Fotos: Christian Günther, Manfred Brinkmann
Mit meiner Familie habe ich vier Jahre in Rom gelebt und dort vom Schuljahr 2009/10 bis 2013/14 als ADLK an der Deutschen Schule meine Fächer Biologie und Sport unterrichtet. Während dieser Zeit war ich als Fachschaftsleiter Sport unter anderem für den Lehrersport verantwortlich. Zusätzlich habe ich im Rahmen der Schulentwicklung mit einer Kollegin der Grundschule die AG zur kollegialen Unterrichtshospitation koordiniert.
Vom Land in die Großstadt
Italien und insbesondere die Stadt Rom sind als Reiseziel sehr positiv besetzt, was wir häufig an den Reaktionen aus unserem Familien- und Freundeskreis zu spüren bekamen, allerdings standen bei unseren Umsiedlungsvorbereitungen und teilweise während des gesamten Aufenthaltes andere Alltagsdinge im Vordergrund.
Wenn man, so wie wir, aus einem, ländlich geprägten Umfeld stammt, sind, besonders mit Kindern, Verkehrschaos, Bürokratie oder die Warnungen vor Wohnungseinbrüchen ständige Begleiter des Auslandsaufenthaltes. Glücklicherweise war es möglich, eine Stadtwohnung, die zwischen Schule und Zentrum liegt, von zurückkehrenden Kollegen zu übernehmen. Somit konnten wir sowohl die täglichen Fahrten zur Schule als auch die meisten privaten Wege mit dem öffentlichen Bus machen.
Kaum Hilfe bei der familiären Vorbereitung des Auslandsaufenthalts
Durch Bücher wie „Quattro stagioni“ waren wir auf Italien und die dort möglichen bürokratischen Hindernisse eingestimmt, und wir konnten einigen „Nervereien“ aus dem Weg gehen, in dem wir beispielsweise einen überteuerten aber funktionierenden Telefon- und Internetanschluss nutzten, anstatt längere Zeit gar keinen Anschluss zu haben.
Was uns aber bis heute wundert, ist die geringe informative Unterstützung seitens der ZfA in Bezug auf die private und familiäre Vorbereitung eines Auslandsaufenthaltes. Hinzu kommen auch von deutscher Seite zusätzliche organisatorische Schwierigkeiten. So war es uns beispielsweise nur durch ein Zusatzkonto bei einer Bank möglich, einen Dauerauftrag für die Mietzahlung von Deutschland nach Italien einzurichten (…und das innerhalb der Euro-Zone!).
Kurzfristige Zusage
Vier Jahre Alltagsleben in Rom und die Möglichkeit, Italien durch Reisen intensiv kennen zu lernen waren für uns als Familie eine sehr spannende und einmalige Zeit, zumal die Möglichkeit, an der Deutschen Schule Rom zu arbeiten, sich sehr kurzfristig ergeben hatte. Zwischen Anfrage, Vorstellungsgespräch und der Zusage der Schulleitung lagen nur knapp zwei Wochen, sodass wir etwas unvorbereitet und mit geringen festen Erwartungen in die Auslandszeit gestartet sind. Aber gerade dieses hat uns (wahrscheinlich) vor einigen Enttäuschungen vor Ort bewahrt, sodass wir insgesamt viele positive und neue Erfahrungen mitnehmen konnten. Der Hauptgrund für unsere Rückkehr nach vier Jahren war, dass unser Sohn 2013 in die Oberstufe kam und für ihn so ein glatter Übergang in die Profiloberstufe in Schleswig-Holstein möglich war.
Deutsche Schule Rom
Die Deutsche Schule Rom (DSR) ist eine dreizügige Begegnungsschule, an der alle Schüler gemeinsam lernen und so im Austausch die jeweiligen kulturellen Besonderheiten von Italien und Deutschland kennen lernen sollen. Wesentlicher Grundbaustein ist dabei die bereits im Kindergarten beginnende Spracharbeit, um insbesondere den aus italienischen Familien stammenden Kindern die Sprachfähigkeit zu vermitteln, die für die wachsenden Anforderungen bis zur Oberstufe notwendig sind.
Von 2009 bis 2013 haben etwa 45 SchülerInnen pro Schuljahr sowohl das deutsche Abitur als auch die italienische Maturita absolviert, die ihnen den Zugang zu Hochschulen in beiden Ländern ermöglichen. Darüber hinaus bilden sicher das weitläufige Schulgelände mit dem terrassenartigen Hauptgebäude, die modernen Außensportanlagen und schuleigene Schwimmhalle sowie das vergleichsweise günstige Schulgeld für viele römische Familien einen attraktiven Rahmen, ihre Kinder in eine deutsche Bildungseinrichtung zu schicken. So lässt sich auch erklären, dass etwa 60 Prozent der Schüler aus rein italienischen, 25 Prozent aus deutsch-italienischen und nur etwa 15 Prozent aus deutschen Familien stammen.
