Berlin/Hamburg/München/Stuttgart/Karlsruhe/Emmendingen/Kiel – Fast 38.000 im öffentlichen Dienst der Länder Beschäftigte - viele aus Schulen, Hochschulen und Kitas – haben sich am Donnerstag zum Abschluss der zweiten Warnstreikwelle an den Aktivitäten der Gewerkschaften beteiligt. In sieben Bundesländern hatten die Gewerkschaften zu Aktionen aufgerufen. Damit nahmen über 80.000 Kolleginnen und Kollegen an der zweiten Warnstreikwelle teil. Bereits in der ersten Welle vor der dritten Verhandlungsrunde gingen 120.000 Beschäftigte auf die Straße, insgesamt also gut 200.000. Sie machten sich für 5,5 Prozent, mindestens jedoch 175 Euro mehr Gehalt und einen Tarifvertrag für angestellte Lehrkräfte stark. Gleichzeitig wiesen sie den Vorstoß der Arbeitgeber nach Einschnitten in die Betriebsrente strikt zurück.
In Berlin und Brandenburg beteiligten sich 18.000 Beschäftigte an den Warnstreikaktionen der Gewerkschaften. Doreen Siebernik, Vorsitzende der GEW, sagte vor 12.000 Kolleginnen und Kollegen auf dem Berliner Gendarmenmarkt: „Dass wir heute erneut zum Warnstreik aufrufen mussten, ist allein Schuld der Arbeitgeber. Anstatt ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen, verlangen sie Einschnitte bei der Betriebsrente! Das ist dreist und für die Pädagoginnen und Pädagogen nicht akzeptabel! Diese leisten gute Arbeit - und das oft unter schwierigen Bedingungen. Angesichts voller Kassen fordern die Kolleginnen und Kollegen zu Recht eine gute und anständige Bezahlung.“ Mit Blick auf die dezentralen Prüfungen zum Mittleren Schulabschluss und Abitur, die an einigen Schulen stattfanden, betonte Siebernik weiter: „Unsere Kolleginnen und Kollegen haben sich in dieser Situation verantwortungsvoll und kooperativ verhalten. Durch Absprache in den Kollegien wurden Lösungen gefunden, so dass den Schülerinnen und Schülern keine Nachteile entstanden sind.“
Gut 10.000 Beschäftigte aus Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern sind zur zentralen Streikkundgebung auf den Rathausmarkt in der Hansestadt gekommen. Hier betonte Annett Lindner, Vorsitzende der GEW Mecklenburg-Vorpommern: „Wir werden auch weiterhin kein Angebot akzeptieren, das nur unter der Prämisse der Kürzung in der betrieblichen Altersvorsorge gemacht wird! Es darf nicht sein, dass die Länder erneut ihre verfehlte Spar- und Steuerpolitik auf dem Rücken der Angestellten im öffentlichen Dienst austragen. Auch das Diktat der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) in den Verhandlungen um den Einstieg in eine Lehrkräfteeingruppierung ist nicht akzeptabel. Eine Entgeltordnung muss deutliche Verbesserungen für die angestellten Lehrkräfte bringen.“
In Baden-Württemberg haben sich 5.000 Beschäftigte an den Warnstreiks beteiligt, darunter etwa 2.000 angestellte Lehrerinnen und Lehrer, die dem Aufruf der GEW gefolgt sind und für eine bessere Bezahlung sowie einen Eingruppierungstarifvertrag streiken. Nach Schätzungen der Bildungsgewerkschaft sind im Südwesten etwa 8.000 Stunden Unterricht ausgefallen. Kundgebungen gab es in Stuttgart, Emmendingen bei Freiburg im Breisgau und Karlsruhe. „Für die größte Gruppe im öffentlichen Dienst der Länder, die bundesweit 200.000 angestellten Lehrkräfte, gibt es keinen Eingruppierungstarifvertrag, die Arbeitgeber bestimmen einseitig durch Richtlinien über die Bezahlung. Beschäftigte im öffentlichen Dienst sind keine Arbeitnehmer zweiter Klasse und die angestellten Lehrerinnen und Lehrer müssen endlich aus dem Status der Drittklassigkeit heraus“, sagte die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz in Karlsruhe.
In Bayern kamen über 3.500 Beschäftigte zur zentralen Warnstreikkundgebung in München. Hier sagte Ilona Deckwerth, Mitglied des Vorstandes der GEW Bayern: „Höchste Zeit, dass sich an den Schulen etwas tut. Wir brauchen endlich eine Entgeltordnung für die bundesweit 200.000 angestellten Lehrkräfte. Zudem gibt es an den Schulen ein Unwesen, das rasend schnell um sich greift, das wir aber nicht länger dulden werden: Dieses Unwesen heißt ‚Befristung‘“.
In Schleswig-Holstein folgten 1.200 Landesbeschäftigte, darunter auch Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher dem Warnstreikaufruf von ver.di, GEW und der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die stellvertretende GEW-Landesvorsitzende Astrid Henke sagte während der Abschlusskundgebung in Kiel: „Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes betteln nicht um Almosen. Wir fordern das ein, was uns für unsere gute Arbeit zusteht: anständige Bezahlung, vernünftige Altersvorsorge und eine gerechtere Eingruppierung.“ „Besonders unverfroren“ nannte sie das Verhalten der Arbeitgeber, ein Angebot erst dann vorlegen zu wollen, wenn die Beschäftigten deutliche Abstriche bei der betrieblichen Altersvorsorge akzeptieren würden. „Das geht gar nicht. Auf einen Tausch Altersvorsorge gegen monatliche Gehaltssteigerungen werden wir uns nicht einlassen.“ Ebenso wenig will die GEW einen Tarifvertrag für die angestellten Lehrkräfte unterschreiben, der keine erkennbaren Verbesserungen bringt.
Info: Die Gewerkschaften fordern 5,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens jedoch 175 Euro, einen Tarifvertrag für die angestellten Lehrkräfte und einen Stopp sachgrundloser Befristungen. Eingriffe in die Leistungen der Zusatzversorgung – wie von der TdL gefordert – lehnen sie ab.
Die TdL hatte auch in der dritten Verhandlungsrunde kein verhandlungsfähiges Gesamtangebot vorgelegt. Danach hatten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften darauf verständigt, die Verhandlungen zu unterbrechen. Sie vereinbarten einen vierten Verhandlungstermin. Damit sind die zentralen Fragen nach einer Gehaltserhöhung, einer Entgeltordnung für Lehrkräfte (L-EGO) und der Zukunft der Zusatzversorgung der Beschäftigten weiter offen.
Die vierte Verhandlungsrunde zwischen Arbeitgebern und den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes ist auf Samstag, 28. März, in Potsdam terminiert. Für Medieninformationen erreichen Sie GEW-Pressesprecher Ulf Rödde während der Verhandlungen per Handy unter: 0160/90557232.