„Traumjob Wissenschaft“ – das bedeutet für uns:
- eine Absicherung der Promotion als erste Phase der wissenschaftlichen Berufsausübung – durch ausreichend sozialversicherungspflichtige Stellen und sinnvoll konzeptionierte fächerübergreifende Graduiertenzentren,
- verlässliche Perspektiven für Postdocs – durch einen Tenure Track, der den dauerhaften Verbleib in Hochschule und Forschung ermöglicht,
- Dauerstellen für Daueraufgaben – um Kontinuität und Qualität von Forschung, Lehre und Wissenschaftsmanagement sicherzustellen,
- reguläre statt prekäre Beschäftigung – Schluss mit der Ausbeutung von Lehrbeauftragten und anderen Dumping-Lehrkräften,
- ein Recht auf Work-Life-Balance für alle in der Wissenschaft Tätigen – durch eine familienfreundliche Gestaltung von Hochschule und Forschung,
- ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis auf allen Stufen der wissenschaftlichen Laufbahn – durch Quotierung und Anerkennung von Gleichstellung als Qualitätskriterium,
- die Stärkung der Mitbestimmungsrechte von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern – auch in neuen Organisationsformen wie Graduiertenschulen oder Clustern,
- Förderung statt Bestrafung von Mobilität – durch Anerkennung von Erfahrungszeiten und Sozialversicherungsansprüchen,
- einen bedarfs- und nachfragegerechten Ausbau von Hochschule und Forschung – mehr Studienplätze, ein besseres Betreuungsverhältnis und eine intensivere Forschung,
- tarifvertraglichen Schutz für alle Beschäftigten – durch Ausdehnung des Geltungsbereichs der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes und wissenschaftsspezifische Regelungen.
Jetzt heißt es: nicht nachgeben, sondern nachlegen! Der 27. ordentliche Gewerkschaftstag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ruft die Kolleginnen und Kollegen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf, sich in der GEW zu organisieren und aktiv für ihre Interessen und für die Reform von Personalstruktur und Berufswegen in Hochschule und Forschung einzutreten. Wir fordern Bund und Länder, Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie die Tarifpartner des öffentlichen Dienstes auf, wirksame Maßnahmen zur Schaffung berechenbarer Berufswege und zur Stabilisierung der Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft zu ergreifen.
1. Bund
Im Bildungsföderalismus der Bundesrepublik Deutschland liegen wesentliche Kompetenzen für die Bildungs- und Forschungspolitik bei den Ländern, die diese in wachsendem Umfang an die Hochschulen, teilweise auch an Forschungseinrichtungen weitergeben. Gleichwohl verfügt der Bund über erhebliche rechtliche Kompetenzen und politische Handlungsmöglichkeiten, um die Reform der Karrierewege und die Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft anzustoßen.
Die GEW fordert den Bund auf, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz dahin gehend zu ändern, dass
- die Tarifsperre ersatzlos gestrichen wird und Gewerkschaften und Arbeitgeber das uneingeschränkte Recht bekommen, sachgerechte Regelungen für die Befristung von Arbeitsverträgen in Hochschulen und Forschungseinrichtungen auszuhandeln,
- Mindestlaufzeiten für nach dem Gesetz begründete Zeitverträge festgeschrieben werden, wonach die Laufzeit von befristeten Beschäftigungsverhältnissen mindestens der voraussichtlichen Dauer der Qualifikation bzw. der Laufzeit des Drittmittelprojekts entsprechen muss und ein Jahr nicht unterschreiten darf,
- die familienpolitische Komponente, die die Verlängerung von Zeitverträgen mit Beschäftigten, die Kinder betreuen, über die Höchstbefristungsgrenze hinaus ermöglicht, verbindlich ausgestaltet wird,
- Beschäftigte auf drittmittelfinanzierten Stellen den gleichen Anspruch auf die Verlängerung ihres Zeitvertrages im Rahmen der familienpolitischen Komponente des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes sowie in Folge einer Beurlaubung oder Arbeitszeitermäßigung für Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, Aus-, Fort- oder Weiterbildung, Elternzeit und Mutterschutz, Wahrnehmung von Aufgaben in einer Personal- oder Schwerbehindertenvertretung oder einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten erhalten wie Beschäftigte auf Haushaltstellen.
Die GEW fordert den Bund auf, das Sozialgesetzbuch dahin gehend zu ändern, dass Doktorandinnen und Doktoranden ohne sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis oder Anspruch auf Familienversicherung Krankenversicherungsschutz erhalten. Der Beitrag muss auf Grundlage eines gesetzlich festgelegten Einheitssatzes analog zur studentischen Krankenversicherung berechnet werden.
Die GEW fordert den Bund auf, die internationale Mobilität von Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftlern und anderen Beschäftigten durch internationale Abkommen zu fördern, in denen die uneingeschränkte Anerkennung von im Ausland erworbenen Sozialversicherungs- und Altersversorgungsansprüchen in Deutschland geregelt wird, auch bei kurzfristigen Aufenthalten sowie Aufenthalten außerhalb der Europäischen Union.
Schließlich erwartet die GEW vom Bund, für eine regelmäßige und aussagekräftige Berichterstattung über die Personalstruktur und Berufswege in Hochschule und Forschung, die Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Berufsperspektiven junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu sorgen. Eine entsprechende Bildungs- und Wissenschaftsforschung ist gezielt zu fördern, die Datenlage kontinuierlich zu erheben und zu optimieren.