Organisatorisch wird die Deutsche Schule Rom von einem gewählten Vorstand geleitet, der sich aus deutschen, italienischen, einem österreichischen sowie je einem Vertreter der deutschen katholischen und evangelischen Gemeinde zusammensetzt. Neben 11 Verwaltungsangestellten bilden 85 bis 90 Lehrkräfte in Kindergarten, Grundschule und Gymnasium das Kollegium der Schule. Hinzu kommen noch etwa 15 Teilzeitkräfte, die in der Nachmittagsbetreuung der Schüler tätig sind.
Nervendurchfall und Darmzotten
Für meine Fächer Biologie und Sport kann ich sagen, dass der unterrichtliche Rahmen an der DSR durch die vorgegebenen Bildungspläne überwiegend mit den Inhalten im Inlandsdienst übereinstimmt. Neu für mich waren allerdings die guten Arbeitsmöglichkeiten im Fach Sport mit den großen Außensportanlagen und der Schwimmhalle. Im Gegensatz dazu stand die teilweise etwas veraltete Ausstattung in den naturwissenschaftlichen Fachbereichen der Schule, sodass beispielsweise das Experimentieren und praktische Arbeiten mit SchülerInnen schwierig war.
Die sehr unterschiedlichen Deutschkenntnisse innerhalb einer Klasse erforderten zusätzlich einen mehr auf Spracharbeit ausgerichteten Unterricht. So habe ich besonders in den Klassen 5 bis 10 beispielsweise auf das Methoden-Handbuch für den DFU zurückgegriffen, mit Worthilfen gearbeitet und auf eine korrekte Grammatik geachtet.
Das besondere Sprachumfeld in der DSR führt aber automatisch bei den SchülerInnen zu besonderen Wortschöpfungen oder –vermischungen. Dazu zählt z.B. die Aussage eines italienischen Schülers, der vor der Rückgabe einer Arbeit behauptete, er habe vor Aufregung „Nervendurchfall“, aber auch eine Verwechselung unserer Tochter, die ein Jahr Biologie in italienischer Sprache hatte und in einem Gespräch darüber die Lungenbläschen als Darmzotten bezeichnete.
Aber auch unabhängig von den sprachlichen Besonderheiten musste ich die Unterrichtsformen methodisch anpassen, da die SchülerInnen an der DSR während des Unterrichts impulsiver reagierten und viel mitteilungsfreudiger waren. Insgesamt sehe ich meine unterrichtliche Arbeit besonders dadurch bereichert, dass ich den Fachunterricht durch Komponenten des Sprachunterrichts ergänzen konnte und davon auch an meiner neuen Inlandsschule profitiere.
Projekte und Fahrten
An der DSR existieren eine Reihe von Projekten, Fahrten und Austauschen. So nimmt alljährlich eine Schülergruppe aus der Oberstufe an dem von der Stadt Rom organisierten „Giornata della memoria“ teil, was verbunden ist mit einer Fahrt in das ehemalige Konzentrationslager Ausschwitz. In der Klassenstufe 9 bzw. 10 findet ein länderübergreifender Schüleraustausch statt, wobei die italienischen Kinder nach Wiesbaden oder Leipzig und die deutschen nach Turin fahren.
Für mich persönlich waren u.a. verschiedene Sportturniere, an denen Schülermannschaften unserer Schule teilgenommen haben, besondere Ereignisse. Dabei waren wir einerseits oft Gäste an anderen internationalen Schule Roms, andererseits auch mehrfach Ausrichter von Fußballturnieren wie der Mini EM 2012, an der Gastmannschaften einer italienischen, englischen und spanischen Schule teilnahmen.
Was für Fußball ohne Probleme klappte, war leider nicht auf andere Sportarten in Italien übertragbar. So ist es mir auch trotz guter Kontakte zu anderen Schulen leider nicht gelungen, passende Mannschaften für Freundschaftsspiele unserer Badminton oder Basketball AG zu finden. Die von mir betreuten gemischten Basketball Anfängergruppen der Klassen 6 bzw. 8 haben zwar jeweils Spiele ausgetragen, allerdings erwiesen sich die vermeintlich passenden Gastmannschaften einer englischen Schule als Teams mit älteren Jungen, die bereits mehrere Jahre zusammenspielten.