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Arbeitgeber wollen Kahlschlag nur bei angestellten Lehrkräften!

Wenige Minuten vor der zweiten Verhandlungsrunde am 1.11. legte die Geschäftsleitung von Berlitz einen Entwurf zur Änderung des Tarifvertrags vor, der brutale Einschnitte bei den fest angestellten Lehrkräften vorsieht. Die Geschäftsleitung will aus Anlass der aktuellen wirtschaftlichen Situation dauerhafte strukturelle Veränderungen durchsetzen.

Foto: Kay Herschelmann

Das „Angebot“ der Arbeitgeber sieht langfristige Einschnitte zu Lasten der Lehrkräfte vor (siehe Kasten). Der Personalchef, Herr Schwarz, begründete diese Maßnahmen mit „suboptimalen Strukturen“ des eigenen Unternehmens, die nichts mit der aktuellen finanziellen Situation zu tun hätten. Das bedeutet, die von der Geschäftsleitung heraufbeschworene Notlage soll genutzt werden, die Beschäftigungsstruktur bei Berlitz noch stärker von fest angestellten Lehrkräften auf billigere und flexibler einsetzbare Honorarkräfte umzustellen. Nicht zufällig lässt Berlitz sich von der internationalen Anwaltskanzlei Gleiss Lutz beraten, die damit wirbt, mit derlei Umstrukturierungen Erfahrung zu haben.

Orientierung an „Schmutzkonkurrenz“

Derzeit haben noch ca. 540 Beschäftigte bei Berlitz eine Festanstellung, weniger als die Hälfte von ihnen sind Lehrkräfte. Dabei müsste auch der Geschäftsleitung bewusst sein, dass Berlitz von seinen Lehrkräften lebt. Seinen guten Ruf verdankt das Unternehmen allein ihrem Engagement und ihrer Erfahrung. Stattdessen verglich der Geschäftsführer die Löhne der Beschäftigten mit den im Branchentarifvertrag Weiterbildung vereinbarten Mindestlöhnen. Dieser Branchentarifvertrag, den die GEW gemeinsam mit ver.di verhandelt hat, dient jedoch ausschließlich der Verhinderung von „Schmutzkonkurrenz“, die versucht, den etablierten Wettbewerbern mit Dumpinglöhnen Marktanteile abzujagen.

Die Tarifkommission der GEW hat signalisiert:

  • Die Tarifkommission ist bereit, unbedingt erforderliche Sparmaßnahmen mitzutragen
  • Diese Sparmaßnahmen müssen von allen Interessengruppen zu gleichen Teilen erbracht werden, also auch von den Gesellschaftern.
  • Ein erfolgreicher Abschluss ist für die Tarifkommission an folgende Bedingungen geknüpft:
    - Die GEW verhandelt für ihre Mitglieder.
    Daher fordern wir eine Differenzierungsklausel: Gewerkschaftsmitglieder erhalten eine zusätzliche Einmalzahlung
    - Es werden keine Standorte geschlossen
    - Der Arbeitgeber erklärt den Verzicht auf Kündigungen
    - Die Regelung zu den freien Mitarbeitern (§ 5) wird nicht gestrichen, sondern lediglich für ein Jahr ausgesetzt
    - Beibehaltung der Priorität für angestellte Lehrkräfte.

Forderungen der Geschäftsleitung:

  • 3 Millionen Euro sollen angesichts des September-Ergebnisses eingespart werden, das fordern die Gesellschafter
  • 1 Million Euro seien bereits durch Umstrukturierungen im Bereich „Sales/Administration“ (Zusammenlegungen und Schließungen) erbracht
  • 2 Millionen Euro sollen nun bei den Lehrkräften gespart werden
  • Der Entwurf für einen neuen Tarifvertrag umfasst:
    - Kürzung des Weihnachtsgeldes um 50%
    - Streichung sämtlicher Zuschläge (NISTA, Großgruppen, cut off, o. VZ.)
    - Absenkung sämtlicher Basisstundensätze für Lehrkräfte um 1 Euro
    - Einfrieren der Gehälter im Bürobereich
    - Prüfungskorrekturen, Einarbeitungs- und Methodeeinheiten werden nur noch nach „good will“ der jeweiligen Schulleitung bezahlt
    - Die Regelungen zur Übernahme freier Mitarbeiter und Begrenzung der durch Honorarkräfte geleisteten Unterrichtseinheiten werden ersatzlos gestrichen
    - Wegfall der tariflichen Regelungen zum Abschluss von Sozialplänen sowie zu Rechts- und Besitzständen
    - Wegfall des „Tarifvertrags zur betrieblichen Mitbestimmung und zum Kündigungsschutz“
    - erhebliche Einschränkung der Priorität angestellter Lehrkräfte
    - Jahresarbeitszeitkonto für Lehrkräfte
    - und vieles mehr

Auch bei Umsetzung aller Maßnahmen drohen noch Kündigungen in erheblichem Ausmaß! Parallel zu den Tarifverhandlungen führen die Betriebsräte und der Gesamtbetriebsrat bereits Verhandlungen zum Interessenausgleich und zu Sozialplänen.