke der sozialen Situation Spaniens.
Die Deutsche Schule Barcelona (DSB)
Die Schule liegt im Südwesten der Stadt und ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln – unsere Fortbewegungsform in Barcelona während unseres Aufenthaltes – von unserer Wohnung in der Nähe der Sagrada Familia in ca. 45 Minuten gut erreichbar. Sie liegt im Stadtteil Esplugues, viele Kolleginnen und Kollegen wohnen aber unweit der Schule in dem weniger von Hochhäusern dominierten Stadtteil Sant Just. Das weiträumige Schulgelände liegt an einem Hang, der einen herrlichen Blick hinunter in die Stadt und auf das Meer gewährt.
Das Schulgebäude ist in den letzten Jahren in vielen Bereichen kontinuierlich renoviert worden, wie etwa die Räumlichkeiten der Naturwissenschaften oder der Verwaltungstrakt. Das Lehrerzimmer harrt aber leider immer noch der dringend erforderlichen Modernisierung. Die DSB ist eine Begegnungsschule und hat inklusive Kindergarten, Grund- und Oberschule ca. 1.400 Schülerinnen und Schüler, ca. achtzig Prozent sind Spanier bzw. Katalanen. Die Schülerschaft setzt sich, neben Kindern deutscher entsandter Experten, aus der spanischen/ katalanischen mittleren und oberen Mittelschicht zusammen. Die Klassenstärken in der Sekundarstufe I der DSB haben teilweise die Dreißigerzahl überschritten, oder nähern sich ihr. Mit einer vom Sozialverhalten eher extrovertiert orientierten Schülerschaft stellen sich hier Herausforderungen besonderer Art.
Herausforderung Inklusion
Immer stärker rückte zudem das Thema „Inklusion“ in den Vordergrund. Dieses „Neuland“ und die Tiefendimension der Inklusion im Hinblick auf deren praktische Umsetzung wurde noch nicht erkannt. Hier ist, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte in allen Bundesländern, eine intensivere Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen dringlichst erforderlich, vor allem auch deshalb, um sowohl, im Sinne der Chancengleichheit aller, den Interessen dieser Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden als auch um den Erfordernissen der optimalen Qualifizierung aller Schülerinnen und Schüler im Sinne der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik bzw. den Anforderungen eines anspruchsvollen Arbeitsmarktes zu genügen.
Die mediale Ausstattung der Schule ist in meinem Vertragszeitraum zunehmend verbessert worden, so dass ein an den neuesten Kriterien in dieser Hinsicht orientierter Unterricht möglich ist. Der soliden Ausstattung des Fachschaftsetats ist es zu verdanken, dass die Materiallage des Faches den Notwendigkeiten eines modernen Englischunterrichts stets angepasst werden kann.