Damit warnt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vor einem „Ausverkauf von Forschung und Lehre“ an den Hochschulen. „Immer mehr Stiftungslehrstühle, immer mehr Auftragsforschung – private Unternehmen versuchen, einen immer stärkeren Einfluss auf staatliche Universitäten und Fachhochschulen zu nehmen."
„Wenn Hochschulen private Drittmittel einwerben, ist das nicht per se ein Problem. Entscheidend ist, dass von der Kooperation nicht einseitig die privaten Partner profitieren, sondern diese gleichermaßen im Interesse der Lehrenden und Studierenden ist. Die Kooperationsverträge müssen offen gelegt und in den Hochschulgremien diskutiert werden. Entsprechende Transparenzklauseln müssen in den Hochschulgesetzen sowie in den Grundordnungen der Hochschulen verankert werden“, betonte Keller.
Er bestätigte, dass der Druck auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, private Drittmittel einzuwerben, gestiegen sei. Davon hänge nicht selten die eigene Weiterbeschäftigung ab, das Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit werde eingeschränkt. „ ‚Forschung und Lehre sind frei‘, Wissenschaft und Hochschulbildung dürfen nicht zur Ware werden“, mahnte Keller unter Berufung auf Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes. „Die Hochschulen dürfen nicht zum erweiterten Forschungslabor der Industrie werden, sondern müssen zur Verwirklichung des Rechts auf Bildung sowie zur Lösung gesellschaftlicher Zukunftsfragen beitragen. Das setzt eine ausreichende staatliche Grundfinanzierung der Hochschulen voraus“, unterstrich der GEW-Vize.
Info:
hochschulwatch.de ist ein gemeinsames Projekt von Transparency International, des freien zusammenschlusses von studentInnenschaften (fzs) sowie der tageszeitung (taz). Auf der gemeinsamen Website werden Verbindungen von Wissenschaft und Wirtschaft im Einzelnen dokumentiert. Mehr als 1,3 Milliarden Euro fließen laut hochschulwatch.de aus der gewerblichen Wirtschaft jedes Jahr an deutsche Hochschulen – doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren.
Kommerzialisierung der Hochschulbildung: Gefahr auch durch Freihandelsabkommen TTIP
Auch von den Freihandelsabkommen, die die Europäische Union mit den USA (TTIP – Transatlantic Trade and Investment Partnership) und Kanada (CETA – Comprehensive Economic and Trade Agreement) schließen möchte, geht Gefahr für die freie Hochschulbildung aus. Gemeinsam mit den anderen Gewerkschaften im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und auf europäischer Ebene mit den Partnergewerkschaften im European Trade Union Committee for Education (ETUCE) pocht die GEW darauf, dass keine Arbeits- und Bildungsstandards abgebaut und durch „Investor-Staats-Schiedsverfahren (ISS)“ demokratische Entscheidungsverfahren unterminiert werden. Die Dachorganisation der europäischen Hochschulrektorenkonferenzen EUA (European University Organisation) unterstreicht die öffentliche Verantwortung für Hochschulbildung und fordert deren Ausklammerung aus TTIP und CETA. Im Interview mit der Tageszeitung „Junge Welt“ warnt der stellvertretende Vorsitzende und Hochschulexperte der GEW, Andreas Keller, vor Folgen des TTIP für die Hochschulen in Deutschland.