GEW: „Anpacken und investieren!“
Bildungsgewerkschaft zur Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zum Ganztags-Ausbau
Frankfurt a.M. – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mahnt mit Blick auf die am Wochenende veröffentlichte Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) dringenden Handlungsbedarf beim quantitativen und qualitativen Ausbau des Ganztages an Grundschulen an. „Es ist fünf vor zwölf für die Bildungspolitik in Deutschland: Es braucht dringend einen abgestimmten Fahrplan, um bundesweit den Rechtsanspruch der Kinder auf einen Ganztagsplatz an Grundschulen zu gewährleisten. Politik muss endlich anpacken und investieren“, sagte Doreen Siebernik, GEW-Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit, am Montag in Frankfurt a.M. „Das Familien- und das Bildungsministerium müssen mit den Kommunen und den Ländern an einen Tisch und eine Strategie erarbeiten, wie der Rechtsanspruch für alle gesichert werden kann.“ Beim Blick auf die Zahlen werde deutlich, wie groß die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind. „Wir müssen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und gemeinsam handeln. Am Geld darf es nicht scheitern“, betonte Siebernik.
„Laut Studie müssen bis 2029/30 700.000 Plätze neu geschaffen werden, um den zu erwartenden Bedarf zu decken. Dafür brauchen wir eine finanzpolitische Offensive für die Kommunen. Alle Akteure im System sind gefragt, ihre Leistungen in die Waagschale zu werfen, um die politischen Versprechen an Kinder und Familien zu erfüllen“, sagte die GEW-Expertin. „Wenn Politik das nicht schafft, ist das eine gesellschaftliche Bankrotterklärung.“ Es läge in der Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen, das System nachhaltig zu stabilisieren und qualitativ weiterzuentwickeln. „Jetzt rächt sich, dass wir zwar seit vielen Jahren wissen, wie wichtig ein qualitativ hochwertiger Ganztag an Grundschulen ist, aber niemand die Verantwortung übernommen hat, diesen konkret vorzubereiten und umzusetzen. Die Zeit der kleinen Schritte ist vorbei. Jetzt braucht es einen großen Sprung.“ Es dürfe nicht weiterhin auf die große Bedeutung der Sorgearbeit in den Familien hingewiesen, dann aber die Frauen damit alleine gelassen werden. „Der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz hat bildungs- und sozialpolitische Dimensionen, die für den Zusammenhalt der Gesellschaft existenziell sind. Es ist mehr als überfällig, dass die politisch Handelnden die Voraussetzungen schaffen, dass das Grundrecht auf Bildung und soziales Lernen eingelöst werden kann“, unterstrich Siebernik.
Info: Das IW hatte am Sonntag seine neue Studie zu dem bis 2029/2030 zu erwartenden Bedarf im Ganztag an Grundschulen vorgestellt. Nach Angaben des arbeitgebernahen Instituts hätten bereits für das Schuljahr 2021/2022 529.000 Plätze eingerichtet werden müssen, bis zum Schuljahr 2029/2030 werden es aller Wahrscheinlichkeit nach rund 700.000 sein. Diese Zahlen machen deutlich, dass der Rechtsanspruch für unzählige Kinder nicht erfüllt werden kann, wenn nicht in den kommenden Jahren bundesweit mehrere hunderttausend Plätze geschaffen werden.
60489 Frankfurt